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Am Flughafen BER: Mehr Flüchtlinge werden abgeschoben

Die Situation am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) ist von einer deutlich steigenden Zahl von Abschiebungen geprägt. Im ersten Halbjahr 2024 wurden in der Ausreisesammelstelle der Zentralen Ausländerbehörde am Flughafen BER insgesamt 396 Asylbewerber untergebracht, die aus Brandenburg abgeschoben werden sollten. Dies stellt einen signifikanten Anstieg dar, da im gleichen Zeitraum des Vorjahres nur 168 Personen in der Sammelstelle waren. Auch im zweiten Halbjahr 2023 war die Zahl bereits auf 231 gestiegen.

Hintergründe der Abschiebungen

Die anstehenden Abschiebungen betreffen vor allem Personen, die entweder aus einem sicheren Drittland eingereist sind oder bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Zudem sind viele der betroffenen Asylbewerber im Ausreisegewahrsam, da ihr Asylantrag abgelehnt wurde und sie zur Ausreise verpflichtet sind. Das Innenministerium von Brandenburg versichert, dass diesen Menschen die Möglichkeit gegeben wird, das Land freiwillig zu verlassen.

Charterflüge und Rückführungen

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 784 ausreisepflichtige Menschen aus Brandenburg abgeschoben. Unter diesen waren 272 sogenannte begleitete Rückführungen sowie 512 freiwillige Ausreisen. Bis Ende Juni 2024 fanden bereits fünf Charterflüge statt, die Rückführungen von Asylbewerbern ermöglichten. Im Vergleich dazu gab es im gesamten Jahr 2023 elf Charterflüge.

Die Rolle des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes

Die Beratung der Asylverfahren wird derzeit vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst übernommen, der die Asylbewerber auch sozial und seelsorgerisch betreut. Bei Bedarf können zusätzlich Sozialarbeiter oder Psychologen hinzugezogen werden. Den Menschen in der Unterkunft wird eine Liste von Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt, um sie über ihre rechtlichen Optionen zu informieren. Diese Liste wird in mehreren Sprachen bereitgestellt.

Geplante Entwicklungen am BER

Um den Prozess der Abschiebungen zu beschleunigen und die Asylverfahren effizienter zu gestalten, planen der Bund und das Land Brandenburg den Bau eines Ein- und Ausreisezentrums am Flughafen BER. Dieses soll in unmittelbarer Nähe zur Zentralen Ausländerbehörde errichtet werden und Büroflächen für verschiedene Behörden, einschließlich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Bundespolizei, umfassen. Der Bau soll in der ersten Hälfte des Jahres 2025 beginnen und bis 2027 abgeschlossen sein. Die Entscheidung, das Projekt ohne öffentliche Ausschreibung durchzuführen, hat jedoch Kritik ausgelöst.

Aktuelle Herausforderungen und Kritik

Die steigenden Abschiebungszahlen und die Umstrukturierung der Verfahren haben zu einem intensiven politischen Diskurs in Brandenburg geführt. Kritiker bemängeln, dass die aktuellen Praktiken zur Abschiebung nicht mit den Grundsätzen eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens vereinbar sind. Der Zugang zu Rechtsberatung wird als eingeschränkt wahrgenommen, was die Situation der betroffenen Flüchtlinge weiter kompliziert.

Die Abgeordnete der Brandenburger Linken, Andrea Johlige, äußerte Bedenken über die zentrale Steuerung von Abschiebungen, die seit Mai dieses Jahres von der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt übernommen wurde. Diese Änderung, so Johlige, könnte dazu führen, dass individuelle Integrationsbemühungen und humane Faktoren nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Zusammenfassung

Die Situation am Flughafen BER verdeutlicht die Herausforderungen und Veränderungen in der deutschen Flüchtlingspolitik. Mit einem anhaltenden Anstieg der Abschiebungen, einer verstärkten zentralen Steuerung und geplanten infrastrukturellen Veränderungen wird der Flughafen zu einem zentralen Punkt für die Bearbeitung von Asylverfahren und Abschiebungen. Die aktuellen Entwicklungen werfen Fragen hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und des Zugangs zu Rechtsschutz auf.

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 in Kategorie: 
Politik

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