Wie viel Denkmalschutz braucht Berlin?: Kai Wegner will Gebäudestandards in der Hauptstadt senken

In der Diskussion um Denkmalschutz und Stadtentwicklung hat der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), in den letzten Tagen für Aufsehen gesorgt. Anlässlich einer Veranstaltung in der Messe Berlin äußerte Wegner die Absicht, die Standards für den Denkmalschutz in der Hauptstadt zu senken. Diese Maßnahme soll insbesondere den Umzug der Berliner Hochschule für Technik (BHT) in das Gebäude des ehemaligen Flughafens Tegel ermöglichen. Dabei wird die angespannte Haushaltslage der Stadt als ausschlaggebender Grund angeführt.

„Wir müssen schnellstmöglich den Denkmalschutz auf Maß und Mitte zurückführen“, erklärte Wegner. Laut seiner Aussage würden die aktuell hohen Denkmalschutzstandards in Berlin erhebliche finanzielle Belastungen für Sanierungsprojekte mit sich bringen. Wegner schlägt vor, sich an den Richtlinien anderer Bundesländer zu orientieren, bei denen die Anforderungen an denkmalgerechte Sanierungen weniger strikt sind. Dies könnte, seiner Meinung nach, die Kosten für den Umzug der BHT von ursprünglich 500 Millionen Euro auf lediglich 200 Millionen Euro senken.

Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen wird auch durch die gewünschte Nachnutzung des ehemaligen Flughafenareals unterstrichen. Wegner betont, dass es wichtig sei, solche Projekte wie den Umzug der BHT nicht scheitern zu lassen, um eine ähnliche Entwicklung wie beim Flughafen Tempelhof zu vermeiden, der mittlerweile weitgehend ungenutzt ist.

Die Diskussion über die Denkmalschutzstandards stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Kritiker, darunter der Landeskonservator und Direktor des Landesdenkmalamts, Christoph Rauhut, äußern Bedenken. Rauhut weist darauf hin, dass die Einsparungen durch eine Absenkung der Denkmalschutzstandards möglicherweise nicht so erheblich sind, wie von der Politik erhofft. „Das Sparpotenzial beim Denkmalschutz ist nicht so groß, wie in der Politik oft gedacht wird“, so Rauhut. Er fügt hinzu, dass die tatsächlichen Kosten für Bauprojekte oft aus verschiedenen Faktoren resultieren, die nicht ausschließlich vom Denkmalschutz abhängen.

Ein Beispiel, das Wegner anführt, ist die Sanierung des Benjamin-Franklin-Krankenhauses. Hier werden laut Wegner Vorgaben für die Fenster als unnötige Belastung angeführt, während die Patienten sich in erster Linie um den Komfort kümmern, nicht um denkmalgerechte Fenster.

Die Berliner Denkmalschutzstandards sind im bundesweiten Vergleich nicht übermäßig hoch, betont Rauhut. Er argumentiert, dass Berlin sich im Mittelfeld befinde, während in Bundesländern wie Bayern deutlich strengere Regelungen gelten. Die Berliner Senatskanzlei konnte zum Zeitpunkt der Berichterstattung keine konkreten Informationen darüber bereitstellen, welche spezifischen Standards Wegner ändern möchte. Die Fachverwaltungen prüfen derzeit, welche Vorgaben im Bereich Denkmalschutz und Klimaschutz als dringend notwendig erachtet werden und welche im Vergleich zu anderen Bundesländern als zu hoch gelten.

In der politischen Diskussion finden sich auch Stimmen, die eine kritische Überprüfung der bestehenden Denkmalschutzvorgaben unterstützen. Der Co-Vorsitzende der Grünen, Werner Graf, sieht jedoch die von Wegner genannten Einsparungen als illusorisch an, auch wenn er die Notwendigkeit einer Überprüfung der Vorgaben anerkennt. „Wir wollen die Orte mit Leben füllen. Da müssen wir gucken, inwieweit der Denkmalschutz einer vernünftigen Weiterentwicklung dieser Orte im Weg steht“, so Graf.

Die Berliner Koalition aus CDU und SPD plant zudem, mit einem neuen Gesetz die Prozesse beim Denkmalschutz zu beschleunigen. Das sogenannte Schneller-Bauen-Gesetz soll unter anderem die Einspruchsfristen für die Denkmalbehörden zeitlich begrenzen. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, betont, dass dies jedoch keine Auswirkungen auf die Art und Weise habe, wie in Berlin gebaut wird.

Die Auseinandersetzung um den Denkmalschutz in Berlin ist Teil einer größeren Diskussion über die zukünftige Entwicklung der Stadt. Die Herausforderungen, die mit einer wachsenden Bevölkerung und der Notwendigkeit, Wohnraum und Infrastruktur zu schaffen, einhergehen, sind unbestreitbar. Gleichzeitig bleibt die Frage, wie viel Denkmalschutz notwendig und sinnvoll ist, um die kulturellen und historischen Werte Berlins zu bewahren und gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung und Modernisierung voranzutreiben.

Die kommenden Monate werden zeigen, inwieweit die angestrebten Änderungen tatsächlich umgesetzt werden können und welche Auswirkungen dies auf die Baupolitik in Berlin haben wird. Der Dialog zwischen den politischen Akteuren, den Denkmalpflegern und der Öffentlichkeit wird entscheidend sein, um eine Lösung zu finden, die sowohl den Anforderungen des Denkmalschutzes als auch den Bedürfnissen einer modernen Stadt gerecht wird.

Veröffentlich
 in Kategorie: 
Politik

Mehr aus dieser

 Kategorie

Alle anschauen