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Hertha BSC wird den Aufstieg abhaken müssen Die 1:3-Niederlage von Hertha BSC bei Wehen Wiesbaden hat deutlich gemacht, dass die Berliner trotz ihrer individuellen Klasse weiterhin große Probleme haben. Probleme, die in dieser Saison wohl nicht mehr gelöst werden können. Seit Saisonbeginn krankt es bei Hertha BSC daran, wirklich Zusammenhängendes zu kreieren. Sei es über mehrere Spiele hinweg oder sogar nur 90 Minuten. Die Könige des Stückwerks. Und so torkelt die alte Dame wankelmütig durch diese Zweitligasaison. Eigentlich talentiert und durchaus ambitioniert zusammengestellt, lassen die Berliner schusselig immer wieder Punkte liegen. So auch am Samstagnachmittag bei der eigentlich leicht vermeidbaren 1:3-Niederlage beim SV Wehen Wiesbaden. Dabei schien zumindest das Problem der unnötigen Niederlagen gelöst worden zu sein. Hertha hatte seit Ende Oktober 2023 kein Pflichtspiel mehr verloren – insgesamt zehn Partien ohne Pleite hatten sich aneinandergereiht. Eine neue Form der Konstanz der Mannschaft, die sich final erst im Frühherbst zusammengefunden hatte. Doch auch in dieser positiven Serie gab es gleich mehrere Spiele, in denen die Berliner längst nicht an ihr Leistungsmaximum gestoßen sind. Siege gegen Hansa Rostock, den Karlsruher SC oder Hannover 96 wurden leichtfertig verschenkt. In diesen und weiteren Begegnungen waren es oftmals individuelle Fehler, die Hertha einen Strich durch die Rechnung machten. So zum Beispiel zwei Abwehrböcke von Innenverteidiger Marc Oliver Kempf gegen Fortuna Düsseldorf, die jeweils zu Elfmeter geführt hatten. "Als Fußballer muss du immer schauen, was kann passieren. Und nicht nachlassen, wenn es gerade läuft. Nach der Netto-Zeit eines Spiels musst du 60 Minuten voll fokussiert sein", definiert Pal Dardai auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Wiesbaden. Eine Rechnung, die auch am Samstagnachmittag nicht von seiner Mannschaft eingehalten wurde. Dabei begann alles so gut. Hertha zeigte in den ersten 20 Minuten der Begegnung einen spielerisch wirklich ansehnlichen Auftritt. Mit Neuzugang und Startelfdebütant Aymen Barkok auf der Spielmacherposition wirkte das Berliner Spiel nahezu gefällig. Die Raumaufteilung im 4-2-3-1 funktionierte, mit Barkok einen echten Zehner zu haben, tat offensichtlich gut. Immer wieder kam es zu schönen Kombinationen, die aber zu selten in wirklichen Torchancen mündeten. Herthas Spiel – so muss der Vorwurf lauten – ging in seiner besten Phase der Partie nicht über Ansätze hinaus. Auch wenn jene Ansätze für die Zukunft wichtig werden könnten. Aber wie sagte Dardai? "Nicht nachlassen, wenn es gerade läuft." Doch genau das tat Hertha. In der 24. Minute das 0:1, nahezu aus dem Nichts. Zuvor war Hertha allerdings schon passiver geworden und auch in der Torentstehung fehlte die Galligkeit. Der Doppelsechs aus Marton Dardai und Andreas Bouchalakis mangelte es an Zugriff, Wiesbaden durfte einfach machen. Ein Tor, entstanden aus eigener Nachlässigkeit. "Das 0:1 kam unerwartet und hat uns ein wenig das Genick gebrochen", bilanzierte Barkok nach dem Spiel. Dass Hertha aufgrund von Passivität und defensiver Nachlässigkeit Gegentore kassiert und so die Spielkontrolle unnötig abgibt, ist wohl das Kernproblem der laufenden Saison. Oftmals greift jenes Momentum aber erst, nachdem die Hauptstädter zumindest mit einem Tor führen. So aber musste Hertha einem Rückstand hinterherlaufen. Hertha bemühte sich zwar um den Ausgleich, doch hatte Wiesbaden durch das Gegentor bereits erlaubt, voll in seinem Spiel aufzugehen. Gegen das hessische Abwehrbollwerk wollte den Individualisten, die zu selten als offensive Einheit auftraten, nicht viel einfallen. Das Berliner Stückwerk prallte immer wieder an Wiesbadens Defensive ab. Stattdessen wurde der Drittligaaufsteiger regelmäßig gefährlich – vor allem über Umschaltmomente. Die oftmals hoch aufgerückten und dadurch entblößten Blau-Weißen ließen sich immer wieder von Wiesbadens Kontern überrumpeln und sahen dabei defensiv dramatisch schlecht aus. "Wir haben in der Restverteidigung nicht gut gestanden und nicht zugepackt, wenn wir in die Zweikämpfe hätten kommen können", so Kapitän Toni Leistner nach Abpfiff. Es war hochgradig naiv, wie Hertha in der 53. und der 72. Minute jeweils ausgekontert wurde und zwei weitere Gegentreffer kassierte. Das Ergebnis einer miserablen Abwehrleistung. Zwar konnte Jonjoe Kenny per sehenswertem Distanztreffer den zwischenzeitlichen Anschluss erzielen (59. Minute), doch es sollte beim 1:3-Endstand letztendlich nur Ergebniskosmetik sein. Eine Niederlage, die alte Probleme offenbarte und Fragen aufwirft. Denn es ist bekannt, dass Abwehrspieler Kempf immer wieder individuell Gegentore verschuldet. Auch gegen Wiesbaden enttäuschte der 28-Jährige. Es ist bekannt, dass die Doppelsechs aus Marton Dardai und Bouchalakis vor allem aufgrund von Tempodefiziten nicht funktioniert. Auch gegen Wiesbaden klaffte durch sie ein großes Loch im Zentrum. Es ist bekannt, dass Hertha mit viel Ballbesitz nur wenig einfällt. Neuzugang Barkok konnte hier nur punktuell für Abhilfe sorgen und es bleibt ein Krampf, gegen Abwehrreihen anzuspielen. Das Problem ist also nicht nur, dass Hertha Probleme hat. Das Problem ist vielmehr, dass nach 19 Spieltagen immer noch nicht die genauen Ursachen für jene Probleme gefunden sind. Liegt die fehlende Konstanz und Reife am Trainerteam? An den Spielern? An den vielen Verletzungen? Oder liegt es in solch einer Umbruchssaison schlicht in der Natur der Sache? Die Antworten sind nicht offen ausgebreitet, und so ist keine schnelle Besserung in Sicht. Es gibt Dinge, die kann ich nicht coachen, zeigte sich Pal Dardai bereits vor dem Spiel etwas ratlos, was gewisse Eigenschaften seiner Spieler angeht. Es scheint so, als würden Trainer und Mannschaft auch nach einigen Monaten noch immer fremdeln. Dardai findet zu selten die richtige Mischung für ein Spiel und wird durch individuelle Fehler von seinen Spielern im Stich gelassen. Es wird wohl nicht nur die laufende Saison in Anspruch nehmen. Die 1:3-Niederlage gegen Wehen Wiesbaden hat deutlich gemacht, dass Hertha BSC den Aufstieg in dieser Saison wohl abhaken muss. Die wiederkehrenden Probleme, wie individuelle Fehler in der Abwehr und mangelnde Kreativität im Spiel nach vorne, haben sich auch in dieser Partie gezeigt. Trotz einer längeren Serie ohne Niederlage und einigen vielversprechenden Ansätzen in einzelnen Spielen, fehlt es der Mannschaft von Trainer Pal Dardai an Konstanz und Reife. Die genauen Ursachen für diese Probleme sind weiterhin unklar und es bleibt abzuwarten, ob sie in Zukunft behoben werden können. Für Hertha BSC heißt es nun, den Fokus auf den DFB-Pokal zu legen und dort die Chance auf einen Erfolg zu nutzen.
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