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Bebauung des Tempelhofer Feldes: Bürgerbeteiligung startet mit Kritik

Der Dialogprozess zur Zukunft des Tempelhofer Feldes in Berlin hat begonnen und schon zu Beginn gibt es viele kritische Stimmen. Bürgerinnen und Bürger, die eingeladen wurden, ihre Meinungen einzubringen, äußern Bedenken über die Form und die Absichten des Beteiligungsverfahrens. Der Hintergrund dieser Beteiligung ist die von der Berliner Regierung angestrebte Randbebauung des ehemaligen Flughafens, die im Gegensatz zu einem bereits 2014 durchgeführten Volksentscheid steht, bei dem sich die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler gegen eine Bebauung des Geländes ausgesprochen hat.

Die Regierungskoalition aus CDU und SPD beabsichtigt, das Tempelhofer Feld teilweise zu bebauen, insbesondere die Randflächen. Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) hat betont, dass die Bürgerbeteiligung nicht die Entscheidung über die Bebauung an sich, sondern die Art und Weise der Nutzung des Feldes zum Ziel habe. Viele der Teilnehmer des Dialogprozesses sind jedoch skeptisch, ob ihre Stimmen tatsächlich Gehör finden werden oder ob die Regierung bereits feste Pläne verfolgt.

Der Bürgerbeteiligungsprozess sieht vor, dass eine Zufallsgruppe von 275 Berlinerinnen und Berlinern aus einer ursprünglich 20.000 Personen umfassenden Stichprobe ausgewählt wird. Diese Gruppe soll in sogenannten Dialogwerkstätten an der Erarbeitung von Thesen zur Nutzung des Tempelhofer Feldes mitwirken. Diese Thesen sind nicht bindend, sollen aber in die Aufgabenstellung eines geplanten internationalen Ideenwettbewerbs einfließen, der die zukünftige Entwicklung des Areals gestalten soll.

Die Kritiker, darunter auch Mitglieder der Grünen und der Linken, äußern Bedenken hinsichtlich der Transparenz und der Offenheit des Verfahrens. Insbesondere wird kritisiert, dass die Option einer vollständigen Nichtbebauung in den Gesprächen nicht ausreichend zur Sprache kommt. Der Verein „Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg“ hat darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit, das Tempelhofer Feld unbebaut zu lassen, im aktuellen Beteiligungsverfahren nicht ausreichend gewürdigt wird.

Die Auseinandersetzungen über die Bebauung des Tempelhofer Feldes sind nicht neu. Bereits seit der Schließung des Flughafens im Jahr 2008 wird über die zukünftige Nutzung des Geländes diskutiert. Der Volksentscheid von 2014, der eine klare Mehrheit gegen eine Bebauung aussprach, hat zwar eine Rechtsgrundlage geschaffen, doch die derzeitige Koalition sieht sich gezwungen, aufgrund der akuten Wohnungsnot in Berlin neue Wege zu gehen.

Die Berliner Regierung argumentiert, dass die Schaffung von Wohnraum in urbanen Gebieten Priorität hat. Gaebler hat betont, dass die Stadtgesellschaft in den Entscheidungsprozess einbezogen werden müsse, um Lösungen zu finden, die sowohl den Wohnungsbedarf decken als auch den Charakter des Tempelhofer Feldes als Freizeitfläche bewahren.

Die aktuelle Debatte wird auch von der Frage dominiert, wie viel Einfluss die Bürgerinnen und Bürger auf die Entscheidungen der Regierung tatsächlich haben werden. Viele sind der Ansicht, dass die Bürgerbeteiligung lediglich ein Instrument ist, um bereits gefasste Entscheidungen zu legitimieren. Diese Skepsis wird durch die Geschichte des Tempelhofer Feldes genährt, in der Entscheidungen oft ohne umfassende Bürgerbeteiligung getroffen wurden.

Im weiteren Verlauf des Beteiligungsprozesses wird es entscheidend sein, wie die Ergebnisse der Dialogwerkstätten genutzt werden. Ob die von den Bürgern formulierten Thesen und Ideen tatsächlich in die Planungen einfließen oder ob die Regierung ihre ursprünglichen Pläne weiterverfolgt, bleibt abzuwarten. Die Grünen haben bereits angekündigt, das Verfahren weiterhin kritisch zu beobachten und sich für die Interessen der Bürger stark zu machen.

Die Bürgerbeteiligung ist ein wichtiger Schritt, um die Ansichten der Berliner Bevölkerung zu erfassen, dennoch bleibt die Frage, inwieweit diese wirklich in die politischen Entscheidungen einfließen werden. Der Tempelhofer Feld bleibt ein emotional aufgeladenes Thema, das viele Facetten der Berliner Stadtentwicklung und des gesellschaftlichen Zusammenlebens widerspiegelt.

Die nächsten Monate werden zeigen, wie sich der Dialogprozess entwickelt und welche konkreten Vorschläge aus den Dialogwerkstätten hervorgehen. Sollte es zu einer Einigung über die zukünftige Nutzung des Tempelhofer Feldes kommen, könnte dies weitreichende Folgen für die Stadtentwicklung in Berlin haben.

Die Diskussion um das Tempelhofer Feld steht also erst am Anfang, und die Reaktionen der Öffentlichkeit auf den Bürgerdialog und die Pläne zur Randbebauung werden entscheidend dafür sein, ob und in welcher Form das Gelände in Zukunft bebaut werden kann oder ob die Bürger den Status quo verteidigen können.

Die Regierung hat klar signalisiert, dass sie die Debatte über die zukünftige Nutzung des Tempelhofer Feldes ernst nimmt. Dennoch bleibt die Skepsis in der Bevölkerung groß, und viele fragen sich, ob die Bürgerbeteiligung nicht nur ein Feigenblatt für bereits gefasste Beschlüsse ist.

Die kommenden Dialogwerkstätten werden zeigen, ob es möglich ist, einen Konsens zu finden, der sowohl den Bedürfnissen der wachsenden Stadt als auch dem Schutz des Tempelhofer Feldes gerecht wird.

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Politik

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