Berlin besonders stark von Kita-Fachkräftemangel betroffen
Der Mangel an qualifizierten Fachkräften in Kindertagesstätten ist ein deutschlandweites Problem. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt jedoch, dass Berlin hiervon besonders stark betroffen ist. Die Hauptstadt verzeichnet im Vergleich zu allen anderen Bundesländern den größten Rückgang an pädagogischen Fachkräften. Im Jahr 2022 erreichten nur noch 35 Prozent der Berliner Kita-Teams eine Fachkraftquote von mindestens 80 Prozent, im Jahr 2017 waren es noch 53 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 18 Prozentpunkten. Die dpa berichtet, dass die Analyse auf Daten vom 1. März 2023 basiert.
Bundesweit liegt der Durchschnitt der Kitas mit einer hohen Fachkraftquote bei 23 Prozent. Berlin liegt zwar noch darüber, die negative Entwicklung verdeutlicht aber die wachsende Problematik. Wie die dpa meldet, betrachtet der Sozialverband Deutschland diese Zahlen mit Sorge, besonders im Hinblick auf die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, die Inklusion und die Herausforderungen durch das sinkende Bildungsniveau.
Sinkende Fachkraftquote und steigende Belastung des Kita-Personals
Die Bertelsmann Stiftung stellt einen bundesweiten Rückgang der Fachkraftquote fest. Der Anteil der Fachkräfte mit mindestens einer Erzieher:innen-Qualifikation pro Kita-Team sank laut Stiftung von durchschnittlich 75,8 Prozent im Jahr 2017 auf 72,5 Prozent im Jahr 2023. Nur noch 32 Prozent der Kita-Teams erreichten 2023 eine hohe Fachkraftquote von mehr als 8 von 10 pädagogisch tätigen Personen, verglichen mit 41 Prozent im Jahr 2017.
Um den Kita-Betrieb trotz Personalmangels aufrechtzuerhalten, werden laut "BLZ" vermehrt Personen ohne pädagogische Ausbildung eingestellt. Die Anforderungen an die Qualifikation unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Kathrin Bock-Famulla, Mitautorin der Bertelsmann-Studie, erklärte gegenüber der dpa, dass beispielsweise in Baden-Württemberg auch Hebammen oder Logopäd:innen in Kitas arbeiten dürfen, während in Niedersachsen unter bestimmten Voraussetzungen auch Eltern oder Rentner:innen eingesetzt werden können. In Bayern sei es sogar möglich, dass eine Kita von einer Betriebswirtin ohne pädagogische Ausbildung geleitet wird.
Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung betonte laut dpa, dass eine vorübergehende Lockerung der Anforderungen in Notfällen vertretbar sei. Ein dauerhaftes Absenken des Fachkräfteanteils, wie es sich in vielen Bundesländern abzeichnet, dürfe es aber nicht geben. Die anspruchsvolle Arbeit mit Kindern erfordere entsprechende pädagogische Qualifikationen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert laut dpa nicht nur mehr Fachkräfte, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen. Eine "De-Professionalisierung" sei keine Lösung.
Die zunehmende Belastung des Fachpersonals durch die Einarbeitung von nicht einschlägig ausgebildeten Mitarbeitenden sieht Bock-Famulla als zusätzlichen Belastungsfaktor. Eine von der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen durchgeführte Befragung von über 21.600 Kita-Beschäftigten ergab, dass fast die Hälfte der Befragten sich täglich oder fast täglich überlastet fühlt. Das Abwanderungsrisiko ist laut Studie bei den 26- bis 30-Jährigen am höchsten.
Auswirkungen auf die Betreuungsqualität und Lösungsansätze
Trotz des Personalzuwachses werden zwei Drittel der Kinder in Gruppen betreut, die nicht das wissenschaftlich empfohlene kindgerechte Betreuungsverhältnis erfüllen. Die Herausforderungen sind in den westdeutschen Ländern größer als im Osten. Bock-Famulla betont die Bedeutung einer fundierten Ausbildung, um auf jedes Kind individuell eingehen und es fördern zu können. Die ersten Lebensjahre seien entscheidend für die emotionale, kognitive und motorische Entwicklung, so Bock-Famulla gegenüber der dpa.
Der Landeselternbeirat der Kindertageseinrichtungen sieht Quereinsteiger:innen unter bestimmten Bedingungen als sinnvolle Ergänzung im Kita-Team. Daniela Heimann, Sprecherin des Landeselternbeirats NRW, betonte gegenüber der dpa die Wichtigkeit einer Basisqualifikation von mindestens 160 Unterrichtsstunden für Quereinsteiger:innen, mit Schwerpunkt auf entwicklungspsychologischen Grundkenntnissen, Kindeswohl und Kinderschutz. Sie äußerte sich skeptisch gegenüber der Praxis in einigen Bundesländern, Quereinsteiger:innen ohne vorherige Qualifizierung einzusetzen.
Quellen:
- dpa
- Bertelsmann Stiftung, Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme
- BLZ
- Kita-Stimme.berlin