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Gericht bestätigt: Berliner Polizei muss Letzter Generation Gebühren zurückzahlen

In einem wegweisenden Urteil hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass die Polizei von Klimademonstranten, die sich während Protestaktionen an Straßen festgeklebt haben, vorläufig keine Gebühren für deren Entfernung verlangen darf. Dieses Urteil wurde im Rahmen eines Eilverfahrens gefällt, wie ein Sprecher des Gerichts am Dienstag bekanntgab. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein Klimaaktivist, der sich im Juni 2022 auf einer Kreuzung in Berlin festgeklebt hatte und daraufhin von der Polizei entfernt wurde. Die Polizei hatte ihm für diesen Einsatz 241 Euro in Rechnung gestellt, was das Gericht als rechtlich nicht zulässig erachtete.

Das Hauptargument des Gerichts war, dass es keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung dieser Gebühren gibt (Az.: VG 1 L 363/23). Der Gerichtssprecher erklärte, dass die Polizei dem Aktivisten die bereits gezahlte Gebühr zurückerstatten müsse. Diese Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen für zukünftige Einsätze der Polizei im Umgang mit Klimademonstranten haben.

Die Entscheidung des Gerichts ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Berliner Polizei hat bereits angekündigt, gegen diesen Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einzulegen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagierte auf das Urteil mit einer Mischung aus Enttäuschung und Akzeptanz. Ein Sprecher der GdP äußerte, dass man „nicht glücklich über diese Einzelfall-Entscheidung“ sei, jedoch die Rechtsstaatlichkeit respektiert werden müsse.

Die Berliner Polizei hat seit dem Sommer 2022 einen verstärkten Kurs gegen die von der Gruppe „Letzte Generation“ durchgeführten Straßenblockaden eingeschlagen. Bis Anfang September 2023 wurden nach Angaben der Senatsinnenverwaltung nahezu 1300 Gebührenbescheide an Klimaaktivisten verschickt. Diese Bescheide beliefen sich jeweils auf 241 Euro, was eine Gesamtsumme von über 300.000 Euro ergibt. Die Polizei berief sich auf das Argument, dass diese Blockaden eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen und somit die Gebühren gerechtfertigt seien. Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Beseitigung solcher Blockaden nicht unter die Gebührenordnung falle, da der Zweck der Maßnahmen ausschließlich darin bestand, den Straßenverkehr nicht zu behindern.

Die Gruppe „Letzte Generation“ hat in den letzten Jahren durch ihre Protestformen, bei denen sich Teilnehmer an Straßen oder anderen öffentlichen Orten festkleben, auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam gemacht. Diese Aktionen haben sowohl Unterstützung als auch scharfe Kritik innerhalb der Gesellschaft hervorgerufen. Kritiker argumentieren, dass solche Blockaden den öffentlichen Verkehr erheblich stören und eine Gefährdung für die Sicherheit darstellen, während Unterstützer auf die Notwendigkeit drängen, die Klimakrise ernsthaft zu bekämpfen.

Das Gericht hat in seiner Entscheidung auch betont, dass die Polizei bei der Erhebung von Gebühren eine „Ersatzvornahme“ oder „unmittelbare Ausführung“ nachweisen müsse, was in diesem Fall nicht zutreffend war. Der aktivistische Demonstrant habe sich selbst von der Straße lösen können, und die Polizei habe nicht ohne dessen Willen gehandelt. Dies wirft Fragen zur bisherigen Praxis der Polizei auf, Gebühren für Einsätze zu erheben, die im Rahmen von Demonstrationen und Protestaktionen anfallen.

Laut Berichten der Berliner Staatsanwaltschaft sind bis Mitte September 2023 bereits rund 2460 Verfahren gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ eingeleitet worden. Diese Verfahren betreffen in der Regel Nötigung und andere Delikte im Zusammenhang mit den Protestaktionen. Das Gericht könnte sich in Zukunft ausführlicher mit den rechtlichen Aspekten der Gebührenordnung und der Handhabung durch die Polizei auseinandersetzen, da der Kläger in diesem Fall auch Klage gegen den Gebührenbescheid eingereicht hat.

Die politische Reaktion auf das Urteil war unterschiedlich. Während einige Politiker die Entscheidung des Gerichts als Bestätigung für die Rechte der Demonstranten ansehen, äußern andere Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung, die durch solche Proteste beeinträchtigt werden könnten. Die Innensenatorin von Berlin, Iris Spranger, hatte sich in der Vergangenheit für härtere Sanktionen gegen Klimaaktivisten ausgesprochen und sieht sich nun mit den rechtlichen Grenzen ihrer Politik konfrontiert.

Insgesamt zeigt das Urteil des Verwaltungsgerichts ein Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Versammlungsfreiheit und den Interessen der öffentlichen Sicherheit. Während die „Letzte Generation“ in der Entscheidung einen Sieg feiert, bleibt abzuwarten, wie die Polizei und die politischen Entscheidungsträger auf die rechtlichen Herausforderungen reagieren, die durch dieses Urteil aufgeworfen werden. Der Fall könnte auch Einfluss auf ähnliche Protestaktionen in anderen Bundesländern haben, wo die Gebührenpraxis unterschiedlich gehandhabt wird.

Die Entscheidung des Gerichts könnte weitreichende finanzielle Folgen für die Berliner Polizei haben, insbesondere wenn das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung bestätigen sollte. Die Rückzahlung der Gebühren an die betroffenen Klimaaktivisten könnte eine beträchtliche Summe erreichen, was die Diskussion über die rechtlichen Grundlagen der Gebührenordnung und deren Anwendung in der Praxis erneut anstoßen dürfte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin ein signifikanter Schritt in der rechtlichen Auseinandersetzung um die Gebührenpolitik der Polizei im Kontext von Klimaprotesten darstellt. Die Entwicklungen der nächsten Monate werden entscheidend dafür sein, wie die Polizei und die Politik mit den Herausforderungen des Klimaschutzes und des öffentlichen Protestes umgehen.

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 in Kategorie: 
Politik

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