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Kreuzberger Dragonerareal: Streit um genossenschaftlichen Wohnungsbau

Das Dragonerareal in Kreuzberg, ein ehemaliges Kasernengelände, steht im Fokus intensiver Diskussionen über genossenschaftlichen Wohnungsbau. Die Entwicklung dieses Areals wurde über die Jahre hinweg von Konflikten und politischen Auseinandersetzungen geprägt, die sowohl lokale Initiativen als auch städtische Behörden involvierten. Die Vision des Dragonerareals als ein inklusives Stadtquartier, das bezahlbaren Wohnraum bietet, wird von verschiedenen Akteuren vorangetrieben, steht jedoch vor erheblichen Herausforderungen.

Politische Hintergründe und aktuelle Entwicklungen

Der Berliner Senat hat die Absicht, dem landeseigenen Wohnungskonzern WBM mehr Grundstücke im Dragonerareal zur Verfügung zu stellen als ursprünglich geplant. Dies führt zu Spannungen zwischen der Verwaltung, den Bezirksvertretern und den Wohnungsgenossenschaften, die ebenfalls Interesse an der Entwicklung des Areals haben. Baustadtrat Florian Schmidt betont die Notwendigkeit einer kooperativen Stadtentwicklung, die die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Genossenschaften sicherstellt. Die Initiative zielt darauf ab, die Planungen in einem „Zukunftsrat“ zu besprechen, der aus Vertretern der Stadtverwaltung und der Zivilgesellschaft besteht.

Die Vision eines demokratischen Stadtquartiers

Das Dragonerareal soll als Modellprojekt für demokratische Mitbestimmung in der Stadtentwicklung fungieren. Die Grundidee des „Modellprojekts Rathausblock“ ist, dass Entscheidungen nicht nur von der Verwaltung getroffen werden, sondern in einem partizipativen Prozess, der die Stimmen der Anwohner, Aktivisten und anderer Interessengruppen einbezieht. Die Zielsetzung umfasst die Schaffung von 100 Prozent bezahlbarem Wohnraum sowie den Erhalt von Gewerbeflächen und sozialen Einrichtungen.

Die Bürgerbeteiligung wird als zentraler Aspekt der Planung hervorgehoben, um sowohl die Bedürfnisse der aktuellen Anwohner zu berücksichtigen als auch Platz für neue Bewohner zu schaffen. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Absicht, dass Genossenschaften, die auf partizipative und inklusive Wohnformen setzen, eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des Areals spielen. Dies könnte zu einer Vielzahl von Wohnmöglichkeiten führen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Berliner Bevölkerung gerecht werden.

Hintergründe des Konflikts

Der Konflikt um das Dragonerareal hat seine Wurzeln in einem langwierigen Verkaufsprozess an einen privaten Investor, der 2015 begann und zu wiederholten rechtlichen Auseinandersetzungen führte. Der Bund hatte ursprünglich entschieden, das Areal für 36 Millionen Euro zu verkaufen. Die Bürgerinitiativen und politischen Akteure in Berlin forderten jedoch, dass das Grundstück in kommunalem Besitz bleibt, um eine sozial gerechte Entwicklung zu gewährleisten. 2016 wurde das Areal schließlich als Sanierungsgebiet ausgewiesen, was den politischen Druck auf den Bund erhöhte und zur Rückabwicklung des Verkaufs führte.

Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven

Die aktuellen Planungen sehen vor, dass die ersten Bauarbeiten voraussichtlich im Jahr 2021 beginnen könnten, sofern alle beteiligten Parteien sich auf einen Bebauungsplan einigen. Bislang ist jedoch unklar, wie viele Wohnungen tatsächlich auf dem Dragonerareal entstehen sollen. Während frühere Pläne des Investors bis zu 2000 Wohnungen vorsahen, sind die neuen Vorschläge auf 700 überwiegend mietpreisgebundene Wohnungen reduziert worden. Dies hat in der Zivilgesellschaft und unter den politischen Akteuren in Kreuzberg zu Unmut geführt, da die Befürworter einer integrativen Entwicklung mehr Wohnraum und soziale Einrichtungen einfordern.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Frage der Finanzierung und der politischen Unterstützung für genossenschaftlichen Wohnungsbau. Der Senat hat in seinen Richtlinien die Förderung genossenschaftlicher Modelle betont, um eine breitere soziale Durchmischung der Wohnprojekte zu erreichen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Absichtserklärungen in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können und wie sich die politischen Rahmenbedingungen auf die Entwicklung des Dragonerareals auswirken werden.

Fazit

Das Dragonerareal steht beispielhaft für die Herausforderungen und Chancen der Stadtentwicklung in Berlin. Die Bemühungen um eine genossenschaftliche und partizipative Wohnraumgestaltung treffen auf komplexe politische und gesellschaftliche Dynamiken. Der Erfolg des Projekts wird letztlich davon abhängen, inwieweit es gelingt, alle beteiligten Akteure in den Planungsprozess einzubeziehen und eine gemeinsame Vision für das Areal zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Berliner Bevölkerung gerecht wird.

Insgesamt bleibt das Dragonerareal ein spannendes Beispiel für die zukünftige Entwicklung von urbanem Wohnraum und die Suche nach Formen der Zusammenarbeit zwischen Politik, Zivilgesellschaft und privaten Akteuren.

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 in Kategorie: 
Politik

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