<

Er wurde in der NS-Zeit adoptiert: Auf der Suche nach der Herkunft meines Vaters

Die Suche nach den eigenen Wurzeln ist ein tiefes und oft emotionales Unterfangen, das viele Menschen antreibt. Dies gilt besonders für diejenigen, die während der Nationalsozialistischen Zeit adoptiert wurden. Ein solcher Fall ist der von Hans-Hermann Kotte, der eine aufschlussreiche und bewegende Geschichte über die Herkunft seines Vaters erzählt. Diese Geschichte offenbart die tragischen Umstände, die oft mit Adoptionen in dieser dunklen Epoche der deutschen Geschichte verbunden sind.

Als Hans-Hermann Kotte im Teenageralter war, entdeckte er zufällig in den Unterlagen seiner Mutter, dass sein Vater 1935 geboren und kurz nach seiner Geburt in ein Pflegeheim gegeben wurde. Später wurde er adoptiert, allerdings war ihm dies bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Diese Art von Geheimhaltung war in der NS-Zeit üblich, wo Adoptionen oft mit einer Vielzahl von gesellschaftlichen und politischen Normen verknüpft waren.

Die Umstände, unter denen Kottes Vater zur Adoption freigegeben wurde, werfen ein Licht auf die Praxis der Adoption während der NS-Zeit. So berichtet Kotte, dass die leibliche Mutter seines Vaters, die ihn aus einem Kinderheim adoptiert hatte, finanziell nicht in der Lage war, für ihr Kind zu sorgen und dies als eine der Beweggründe angab. Dies zeigt, wie wirtschaftliche Not und gesellschaftlicher Druck in jener Zeit viele Frauen dazu zwangen, ihre Kinder abzugeben. Kottes Großeltern, die seinen Vater adoptierten, mussten nicht nur einen Adoptionsvertrag unterschreiben, sondern sich auch zu den rassischen und sozialen Kriterien der Zeit bekennen.

Ein zentrales Element in Kottes Geschichte ist die Entlarvung der sozialen und rassischen Diskriminierung, die mit der Adoption verbunden war. Die mütterliche Großeltern mussten erklären, dass sie von arischer Abstammung waren und sich der Verwertbarkeit des Kindes im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie sicher sein. Dies verdeutlicht, wie tiefgreifend und schädlich die Ideologien der Zeit in das persönliche Leben der Menschen eindrangen.

Die Suche nach der leiblichen Mutter und dem leiblichen Vater gestaltet sich für Kotte als herausfordernd. Die Unterlagen der Adoptionsvermittlungsstellen sind häufig lückenhaft oder nicht vorhanden, und die Frage nach den eigenen Wurzeln wird zu einem emotionalen Abenteuer, das oft mit Enttäuschungen und ungewissen Ergebnissen verbunden ist. Dennoch ist Kottes Entschluss, mehr über seine Herkunft zu erfahren, ein Zeichen seines Wunsches nach Klarheit und Identität.

Die Nachforschungen von Kotte erstreckten sich über verschiedene Städte, darunter Leipzig und Cottbus. Die Informationen, die er sammelte, waren nicht nur ein Weg, mehr über seine Familie zu erfahren, sondern auch ein Blick in die Vergangenheit, die von den Schrecken des Krieges geprägt war. Kotte fand heraus, dass seine leibliche Großmutter in Dortmund lebte und schließlich heiratete. Dies hat ihn dazu gebracht, über die Lebensbedingungen und die sozialen Umstände zu reflektieren, die zu ihrer Entscheidung führten, ihr Kind zur Adoption freizugeben.

Ein zentraler Punkt in der Diskussion über Adoptionen in der NS-Zeit ist die Frage der „Zwangsadoptionen“. Viele Kinder wurden unter Druck und ohne die Zustimmung ihrer Mütter in Pflegefamilien gegeben. Die Erzählungen der Menschen, die in dieser Zeit adoptiert wurden, sind oft von Verlust und Trauer geprägt. Kotte berichtet, dass auch sein Vater nie den Kontakt zu seiner leiblichen Mutter aufrechterhalten konnte, was die emotionalen Wunden weiter vertiefte.

Die Suche nach den eigenen Wurzeln erfordert oft auch Mut und die Bereitschaft, sich mit schmerzhaften Erinnerungen auseinanderzusetzen. Kotte ist sich dieser Herausforderung bewusst und hat sich entschieden, sein Wissen über seine Herkunft in einem Buch niederzuschreiben. Dies soll nicht nur als Dokumentation seiner eigenen Geschichte dienen, sondern auch anderen Menschen helfen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Die Geschichten von adoptierten Kindern, die während der NS-Zeit leben mussten, sind wichtig, um das kollektive Gedächtnis und das Verständnis für die damaligen Zeit zu bewahren. Sie machen deutlich, wie gesellschaftliche Normen, politische Ideologien und persönliche Schicksale zusammentreffen und oft in tragischen Geschichten enden. Die Erzählungen dieser Menschen sind nicht nur Geschichten über Verlust, sondern auch über die Suche nach Identität und die Hoffnung auf Frieden mit der Vergangenheit.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft ist nicht nur für die Betroffenen entscheidend, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Sie zwingt uns, über die Konsequenzen von politischen Entscheidungen nachzudenken und wie diese das Leben Tausender Menschen beeinflusst haben. Die Geschichte von Hans-Hermann Kotte ist ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, die Wurzeln der eigenen Identität zu verstehen und die Vergangenheit zu erforschen, um die Gegenwart und Zukunft besser zu gestalten.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Suche nach familiären Wurzeln ein Thema ist, das viele Menschen berührt. Die Geschichten, die in dieser Zeit entstanden sind, sind oft von großer Tragik, aber sie sind auch ein Ausdruck des menschlichen Lebens und der Entschlossenheit, die eigene Identität zu finden und zu bewahren.

Veröffentlich
 in Kategorie: 
Kultur

Mehr aus dieser

 Kategorie

Alle anschauen