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Wie die Berliner Linke aus der Krise kommen will

Die Berliner Linke steht nach einer Reihe von Wahlniederlagen vor der Herausforderung, ihre Position im politischen Spektrum zu festigen und neue Wählergruppen zu erreichen. In den letzten Monaten hat die Partei strategische Überlegungen angestellt, um ihren Einfluss in der Stadt zu sichern und die Stimmenverluste, die sie in den letzten Landtagswahlen erlitten hat, zu kompensieren. Die Landesspitze hat ein neues Konzept entwickelt, das auf eine stärkere Präsenz in sozial benachteiligten Stadtteilen abzielt.

Die Erfolge in den vergangenen Wahlen, die die Berliner Linke im Vergleich zu anderen Landesverbänden als stabil erscheinen ließen, sind mittlerweile von einer tiefgreifenden Krise überschattet. Die Partei hat in den letzten Jahren signifikante Verluste bei Wahlen hinnehmen müssen, insbesondere in den östlichen Stadtteilen, die einst als Hochburgen der Linken galten. Vor diesem Hintergrund hat die Fraktionsvorsitzende Anne Helm kürzlich erklärt, dass die Linke sich in einer kritischen Lage befindet und dass es dringend erforderlich sei, die Strategie zu überdenken und anzupassen.

Ein zentrales Element dieser neuen Strategie ist die Fokussierung auf die Kiezpolitik. Der Ansatz verfolgt das Ziel, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen, indem die politischen Akteure der Linken direkt in die Probleme der Bürger vor Ort eingreifen. Die Partei möchte insbesondere in Großsiedlungen aktiv werden, in denen soziale Probleme wie Armut, steigende Mieten und schlechte Infrastruktur herrschen. In einem kürzlich veröffentlichten Strategiepapier mit dem Titel „Solidarität organisieren: Eine neue linke Politik im Kiez“ wird betont, dass die Linke dort aktiv sein muss, wo die Menschen sie brauchen.

Die Berliner Linke hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2026 wieder an politischem Einfluss zu gewinnen und gleichzeitig das drohende Ausscheiden der Partei aus dem Bundestag im kommenden Jahr abzuwenden. Maximilian Schirmer, der gemeinsam mit Franziska Brychcy an der Spitze der Partei steht, äußerte, dass die Linke sich auf Menschen mit geringen und mittleren Einkommen konzentrieren werde. Diese Zielgruppe, die besonders von der wirtschaftlichen Entwicklung betroffen ist, soll durch eine starke Miet- und Wohnungspolitik unterstützt werden.

Ein Schwerpunkt der künftigen politischen Agenda wird die Wohnungs- und Mietenpolitik sein. Schirmer wies darauf hin, dass die Verdrängung von Menschen aus der Stadt in den kommenden Jahren zunehmen wird, und kündigte Unterstützung für einen möglichen zweiten Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne an. Die Linke fordert zudem ein kommunales Wohnungsbauprogramm, das mit einer Milliarde Euro ausgestattet sein soll, sowie ein Sicher-Wohnen-Gesetz, um den Wohnraum langfristig zu sichern.

Die Vernetzung vor Ort spielt eine entscheidende Rolle in der Strategie der Linken. Die Partei plant, über Mieterversammlungen und Sozialberatungen mit den Bürgern in Kontakt zu treten und ihnen zu helfen, sich gegen Mietsteigerungen und andere Herausforderungen zu wehren. Schulze betonte, dass die Linke nicht nur für die Mieter da sein wolle, wenn es um die Wahlen gehe, sondern kontinuierlich präsent sein möchte, um die Menschen bei der Selbstorganisation zu unterstützen.

Die neue Strategie wird auch von einem Anstieg der Mitgliederzahlen begleitet. Seit der Ankündigung der Gründung des Bündnisses Sahra Wagenknecht im Oktober 2023 sind mehr als 1730 neue Mitglieder in die Partei eingetreten, während 705 Mitglieder die Linke verlassen haben. Dies hat dazu geführt, dass die Berliner Linke mit 7589 Mitgliedern der mitgliederstärkste Landesverband in Deutschland ist.

Die Linke setzt auf eine klare Botschaft gegenüber möglichen Wählern. Die Partei will sich nicht in die aktuelle Migrationsdebatte hineinziehen lassen, sondern stattdessen die drängenden Themen wie soziale Gerechtigkeit und Wohnraum ansprechen. Laut Schirmer ist es wichtig, dass die Linke sich auf ihre Kernanliegen konzentriert und nicht auf die Spaltung der Gesellschaft durch identitätspolitische Fragen reagiert. Die Eigenverantwortung der Menschen und die Notwendigkeit, eine Gemeinschaft zu bilden, stehen im Vordergrund.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Linke versuchen, ihre Mitglieder aktiv in die Kieze zu bringen. Die Abgeordneten sollen Bürgersprechstunden anbieten, um direkt mit den Bürgern zu kommunizieren und ihre Anliegen aufzunehmen. Rechtsanwälte werden in den Großsiedlungen eingesetzt, um Mieter zu unterstützen und auf deren Anliegen einzugehen. Schulze hebt hervor, dass bereits Erfolge erzielt wurden, wie etwa die Rückforderung von Heizkosten durch Mieter mit Unterstützung der Linken.

Die strategische Neuausrichtung der Berliner Linken ist ein bedeutender Schritt, um die Partei aus der existenziellen Krise zu führen und die Wählerbasis zu erweitern. Durch eine fokussierte Kiezpolitik, die auf die Bedürfnisse der Bürger eingeht und deren Probleme ernst nimmt, verfolgt die Linke das Ziel, nicht nur ihre Relevanz zu steigern, sondern auch die Stimmen für kommende Wahlen zu sichern. Der Weg aus der Krise wird jedoch nicht einfach sein, da die Partei sich in einem sich wandelnden politischen Klima behaupten muss.

Die Berliner Linke hat sich also vorgenommen, durch eine stärkere Verbindung zu den Menschen vor Ort und mit einem klaren Fokus auf soziale Themen wieder an Einfluss zu gewinnen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob diese Strategie erfolgreich ist und ob es der Partei gelingt, ihre Position im Berliner politischen Spektrum zu festigen.

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Politik

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