Keine Diskriminierung in Kreuzberg?: Bezirksamt sieht keine Fehler beim Standesamt

Das Standesamt Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin ist in den letzten Wochen in die Schlagzeilen geraten, nachdem mehrere Beschwerden über mutmaßliche Diskriminierung eingegangen sind. In zwei Fällen fühlten sich eine Frau und zwei Männer bei der Beantragung von Dokumenten benachteiligt, was zu einer breiteren Diskussion über die Praktiken des Standesamtes und die Anwendbarkeit des deutschen Namensrechts führte. Der zuständige Stadtrat hat sich vehement gegen die Vorwürfe gewehrt und betont, dass die Entscheidungen des Standesamtes im Einklang mit den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen stehen.

Die ersten Beschwerden bezogen sich auf die Anerkennung eines vietnamesischen Namens. Eine Mutter, Ha Thanh Le Nguyen, wartete über ein halbes Jahr auf die Ausstellung einer Geburtsurkunde für ihre Tochter. Die Behörde verweigerte die Ausstellung, da sie den von der Mutter angegebenen Doppelnamen als nicht konform mit dem deutschen Namensrecht betrachtete. In der Begründung wurde angeführt, dass im vietnamesischen Namensrecht keine Doppelnamen existieren würden, was die Mutter als diskriminierend empfand. Tatsächlich hat die Mutter jedoch einen Doppelnamen, der sowohl in ihrer Einbürgerungsurkunde als auch in ihrem deutschen Personalausweis vermerkt ist.

Die Senatsinnenverwaltung bestätigte, dass sowohl die Mutter als auch das Kind deutsche Staatsangehörige sind und dass der Name der Mutter im Einbürgerungsprozess registriert wurde. Es wurde jedoch angemerkt, dass die Namensführung in der Geburtsurkunde nach dem Heimatrecht und nicht dem Einbürgerungsrecht beurteilt wird. Dies führte zu einem erheblichen bürokratischen Hin und Her, das schließlich durch die Einschaltung eines Anwalts und der Presse beschleunigt wurde. Die endgültige Lösung sah eine Anpassung des Namens in der Geburtsurkunde vor, wobei der Nachname der Mutter nun als Le und Nguyen als Beiname aufgeführt wird.

Die kritischen Stimmen, die die Handhabung des Standesamtes als diskriminierend empfanden, reflektieren ein größeres Problem innerhalb der deutschen Verwaltung. Es ist nicht das erste Mal, dass Beschwerden über Rassismus und Diskriminierung in der Verwaltung geäußert werden. Seit dem Inkrafttreten des Berliner Antidiskriminierungsgesetzes im Jahr 2020 wurden bereits über 1.500 Beschwerden registriert, von denen ein erheblicher Teil Rassismus als Hintergrund hatte. Die Ombudsstelle der Berliner Verwaltung hat in 558 Fällen eine Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit festgestellt.

Die zuständigen Behörden argumentieren, dass die Entscheidungen des Standesamtes in Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben getroffen wurden und dass es sich um eine Einzelfallprüfung handele, nicht um eine generelle Diskriminierung von Personen mit ausländischen Namen. Das Bezirksamt betont, dass die Bearbeitung jeder Anfrage unter Berücksichtigung der geltenden Gesetze erfolgt und die Behauptungen über Diskriminierung nicht aufrechterhalten werden können.

Die Diskussion um die Praktiken des Standesamtes in Kreuzberg wirft jedoch wichtige Fragen auf hinsichtlich der Integration und der Anerkennung kultureller Vielfalt innerhalb der deutschen Verwaltung. Während die Behörden versuchen, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, zeigt der Fall, dass es häufig zu Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Rechtslagen kommt. Das bedeutet, dass Personen, die einen ausländischen Namen tragen, möglicherweise mit Hürden konfrontiert sind, die nicht für deutsche Staatsbürger mit klassisch deutschen Namen gelten.

Ein weiterer Aspekt in der Diskussion ist die Sensibilität in der Wahrnehmung von Namen. Die Personalverantwortlichen in den Ämtern müssen bei der Bearbeitung von Anträgen auch die kulturellen Hintergründe der Namen berücksichtigen und gegebenenfalls Schulungen erhalten, um Diskriminierung zu vermeiden. Der Fall Le Nguyen ist ein Beispiel dafür, wie bürokratische Abläufe und mangelnde Sensibilität zu langwierigen Problemen führen können, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen.

Zusammenfassend zeigt der Vorfall im Standesamt Friedrichshain-Kreuzberg, dass trotz rechtlicher Rahmenbedingungen und betrieblichem Procedere, die Wahrnehmung und die Umsetzung von Integrationsmaßnahmen innerhalb der deutschen Verwaltung verbessert werden müssen. Es bleibt zu hoffen, dass die Diskussion um diese Thematik zu einer Sensibilisierung und einer Verbesserung der Handhabung von Fällen mit ausländischen Namen führt, um Diskriminierung in Zukunft zu vermeiden.

Der Fall hat auch das Interesse der Öffentlichkeit geweckt und setzt einen wichtigen Impuls für eine breitere Debatte über die Gleichbehandlung aller Bürger unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Namensrecht.

Quellen

Der Standard, dpa, Tagesspiegel

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