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Zu wenig Pflegeheimplätze: Ohne Personal gibt es keinen Ausbau des Systems

Der Fachkräftemangel in der Pflegebranche stellt ein zentrales Problem dar, welches den dringend benötigten Ausbau der Pflegeheimplätze in Deutschland erheblich behindert. Angesichts der demografischen Entwicklung wird der Bedarf an Pflegeplätzen in den kommenden Jahren voraussichtlich stark ansteigen. Experten wie Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP), betonen, dass bis 2040 jährlich etwa 17.000 neue Pflegeheimplätze benötigt werden, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.

Die aktuelle Lage ist alarmierend. Im vergangenen Jahr gingen in Deutschland rund zwei Prozent der stationären Pflegeplätze verloren, was einem signifikanten Rückgang entspricht. Laut dem AGVP fehlen in den nächsten zehn Jahren etwa 160.000 Pflegeheimplätze, um die wachsende Zahl von Pflegebedürftigen zu versorgen. Diese Lücke könnte in etwa der Einwohnerzahl von Städten wie Leverkusen oder Darmstadt entsprechen. Anstatt den Bedarf zu decken, schließen immer mehr Pflegeeinrichtungen oder melden Insolvenz an, was zu einem so genannten „Heimsterben“ führt.

Hintergründe des Fachkräftemangels

Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielfältig. Zum einen spielt die unzureichende Bezahlung eine Rolle, welche die Attraktivität des Pflegeberufs mindert. Zudem stehen Pflegeeinrichtungen in einem starken Wettbewerb um qualifiziertes Personal, wobei private Anbieter oft bessere Konditionen anbieten können. Diese Situation führt dazu, dass viele Pflegekräfte die Branche verlassen oder in andere Sektoren wechseln.

Ein weiterer Aspekt sind die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Häufig berichten Pflegekräfte von Überlastung und Stress, was zu einer hohen Fluktuation im Personal führt. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) stellt fest, dass in vielen Pflegeeinrichtungen eine Fachkraft für über 140 Bewohner verantwortlich ist, was die Qualität der Versorgung stark beeinträchtigt.

Finanzielle Herausforderungen und notwendige Investitionen

Der wirtschaftliche Druck auf Pflegeeinrichtungen ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Der Pflegeheim-Rating-Report 2022 stellte fest, dass die wirtschaftliche Lage vieler deutscher Pflegeheime angespannt ist und rund 20 Prozent der Einrichtungen im „roten Bereich“ liegen. Um den zukünftigen Bedarf an Pflegeplätzen zu decken, sind Investitionen in Höhe von bis zu 125 Milliarden Euro erforderlich.

Zudem erfordert die Schaffung neuer Pflegeplätze eine adäquate Regulierung des Marktes. Experten empfehlen, die bestehende Regulierungsdichte zu reduzieren und die unternehmerische Handlungsfreiheit zu erhöhen, um private Investoren anzulocken. Die gegenwärtigen Vorschriften, die von Bundesland zu Bundesland variieren, erschweren die Planung und den Bau neuer Einrichtungen.

Der Weg zur Verbesserung der Pflegeversorgung

Um die bestehende Pflegekrise zu bewältigen, sind umfassende Maßnahmen erforderlich. Dazu zählt nicht nur die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte, sondern auch eine angemessene Vergütung, um den Beruf attraktiver zu gestalten. Der AGVP fordert daher rechtliche Maßnahmen, um Pflegekassen und Gesetzgeber zur Sicherstellung der Versorgung zu bewegen. Ein Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz könnte dazu beitragen, die drängenden Lücken im System zu schließen.

Die Herausforderungen sind groß, doch ohne gezielte Anstrengungen zur Anwerbung und Ausbildung von Fachkräften wird es kaum möglich sein, den steigenden Bedarf an Pflegeplätzen zu decken. Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen für die Pflegebranche zu verbessern und die Wertschätzung für die Arbeit von Pflegekräften zu erhöhen.

Fazit

Die Situation in der Pflege ist komplex und erfordert ein systemisches Umdenken. Nur durch eine Kombination aus finanziellen Investitionen, einer Anpassung der Regulierung und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen kann Deutschland den Herausforderungen der Pflegebedürftigkeit in den kommenden Jahren gerecht werden. Die Gesellschaft muss sich der Verantwortung stellen, die notwendig ist, um eine angemessene Pflege für alle Betroffenen sicherzustellen.

Quellen: Der Standard, dpa, AGVP Pressemitteilung, Pflegeheim Rating Report 2022, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe.

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 in Kategorie: 
Politik

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