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Ausbreitung von Fentanyl in Berlin: Droht eine Opioid-Krise?

Die Droge Fentanyl, ein synthetisches Opioid, hat in den letzten Jahren global zunehmend an Bedeutung gewonnen. In den Vereinigten Staaten ist Fentanyl bereits für zehntausende Todesfälle verantwortlich, während die Situation in Deutschland noch relativ stabil erscheint. Doch Experten warnen, dass sich dies ändern könnte.

Fentanyl wirkt etwa 50-mal stärker als Heroin und ist daher extrem süchtig machend. Bereits zwei Milligramm Fentanyl können tödlich sein, was die Gefahren des Konsums dieser Substanz verdeutlicht. Im Jahr 2022 starben in Deutschland 2.227 Menschen an Drogenkonsum, bei 712 dieser Todesfälle war Heroin beteiligt, gefolgt von Kokain und Crack. Dennoch bleibt die Zahl der Drogentoten im Vergleich zu den USA vergleichsweise gering.

Der Psychiater Norbert Scherbaum, Vorsitzender der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, erklärte, dass Fentanyl in Deutschland bislang nicht die Rolle spiele, die es in den USA einnimmt. Die Opioidkrise in den USA wurde vor allem durch eine großzügige Verschreibung von Schmerzmitteln verursacht, ein Phänomen, das in Deutschland nicht in gleichem Maße festgestellt wurde. Trotzdem beobachten Experten eine besorgniserregende Entwicklung.

Das Fehlen eines umfangreichen Drogenmarktes für Fentanyl in Deutschland könnte sich jedoch in naher Zukunft ändern. Rüdiger Schmolke, der vom Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige in Berlin arbeitet, erklärte, dass Fentanyl in der offenen Drogenszene Berlins noch keine große Rolle spielt. Heroin gilt als sicherer und sorgt für einen längeren Rausch. Viele Konsumenten sind sich des höheren Überdosierungsrisikos von Fentanyl bewusst und neigen daher dazu, dieser Substanz skeptisch gegenüberzustehen.

Dennoch gibt es mehrere Faktoren, die eine steigende Verbreitung von Fentanyl in Deutschland begünstigen könnten. Ein wesentlicher Aspekt ist die weltweite Verknappung von Opium, dem Rohstoff für die Herstellung von Heroin. Seitdem die Taliban 2022 den Anbau von Mohn in Afghanistan verboten haben, ist die Opiumproduktion laut dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung um 74 Prozent eingebrochen. Dies könnte dazu führen, dass Drogenkartelle beginnen, synthetische Opioide wie Fentanyl als lukrativen Ersatz für Heroin zu nutzen.

Die Herstellung von Fentanyl ist kostengünstiger als die von Heroin, da sie im Labor erfolgen kann. Dies macht Fentanyl zu einer attraktiven Option für Drogenhändler, die auf der Suche nach profitablen Produkten sind. Experten befürchten, dass sich die Situation auf dem Drogenmarkt verändern könnte, was das Risiko eines Anstiegs von Fentanyl-Konsum und damit auch der Drogentoten erhöhen würde.

Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der Tatsache, dass Fentanyl häufig illegal hergestellt und Heroin beigemischt wird, oft ohne das Wissen der Konsumenten. Dies kann fatale Folgen haben, da die Konsumenten die Dosis falsch einschätzen und sich unwissentlich einer Überdosis aussetzen. Darüber hinaus ist das Risiko schwerwiegender gesundheitlicher Komplikationen, wie Atemstillstand oder Herzrhythmusstörungen, bei synthetischen Opioiden höher als bei Heroin.

Die Entwicklung der Fentanyl-Situation in Deutschland bleibt abzuwarten. Experten betonen, dass präventive Maßnahmen und Aufklärung notwendig sind, um die Bevölkerung über die Gefahren des Konsums synthetischer Opioide zu informieren und die Zahl der Drogentoten zu minimieren. Die aktuellen Trends auf dem Drogenmarkt sowie die Veränderung der Verfügbarkeit von Drogen könnten in der Zukunft zu einer Krise führen, die es zu verhindern gilt.

Insgesamt zeigt sich, dass die Ausbreitung von Fentanyl in Berlin und darüber hinaus ernsthafte Bedenken aufwirft. Während die Drogenpolitik und die Präventionsmaßnahmen in Deutschland bisher relativ effektiv sind, ist die Gefahr einer zukünftigen Opioid-Krise nicht zu unterschätzen. Experten raten zu einer erhöhten Vigilanz und einem proaktiven Ansatz, um die Risiken zu minimieren und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

Quellen:

Der Standard, dpa, Ärzteblatt

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Politik

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