Die Bundeswehr verstärkt ihre Online-Präsenz, insbesondere auf Plattformen wie TikTok und Instagram, um potenziellen Nachwuchs zu erreichen. Soldat:innen geben auf ihren privaten Accounts Einblicke in ihren Alltag und präsentieren so ein authentisches Bild ihres Berufslebens, wie beispielsweise im November 2024 vom rbb24 berichtet wurde. Diese Einblicke, die oft Hunderttausende Nutzer:innen erreichen, werden von der Bundeswehr als Teil einer modernen Kommunikationsstrategie gesehen, um die Öffentlichkeit über die Aufgaben und den Auftrag der Streitkräfte zu informieren.

Ein Beispiel hierfür ist die Soldatin Aileen-Tina H., bekannt als "diefrauhauptmann" in den sozialen Medien. Sie teilt regelmäßig Inhalte aus ihrem Berufsalltag, darunter Fotos in Uniform, Berichte über ihren Auslandseinsatz im Irak und ihre Tätigkeit als Presseoffizier, aber auch Bilder aus ihrem Privatleben, wie Fitnessaktivitäten, Festivalbesuche oder Urlaubsschnappschüsse. Der rbb24 hebt hervor, dass diese persönliche Darstellung einen Kontrast zur offiziellen Kommunikation der Bundeswehr bildet und insbesondere eine jüngere Zielgruppe anspricht.

Die Bundeswehr betont die Eigenständigkeit der Inhalte und die persönliche Meinungsäußerung der Soldat:innen. Entscheidend sei die klare Trennung zwischen privaten Ansichten und der offiziellen Position der Bundeswehr, die gemäß den Social-Media-Guidelines der Bundeswehr deutlich erkennbar sein muss. Die Nutzung von TikTok auf dienstlichen Geräten ist aufgrund von Datenschutzbedenken untersagt.

Hintergrund dieser Social-Media-Offensive ist der steigende Personalbedarf der Bundeswehr. Bis 2031 sollen 203.000 Soldat:innen erreicht werden. Laut Tagesschau (Stand Oktober 2024) liegt die aktuelle Personalstärke bei 181.600. Um das angestrebte Wachstum zu erzielen und altersbedingte Abgänge zu kompensieren, benötigt die Bundeswehr jährlich etwa 20.000 neue Rekrut:innen.

Die Social-Media-Aktivitäten sind eingebettet in eine umfassendere Werbekampagne, die auch Podcasts, Plakate und Webserien umfasst. Zielgruppe sind junge Menschen, die für den Dienst bei der Bundeswehr begeistert werden sollen. Die Ansprache reicht von actiongeladenen Videos im Stil von Videospielen bis hin zu persönlichen Einblicken in den Soldatenalltag. Kommunikationswissenschaftler Olaf Hoffjann von der Universität Bamberg sieht in dieser Strategie mit dem Fokus auf "Corporate Influencer" großes Potenzial, da Mitarbeitende als glaubwürdiger wahrgenommen werden als offizielle Vertreter:innen einer Organisation.

Die Reaktionen auf die Social-Media-Präsenz der Bundeswehr sind gemischt. Während manche Jugendliche, wie die 17-jährige Leni Straub aus Potsdam, die Darstellung auf TikTok als "cool und lässig" empfinden und sich dadurch zum Dienst motiviert fühlen, gibt es auch kritische Stimmen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 16. August 2024 über die Zweifel an der Authentizität der dargestellten Inhalte. Die oftmals positive Darstellung des Soldatenlebens wird als unrealistisch kritisiert und es wird bemängelt, dass wichtige Aspekte wie die Gefahren von Kampfeinsätzen und die psychischen Belastungen des Berufs zu wenig thematisiert werden.

Die Debatte um die Social-Media-Strategie der Bundeswehr zeigt die Herausforderungen der Personalgewinnung im digitalen Zeitalter. Die Bundeswehr nutzt die Reichweite sozialer Medien, um junge Menschen anzusprechen. Gleichzeitig muss sie sich mit der Kritik an der Authentizität und Vollständigkeit der präsentierten Informationen auseinandersetzen.

Quellen:

  • rbb24: Influencer-Soldat:innen zeigen ihren Alltag auf Tiktok und Co. (November 2024)
  • Tagesschau (Oktober 2024)
  • Süddeutsche Zeitung: Im Flecktarn durchs Netz (16. August 2024)
  • Horizont: Bundeswehr rekrutiert jetzt auch auf TikTok (06. Juni 2024)
Veröffentlich am 
November 22, 2024
 in Kategorie: 
Politik

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