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Nach zwei Femiziden in Berlin: Sozialsenatorin fordert von Bundeskanzler Scholz besseren Schutz für Frauen

In Berlin hat die Diskussion um den Schutz von Frauen vor Gewalt und Femiziden an Dringlichkeit gewonnen, nachdem in der vergangenen Woche zwei Frauen von ihren Partnern ermordet wurden. Diese tragischen Vorfälle haben eine Welle der Empörung ausgelöst und führten zu einem öffentlichen Aufruf von Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD), der Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz, ein verbessertes Gewaltschutzgesetz vorzulegen.

Die Forderungen nach einem solchen Gesetz sind nicht neu, aber die jüngsten Ereignisse haben den Druck auf die Politik erhöht. Kiziltepe plädiert für Maßnahmen wie elektronische Fußfesseln für Männer, die wegen häuslicher Gewalt angezeigt wurden, sowie für die Einrichtung von mehr Täterkursen und effektiveren Schutzmechanismen für betroffene Frauen. Dabei betont sie die Notwendigkeit, Frauen in gefährdeten Situationen wirksam zu unterstützen.

Hintergrund der Femizide

Die beiden Femizide, die in Berlin stattfanden, sind Teil eines besorgniserregenden Trends. Im Jahr 2024 wurden bisher bereits elf Frauen in der Hauptstadt ermordet, lediglich aufgrund ihres Geschlechts. Experten warnen, dass die Dunkelziffer noch viel höher sein könnte, da viele Fälle von Gewalt gegen Frauen nicht gemeldet werden. Die Statistiken zeigen, dass der Anstieg von Femiziden und geschlechtsspezifischer Gewalt alarmierende Ausmaße angenommen hat.

Die Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) äußerte sich ebenfalls zu den Vorfällen und forderte sofortige Maßnahmen. „Wir müssen endlich etwas gegen diese brutalen Morde an Frauen tun“, sagte Badenberg und machte auf die Notwendigkeit aufmerksam, Gesetze zu verschärfen sowie bestehende Regelungen besser umzusetzen. Dies schließt die Forderung nach einer Novellierung des bestehenden Gewaltschutzgesetzes ein, um präventive Maßnahmen zu stärken.

Der Aufruf zur politischen Handlungsfähigkeit

In ihrem Appell an die Bundesregierung fordert Kiziltepe eine klare Positionierung und Handlungsfähigkeit im Kampf gegen Gewalt an Frauen. „Wir erleben nicht selten, dass sich gewalttätige Männer trotz Kontaktverboten Frauen nähern“, bemerkt Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die bestehenden Kontaktverbote seien oft nicht ausreichend, um Frauen wirklich zu schützen. Daher wird der Einsatz elektronischer Fußfesseln als eine Möglichkeit diskutiert, um potenzielle Täter zu überwachen und vorzeitig zu warnen, wenn sie sich nicht an die Vorgaben halten.

Aktuell prüft die Justizverwaltung in Berlin, wie solche Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene realisiert werden können. Bislang ist der Umgang mit Fußfesseln jedoch weitgehend Ländersache, was die Umsetzung erschwert.

Kritik an den Vorschlägen

Trotz der Dringlichkeit des Themas begegnen sowohl die Polizei als auch die Grünen den Vorschlägen skeptisch. Bahar Haghanipour, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, äußert Bedenken, dass Fußfesseln tatsächlich den notwendigen Schutz bieten und sieht in den Vorschlägen eine Ablenkung von den eigentlichen Problemen. Es sei wichtig, primär die betroffenen Frauen zu schützen und nicht nur auf präventive Maßnahmen zu setzen, die möglicherweise nicht ausreichen.

Die Polizeigewerkschaft GdP weist darauf hin, dass Fußfesseln bereits rechtlich möglich sind, diese jedoch nur selten angeordnet werden. Jendro warnt, dass ein Mann mit Tötungsabsichten durch eine Fußfessel nicht gestoppt werden könne und betont die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.

Präventionsmaßnahmen und Unterstützung für Frauen

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat ebenfalls auf die Herausforderungen hingewiesen und das Gewalthilfegesetz erwähnt, das derzeit in Arbeit ist. Dieses Gesetz soll betroffenen Frauen einen Anspruch auf Hilfe gewähren und mehr Prävention sowie Schutzplätze bieten. In Berlin mangelt es jedoch erheblich an solchen Schutzplätzen, obwohl laut der Istanbul-Konvention, die Deutschland 2017 ratifiziert hat, deutlich mehr Plätze erforderlich wären.

Aktuell gibt es in Berlin nur 462 Plätze für Frauen, die Schutz suchen, während die Istanbul-Konvention einen Bedarf von fast 1.000 Plätzen vorschreibt. Diese Diskrepanz verdeutlicht die Notwendigkeit, das Thema Gewaltschutz ernsthaft anzugehen und die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen.

Finanzielle Herausforderungen und politische Prioritäten

Die Diskussion um die Finanzierung von Frauenprojekten ist ein weiterer kritischer Punkt. Haushaltskürzungen haben bereits dazu geführt, dass wichtige Projekte nicht realisiert werden konnten. Nua Ursprung von der Berliner Initiative gegen Gewalt (BiG) fordert daher zusätzliche Präventionsangebote und verpflichtende Täterkurse, um die Situation zu verbessern.

Die BiG hat in den letzten Monaten einen Anstieg der Hilfesuchenden verzeichnet, was zeigt, dass der Bedarf an Unterstützungsangeboten enorm ist. Initiativen wie die Mädchen- und Frauenzentren in Friedrichshain-Kreuzberg sind von Kürzungen betroffen, was ihre Arbeit erheblich einschränkt.

Fazit und Ausblick

Die aktuellen Ereignisse haben eine notwendige Diskussion über den Schutz von Frauen in Deutschland angestoßen. Die Forderungen nach politischen Maßnahmen, die sowohl präventiv als auch reaktiv wirken, sind dringlich. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik auf die aufkommenden Herausforderungen reagiert und die notwendigen Schritte unternimmt, um Frauen in Deutschland besser zu schützen und Gewalt gegen Frauen entschieden zu bekämpfen.

Die Herausforderungen sind groß, aber der Wille zur Veränderung und zur Umsetzung effektiver Maßnahmen ist unerlässlich, um in Zukunft solche Tragödien zu verhindern und ein sicheres Umfeld für alle Frauen zu schaffen.

Quellen: Der Tagesspiegel, taz

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 in Kategorie: 
Politik

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