<

Lost Places in Berlin: Siemensbahn – Mystische Strecke wird zur S-Bahn der Zukunft

Die Siemensbahn, eine fast vergessene S-Bahn-Strecke in Berlin, bietet einen faszinierenden Einblick in die Geschichte der Stadt und deren industrielle Entwicklung. Diese 4,5 Kilometer lange Strecke wurde von 1927 bis 1929 erbaut und verbindet den Bahnhof Jungfernheide im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mit dem Bahnhof Gartenfeld im Bezirk Spandau. Ursprünglich wurde die Bahnlinie errichtet, um die Arbeiter des Siemens-Werks bequem zu ihrem Arbeitsplatz zu transportieren. Nach über 40 Jahren der Stille und des Verfalls steht die Strecke nun vor einer Reaktivierung, was sowohl historische als auch moderne Aspekte miteinander verbindet.

Geschichte der Siemensbahn

Die Geschichte der Siemensbahn begann in den 1920er Jahren, als die Siemenswerke aufgrund von Platzmangel an den Stadtrand von Berlin zogen. Die S-Bahn-Strecke wurde als Lösung für das Transportproblem der Arbeiter entwickelt, die in Moabit oder Kreuzberg lebten und zur Arbeit pendeln mussten. Siemens übernahm den Großteil der Kosten für den Bau der Strecke und der Bahnhöfe, was ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Anbindung war. Am 18. Dezember 1929 nahm die Siemensbahn den Betrieb auf, der zunächst sehr rege war. In den ersten Jahren verkehrten die Züge im Fünf-Minuten-Takt und transportierten hauptsächlich Mitarbeiter des Unternehmens.

Der Zweite Weltkrieg brachte jedoch erhebliche Schäden mit sich, die sich negativ auf den Verkehr auswirkten. Nach dem Krieg konnte der Betrieb erst 1956 wieder in vollem Umfang aufgenommen werden. Doch der Rückgang der Fahrgastzahlen setzte ein, als Siemens seinen Hauptsitz nach München verlegte. 1980 wurde die Strecke schließlich aufgrund eines Streiks der Reichsbahn in West-Berlin eingestellt und lag seitdem brach.

Der Verfall der Siemensbahn

Mit der Stilllegung begann ein langsamer Verfall der Siemensbahn. Die Bahnhöfe und Gleise wurden zunehmend von der Natur zurückerobert, und die heruntergekommenen Haltestationen wurden von verwilderten Pflanzen umgeben. Veraltete Fahrkartenautomaten und rostige Schilder sind heute stumme Zeugen einer vergangenen Zeit. Die Atmosphäre an diesen Orten ist zutiefst gespenstisch, was viele Urban Explorer und Fotografen anzieht, die auf der Suche nach Lost Places sind. Der Zugang zur Strecke ist zwar illegal, aber die Neugier treibt viele Menschen an, die geheimnisvolle Verbindung zu erkunden.

Geplante Reaktivierung

Die Pläne zur Reaktivierung der Siemensbahn haben in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen. Im Jahr 2018 haben Siemens und der Berliner Senat eine Zusammenarbeit begonnen, um die S-Bahn-Strecke wieder in Betrieb zu nehmen. Ziel ist es, die Strecke nicht nur wiederzubeleben, sondern auch zu erweitern, um die Anbindung an das neu entstehende Stadtviertel „Siemensstadt²“ zu verbessern. Dieses Innovations- und Wissenschaftszentrum soll rund 10.000 neue Wohnungen bieten und damit einen großen Bedarf an öffentlicher Verkehrsanbindung schaffen.

Um die Strecke reaktivieren zu können, sind umfangreiche Renovierungsarbeiten erforderlich. Die bestehende Infrastruktur, die seit der Stilllegung nicht mehr instandgehalten wurde, muss umfassend erneuert werden. Dies umfasst die Gleisanlagen, die Oberleitung, sowie die Bahnhofsgebäude und Ingenieurbauwerke wie Brücken. Besonders die Brücke über die Spree wird neu gebaut werden müssen, um den heutigen Sicherheitsstandards zu entsprechen.

Denkmalschutz und Herausforderungen

Ein weiteres wichtiges Element der Reaktivierung ist der Denkmalschutz. Teile der Siemensbahn stehen seit 1995 unter Denkmalschutz, was die Planung und Ausführung der Renovierungsarbeiten zusätzlich erschwert. Die Ingenieure müssen nicht nur die denkmalpflegerischen Auflagen berücksichtigen, sondern auch die innerstädtischen Gegebenheiten und die zeitlichen Vorgaben für die Umsetzung der Arbeiten. Die Planungen erfolgen vollständig mithilfe der BIM-Methodik, die eine digitale Planung und Modellierung der Infrastruktur ermöglicht.

Zukunftsausblick

Der Antrag auf Planrecht beim Eisenbahn-Bundesamt ist für das Jahr 2024 geplant, und die Inbetriebnahme der reaktivierten S-Bahn-Strecke wird für Ende 2029 angestrebt. Damit würde die Siemensbahn nicht nur eine nostalgische Rückkehr bedeuten, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur modernen Verkehrsplanung in Berlin leisten. Die Wiederbelebung dieser historischen Strecke könnte die Lebensqualität der Anwohner erheblich verbessern und gleichzeitig neue wirtschaftliche Impulse für die Region setzen.

Fazit

Die Siemensbahn verkörpert die Verbindung von Geschichte und Zukunft. Sie erinnert an eine Zeit, als der öffentliche Verkehr ein essenzieller Bestandteil des Lebens in Berlin war und zeigt, wie diese Tradition in modernisierte Mobilitätskonzepte integriert werden kann. Die Reaktivierung der Strecke ist ein vielversprechendes Projekt, das sowohl den historischen Wert als auch die Bedürfnisse der heutigen Stadtbewohner in den Mittelpunkt stellt.

Die Siemensbahn wird nicht nur als Lost Place in die Geschichte Berlins eingehen, sondern könnte auch als Symbol für nachhaltige Stadtentwicklung und innovative Verkehrslösungen dienen.

Quellen: exploring-history.de, db-netz.de, sweco-gmbh.de

Veröffentlich
 in Kategorie: 
Kultur

Mehr aus dieser

 Kategorie

Alle anschauen