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„Jeder Achte ist betroffen“: Über 20.000 Menschen im Berliner Südwesten können kaum lesen und schreiben

Im Berliner Südwesten sind über 20.000 Menschen betroffen, die kaum in der Lage sind, zu lesen und zu schreiben. Diese alarmierende Zahl wurde in Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum Welttag der Alphabetisierung genannt, der jedes Jahr am 8. September begangen wird. Die Feststellung verdeutlicht die Bedeutung von Bildungsangeboten und -programmen, die darauf abzielen, funktionalen Analphabetismus zu bekämpfen.

Tim Richter, der Sozialstadtrat des Bezirks, erläuterte, dass es von großer Bedeutung sei, den Betroffenen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. „Wir müssen funktionalen Analphabeten Steine aus dem Weg nehmen“, betonte Richter. Er wies darauf hin, dass zahlreiche Grundbildungsangebote zur Verfügung stehen, um den Menschen in dieser schwierigen Lage zu helfen.

In einer Veranstaltung in der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek in Berlin wurde auf die Herausforderungen aufmerksam gemacht, mit denen viele Erwachsene konfrontiert sind. Claudia Parton, eine Moderatorin und freiberufliche Texterin, wies darauf hin, dass der Welttag der Alphabetisierung ein wichtiges Bewusstsein für das Problem schaffen soll. „Diesen Tag gibt es, weil wir häufig unzutreffend davon ausgehen, dass erwachsene Menschen normalerweise lesen und schreiben können“, erklärte sie.

Funktionaler Analphabetismus ist ein weit verbreitetes, aber oft übersehenes Problem in der Gesellschaft. Es betrifft nicht nur Menschen, die aufgrund von Bildungsdefiziten Schwierigkeiten haben, sondern auch solche, die aus verschiedenen Gründen den Zugang zu Bildung nicht erhalten konnten. Oft sind es Menschen, die in sozialen Brennpunkten leben oder aus bildungsfernen Schichten stammen.

Die Ursachen für funktionalen Analphabetismus sind vielschichtig. Häufig spielen persönliche, soziale und wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Dazu gehören etwa Migration, ein niedriger Bildungsstand der Eltern oder auch psychische Probleme. Die Herausforderungen sind oft so groß, dass die Betroffenen sich in ihrem Alltag eingeschränkt fühlen und Schwierigkeiten haben, an gesellschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen.

Die Stadt Berlin hat bereits mehrere Initiativen ins Leben gerufen, um diesem Problem entgegenzuwirken. Bildungseinrichtungen und Volkshochschulen bieten spezielle Kurse an, die darauf abzielen, die Lese- und Schreibfähigkeiten von Erwachsenen zu verbessern. Diese Angebote sind nicht nur auf das Erlernen der Grundfertigkeiten ausgerichtet, sondern berücksichtigen auch die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer.

Die Bedeutung von Alphabetisierung geht weit über das bloße Lesen und Schreiben hinaus. Sie ist eine grundlegende Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Menschen, die nicht lesen und schreiben können, haben oft Schwierigkeiten, Informationen zu verstehen, sei es in Form von Verträgen, Anweisungen oder auch in der Kommunikation mit Behörden. Dies kann zu einer Isolation führen, die sich negativ auf das Selbstwertgefühl und die Integration in die Gesellschaft auswirkt.

Zusätzlich zu den Kursen ist es auch wichtig, das Bewusstsein für das Thema in der breiten Öffentlichkeit zu schärfen. Veranstaltungen wie der Welttag der Alphabetisierung sind daher von großer Bedeutung, um auf die bestehende Problematik aufmerksam zu machen. Durch Aufklärung und Sensibilisierung kann das Thema aus der Tabuzone geholt werden, was letztendlich dazu beiträgt, die Betroffenen zu ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Die Notwendigkeit, funktionalen Analphabetismus zu bekämpfen, ist nicht nur eine Frage der Bildung, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, sich weiterzuentwickeln und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Deshalb ist es entscheidend, dass alle Akteure in der Gesellschaft - von Bildungseinrichtungen über soziale Träger bis hin zu politischen Entscheidungsträgern - gemeinsam an einer Lösung arbeiten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Welttag der Alphabetisierung eine Gelegenheit bietet, die Aufmerksamkeit auf die Herausforderungen zu lenken, mit denen viele Menschen im Berliner Südwesten konfrontiert sind. Die Tatsache, dass jeder achte Bewohner betroffen ist, sollte als Anreiz dienen, weitere Schritte zur Bekämpfung des funktionalen Analphabetismus zu unternehmen und umfassende Bildungsangebote zu schaffen, die allen zugänglich sind. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die Hürden abbauen und allen Menschen die Chance auf eine bessere Zukunft ermöglichen.

Quellen: Der Tagesspiegel, Boris Buchholz

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 in Kategorie: 
Politik

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