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Traditioneller St.-Michael-Empfang in Berlin: Katholische Bischöfe wider das Recht des Stärkeren

Der St.-Michael-Empfang, ein jährliches Ereignis der deutschen Bischöfe, fand in diesem Jahr in der Katholischen Akademie in Berlin statt. Die Veranstaltung, die sowohl von religiösen als auch politischen Persönlichkeiten besucht wurde, diente als Plattform für Diskussionen über aktuelle gesellschaftliche und politische Herausforderungen, insbesondere im Kontext des Krieges in der Ukraine. Unter den Gästen war auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der der Bedeutung des Empfanges und der angesprochenen Themen Anerkennung zollte.

Der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Karl Jüsten, eröffnete die Veranstaltung und würdigte die Präsenz des Kiewer Großerzbischofs Swjatoslaw Schewtschuk als Hauptredner. Dieser sprach eindringlich über die desolaten Zustände in der Ukraine und die fortwährenden Angriffe auf die Kirche in seinem Land. Schewtschuk wies darauf hin, dass viele Pfarrgemeinden bereits zerstört wurden und die russisch-orthodoxe Kirche sich zu einem Instrument von Moskau entwickelt habe. Der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, der die Veranstaltung moderierte, betonte die Solidarität mit der Ukraine und die Notwendigkeit, das Weltgemeinwohl zu fördern, um einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Bätzing äußerte sich über die gegenwärtigen geopolitischen Spannungen und die Gefahren, die mit dem Aufkommen von Machtpolitik verbunden sind. Er stellte fest: „In einer Welt, in der das Recht des Stärkeren gilt, müssen wir für die Einhaltung von Völkerrecht und die Unverletzlichkeit der Grenzen eintreten.“ Dies geschah vor dem Hintergrund des verheerenden Krieges, der seit 2014 in der Ukraine tobt und der mit der Annexion der Krim durch Russland begann. Bätzing und Schewtschuk forderten die internationale Gemeinschaft auf, sich stärker für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen.

Ein zentrales Thema der Ansprachen war die Verantwortung der Kirche in diesen turbulenten Zeiten. Bätzing unterstrich, dass die katholische Kirche nicht nur eine spirituelle, sondern auch eine soziale Verantwortung trägt. „Wir müssen uns für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen und aktiv gegen die Erosion der Werte ankämpfen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten“, sagte er. Schewtschuk ergänzte, dass ein Frieden nur dann von Wert sei, wenn er auf Gerechtigkeit basiert. Er warnte vor der Gefahr, den Aggressoren durch einen faulen Frieden zu legitimieren.

Der Großerzbischof sprach auch über die Zerstörung von Kirchen und Klöstern in der Ukraine, die bereits in den von Russland besetzten Gebieten stattgefunden hat. „Fast alle unsere Pfarreien wurden zerstört, Kirchen und Klöster konfisziert und deren Eigentum wurde beschlagnahmt“, berichtete er und appellierte an die Anwesenden, sich für die Rechte der Ukraine einzusetzen. Er betonte, dass die Ukrainer den Frieden sehnlichst herbeiwünschten, jedoch nur unter der Bedingung eines gerechten Friedens, der den rechtlichen Status der Ukraine als souveränen Staat respektiert.

Die Veranstaltung wurde nicht nur durch die Reden geprägt, sondern auch durch kulturelle Beiträge. Während des Empfangs hatte das Ganna Ensemble, das ukrainische Folklore mit Jazz verbindet, die Gelegenheit, zu performen und eine Verbindung zur ukrainischen Kultur herzustellen. Dies trug dazu bei, das Bewusstsein für die kulturelle Identität und den Reichtum der Ukraine trotz der tragischen Umstände zu stärken.

Insgesamt war der St.-Michael-Empfang ein bedeutendes Ereignis, das sowohl die Herausforderungen als auch die hoffnungsvollen Ansätze zur Lösung von Konflikten und zur Förderung des interreligiösen Dialogs thematisierte. Die katholischen Bischöfe in Deutschland zeigen sich entschlossen, aktiv gegen das Recht des Stärkeren aufzutreten und fordern eine Rückkehr zu den Prinzipien von Freiheit, Gerechtigkeit und demokratischen Werten. Die gemeinsame Stimme der Bischöfe und des Großerzbischofs aus der Ukraine stellt eine klare Botschaft der Solidarität und des Engagements für die Menschenrechtslage in ihrem Heimatland dar.

Die Ansprachen betonten die Notwendigkeit, die internationalen Beziehungen auf der Grundlage des Völkerrechts zu gestalten und die Prinzipien der Solidarität und des Respekts vor der Souveränität der Staaten einzuhalten. In einer Zeit, in der Polarisierung und Konflikte immer mehr zunehmen, wird der Dialog zwischen den Religionen und den Nationen als unerlässlich erachtet, um Frieden und Stabilität in der Welt zu fördern.

Der St.-Michael-Empfang hat sich als wichtiger Bestandteil des politischen und religiösen Dialogs in Deutschland etabliert und wird weiterhin eine Plattform bieten, um für eine gerechtere und friedlichere Welt einzutreten.

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 in Kategorie: 
Politik

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