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„Besonders ärgert mich die Verlogenheit“: Eine Berliner Kita-Erzieherin über Bildungsanspruch und Wirklichkeit

Im Kontext der sich ständig verändernden Bildungslandschaft in Deutschland, insbesondere in Berlin, äußern viele Erzieherinnen und Erzieher ihre Bedenken hinsichtlich der Diskrepanz zwischen den politischen Rahmenbedingungen und der Realität in den Kitas. Diese Thematik wird besonders eindrucksvoll durch den Gastbeitrag einer Berliner Erzieherin, Eva Freienhofer, beleuchtet, die seit Oktober 2023 in einer kommunalen Kita tätig ist und ihre Erfahrungen teilt.

Die Ansprüche an Kitas sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Politik fordert eine umfassende frühkindliche Bildung, die sowohl die kognitiven als auch die sozialen Fähigkeiten der Kinder fördern soll. Der Berliner Senat hat in verschiedenen Erklärungen betont, wie wichtig frühkindliche Bildung für die Chancengleichheit und die soziale Integration ist. Doch wie Freienhofer betont, seien die Rahmenbedingungen für eine solche qualitativ hochwertige Bildung oft nicht gegeben.

„Besonders ärgert mich die Verlogenheit“, so die Erzieherin, die einen klaren Unterschied zwischen den politischen Zielvorgaben und der praktischen Umsetzung in den Kitas sieht. Ihrer Meinung nach ist ein systematischer Mangel an Ressourcen die Hauptursache für die Herausforderungen, mit denen Erzieherinnen und Erzieher konfrontiert sind. Diese Schwierigkeiten betreffen nicht nur die pädagogische Arbeit, sondern auch die allgemeine Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Kinder.

Die Arbeitsbedingungen in den Kitas sind ein zentraler Punkt, der immer wieder angesprochen wird. Trotz der Tatsache, dass der Berliner Senat mehr Mittel für die frühkindliche Bildung versprochen hat, sind die tatsächlichen Verbesserungen oft nicht spürbar. Freienhofer berichtet von überfüllten Gruppen, unzureichender Unterstützung durch Fachkräfte und einer hohen Fluktuation des Personals. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass eine individuelle Betreuung der Kinder schwierig wird, was den Bildungsanspruch der Politik untergräbt.

Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion oft übersehen wird, ist die emotionale und psychische Belastung der Erzieherinnen und Erzieher. Freienhofer hebt hervor, dass die ständige Erwartung, trotz der schlechten Bedingungen eine hohe Qualität der Betreuung zu gewährleisten, zu einem enormen Druck führt. „Es ist frustrierend zu wissen, dass man den Kindern nicht die Aufmerksamkeit und Unterstützung geben kann, die sie verdienen“, erklärt sie.

Die Erzieherin fordert daher eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Realität in den Kitas. Sie ist der Meinung, dass die Politik nicht nur die Anforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher erhöhen sollte, sondern auch die nötigen Ressourcen bereitstellen muss, um diese Ansprüche erfüllen zu können. In ihrer Argumentation verweist sie auf mehrere Studien und Berichte, die belegen, dass eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung nur unter angemessenen Bedingungen möglich ist.

Ein weiterer Punkt, der in Freienhofers Beitrag angesprochen wird, ist die Notwendigkeit für eine stärkere Einbeziehung der Eltern. Die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Familien ist entscheidend für den Bildungserfolg der Kinder. Allerdings sieht die Erzieherin auch hier Defizite, die auf die überlasteten Strukturen zurückzuführen sind. „Es fehlt an Zeit und Kapazitäten, um eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern zu pflegen“, betont sie.

In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass die Politik nicht nur kurzfristige Lösungen sucht, sondern langfristige Strategien entwickelt, die die Bedürfnisse der Kinder, Eltern und Erzieher in den Mittelpunkt stellen. Freienhofer sieht hier eine große Verantwortung bei den Entscheidungsträgern, die nicht nur die Bedeutung der frühkindlichen Bildung erkennen, sondern auch bereit sind, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Bedingungen in den Kitas nachhaltig zu verbessern.

Mit Blick auf die Zukunft betont Freienhofer die Bedeutung von Solidarität unter den Erzieherinnen und Erziehern. Sie spricht sich für einen erneuten Streik aus, sollte der Senat nicht bereit sein, die angesprochenen Probleme ernsthaft anzugehen. „Wir dürfen nicht stillhalten, während sich die Bedingungen weiter verschlechtern“, so ihr eindringlicher Appell.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Herausforderungen in der Berliner Kita-Landschaft ein komplexes Zusammenspiel von politischen Ansprüchen, Ressourcenmangel und der Notwendigkeit einer starken Gemeinschaft bilden. Freienhofers Aussagen unterstreichen die dringende Notwendigkeit, die Verlogenheit in der Politik zu überwinden und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in den Kitas zu ergreifen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die frühkindliche Bildung in Berlin den hohen Ansprüchen gerecht werden kann, die die Politik formuliert.

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 in Kategorie: 
Politik

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