Die hohe Spielbelastung im Profisport, besonders im Fußball, wird zunehmend kritisch hinterfragt. Trainer und Spieler äußern Bedenken hinsichtlich der dichten Terminkalender, der vielen Reisen und der unzureichenden Regenerationszeit. Die steigende Anzahl der Spiele ist eng mit der Kommerzialisierung des Sports und der Erschließung neuer Märkte verknüpft, wie Sportwissenschaftler Dr. Jörg Jacobs im Gespräch mit rbb|24 erläutert (rbb|24, 04.12.2024).

Trotz großer Kader, die im Fußball prinzipiell die Möglichkeit bieten, Spieler zu schonen, sind Vereine im Kampf um den Erfolg auf ihre Leistungsträger angewiesen. Top-Spieler, die zusätzlich in ihren Nationalmannschaften spielen, kommen laut Jacobs auf bis zu 70 Spiele pro Jahr. Zusammen mit den damit verbundenen Reisen stellt dies, besonders aufgrund der speziellen Belastungsart im Fußball, eine enorme Beanspruchung dar.

Im Gegensatz zu Sportarten wie Basketball oder Eishockey, wo drei Spiele in fünf Tagen üblich sind, zählt Fußball zu den sogenannten "Low-Scoring-Sportarten". Jede Aktion, ob erfolgreich oder nicht, hat im Fußball eine hohe Bedeutung und kann spielentscheidend sein, so Jacobs. Dies unterscheidet Fußball deutlich von Sportarten wie Basketball, wo die Spielzeit anders verteilt ist und Star-Spieler innerhalb eines Spiels Pausen erhalten können. Die Belastungssteuerung ist im Basketball und Eishockey durch den fliegenden Wechsel deutlich einfacher.

Die Frage nach der Vereinbarkeit von Belastung und Erholung im Spitzenfußball, beispielsweise bei Champions-League-Teilnehmern, beantwortet Jacobs differenziert. Athleten auf diesem Niveau verfügen über eine hohe Belastbarkeit, dennoch kommt es gerade bei hoher Spielfrequenz und mangelnder Regeneration zu schweren Verletzungen. Als Beispiel nennt der Sportwissenschaftler RB Leipzig Trainer Marco Rose, der öffentlich erklärte, dass ein Spieler nach einer Verletzung aufgrund einer „zu riskanten Belastungssteuerung“ erneut ausgefallen sei (rbb|24, 04.12.2024).

Rose zufolge müssen Spieler oft spielen, obwohl sie nicht vollständig genesen sind. "Wir bewegen uns da auf der Rasierklinge", wird der Trainer zitiert. Größere Kader seien keine adäquate Lösung, da die Qualität abnähme und Spieler zu wenig Spielpraxis erhielten. Der ständige Erfolgsdruck zwinge Vereine, die Belastungssteuerung zu vernachlässigen. Im Fußball sei die Situation anders als im Basketball oder Eishockey, wo die Spielzeit bzw. Eiszeit flexibler auf mehrere Spieler verteilt werden kann.

Auch die Forderung nach einer maximalen Anzahl an Spielen, wie sie zum Beispiel von Vincent Kompany gefordert wurde, hält Jacobs für unrealistisch. Solange Vereine, Verbände und Spieler nicht gemeinsam an einer Lösung arbeiten, sei keine Besserung in Sicht. Die aktuelle Entwicklung tendiere dazu, die Gesundheit der Spieler weniger zu berücksichtigen, insbesondere wenn höhere Verletzungsraten in Kauf genommen werden. Theoretisch könnte die Spielzeit zwar verteilt werden, der Erfolgsdruck mache dies aber praktisch unmöglich.

Quellen:

rbb|24. (04.12.2024). "Wir bewegen uns auf der Rasierklinge".

Veröffentlich am 
December 4, 2024
 in Kategorie: 
Sport

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