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Solarausbau: Berlin ignoriert seine eigenen Gesetze

In Berlin wird die geplante Umsetzung der Solarpflicht auf Dächern öffentlicher Gebäude stark kritisiert. Laut dem 2021 novellierten Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz sollen bis Ende des Jahres alle öffentlichen Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sein. Die Realität sieht jedoch anders aus: Viele Bezirke scheinen die gesetzlichen Vorgaben nicht einzuhalten, was zu Bedenken hinsichtlich der politischen Willensbildung und der Umsetzung von Klimazielen führt.

Die SPD-Abgeordnete Linda Vierecke äußerte sich besorgt über die Situation und stellte fest, dass Berlin wahrscheinlich seine eigenen Gesetze brechen wird. Ihre parlamentarische Anfrage zeigte, dass nur ein kleiner Teil der landeseigenen Schulgebäude mit Solaranlagen ausgestattet ist. In Pankow beispielsweise liegt der Anteil bei 27 Prozent, während in Tempelhof-Schöneberg nur 2 Prozent der Schulbauten mit Photovoltaikmodulen bestückt sind. Vierecke betont, dass die Umsetzung der Solarpflicht besonders wichtig ist, um der Klimakrise entgegenzuwirken.

Ein weiteres Problem ist, dass selbst Neubauten häufig nur „PV-Ready“ gemacht werden, also lediglich für die spätere Errichtung von Photovoltaikanlagen vorbereitet sind. Die Bezirksämter geben in ihren Berichten an, dass sie in den letzten zwei Jahren keine neuen Solaranlagen installiert haben, was die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in Frage stellt. Die Wirtschafts- und Energiesenatorin Franziska Giffey erklärte zwar, dass eine Trendwende beim Solarausbau angestrebt wird, doch bisher sind keine signifikanten Fortschritte erkennbar.

Die Gründe für die Untätigkeit sind vielfältig und reichen von Lieferengpässen bis hin zu unklaren Finanzierungsfragen. Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf wird auf Schwierigkeiten in der Beschaffung verwiesen, während Treptow-Köpenick auf eine Bestimmung im Energiewendegesetz hinweist, die vorschreibt, dass Solaranlagen erst ein Jahr nach der Bauabnahme installiert werden können. In Reinickendorf wird das Gesetz ignoriert, da sich das Bezirksamt lediglich auf frühere Vorgaben der Bildungsverwaltung bezieht, die nur die Vorbereitung für die Installation vorschreiben und nicht die Installation selbst.

Die Untätigkeit der Bezirke wird von Fachleuten als „Armutszeugnis“ bezeichnet. Daniel Buchholz, Leiter des Kompetenzzentrums für klimaneutrale Schulen, betont, dass der politische Wille für den Ausbau von Solaranlagen entscheidend sei. Er weist darauf hin, dass in drei Bezirken, die sich aktiv um die Installation von Solaranlagen bemühen, alle neu errichteten Schul- und Sportgebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet wurden. Diese Bezirke zeigen, dass es möglich ist, wenn die zuständigen Behörden sich entsprechend engagieren.

Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft und Energie versucht, die negative Bilanz der Bezirke durch einen Optimismus zu relativieren und erklärt, dass der Anteil von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden kontinuierlich erhöht werde. Allerdings fehlen valide Daten über die tatsächlichen Fortschritte beim Ausbau, da die entsprechenden Erhebungen noch in Bearbeitung sind.

Die Diskussion über die Solarpflicht wird auch durch aktuelle Entwicklungen auf politischer Ebene angeheizt. Die Berliner Umweltsenatorin Manja Schreiner hat kürzlich angedeutet, dass sie die Solarpflicht bei Bestandsbauten in Frage stellen könnte, um zu verhindern, dass Eigentümer von älteren Gebäuden von der Pflicht zur Installation von Solaranlagen abgeschreckt werden. Dies stößt jedoch auf Widerstand aus der Wirtschaftsverwaltung sowie von Umweltverbänden, die die Notwendigkeit einer konsequenten Umsetzung der Solarpflicht betonen.

Die anhaltende Diskussion zeigt, dass Berlin noch vor großen Herausforderungen steht, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Mit einer Gesamt-Dachfläche, die größer ist als das gesamte Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings, gibt es zwar ein enormes Potenzial, doch ohne den notwendigen politischen Willen und die tatsächliche Umsetzung der Gesetze wird es schwierig sein, die gesteckten Ziele zu erreichen.

In Anbetracht der globalen Erwärmung und der notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ist es von entscheidender Bedeutung, dass Berlin seine eigenen Gesetze ernst nimmt und die Photovoltaikanlagen auf seinen Dächern installiert. Nur so kann die Stadt einen Beitrag zur Energiewende leisten und ihre Klimaziele verwirklichen.

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 in Kategorie: 
Politik

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