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Berlin: Weniger Kinder gehen in die Kita – ist die sinkende Geburtenrate schuld?

Berlin: Weniger Kinder gehen in die Kita – ist die sinkende Geburtenrate schuld?

In Berlin wurde kürzlich ein Rückgang der Kinderzahlen in den Kindertagesstätten (Kitas) festgestellt. Laut dem Landesamt für Statistik Berlin-Brandenburg besuchten am 1. März 2024 nur noch 169.449 Kinder Kitas, während es ein Jahr zuvor noch 171.686 waren. Dies stellt das erste Mal seit mehreren Jahren dar, dass die Anzahl der Kita-Kinder gesunken ist. Die Zahlen zeigen, dass im Jahr 2015 lediglich 146.583 Kinder in Berliner Kitas betreut wurden, was einen signifikanten Anstieg in den letzten Jahren verdeutlicht.

Ein möglicher Grund für diesen Rückgang könnte die sinkende Geburtenrate in Berlin sein. Während im Jahr 2021 noch 39.168 Kinder lebend geboren wurden, sank diese Zahl bis 2023 auf lediglich 34.120. Diese Abnahme lässt sich in einen größeren Kontext einordnen, in dem nicht nur Berlin, sondern auch andere Regionen Deutschlands von einem Geburtenrückgang betroffen sind.

Ursachen für den Rückgang

Die Ursachen für die sinkende Geburtenrate sind vielschichtig. So hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung festgestellt, dass sich der Trend insgesamt in Deutschland zeigt. Die Geburtenrate ist von 1,57 Kindern pro Frau im Jahr 2021 auf nur 1,36 Kinder im Jahr 2023 gefallen und stellt den niedrigsten Wert seit 2009 dar. Diese Entwicklung wird durch verschiedene gesellschaftliche und wirtschaftliche Faktoren beeinflusst, die Paare dazu veranlassen, ihre Familienplanung zu überdenken.

Ein zentraler Aspekt ist die Unsicherheit, die mit den aktuellen Krisen einhergeht. Die Corona-Pandemie, die Inflation und der Krieg in der Ukraine haben viele Menschen verunsichert. In Zeiten wirtschaftlicher Instabilität ziehen es viele Paare vor, ihre Kinderwünsche aufzuschieben, bis sie sich in ihrer finanzielle Lage sicherer fühlen. Diese Unsicherheit führt zu einer Verzögerung in der Familienplanung und hat weitreichende Auswirkungen auf die Kinderzahlen in Kitas.

Außerdem zeigt eine Umfrage, dass viele junge Erwachsene zwischen 25 und 34 Jahren sich Sorgen über Überbevölkerung, Klimawandel und Ressourcenknappheit machen. Diese Bedenken können dazu führen, dass Paare sich gegen Kinder entscheiden oder ihre Kinderwünsche auf später verschieben. In Verbindung mit dem steigenden Durchschnittsalter der Erstgebärenden – in Berlin liegt es bei 31 Jahren – entsteht ein weiteres Hindernis für die Geburtenrate.

Bedeutung für die Kitas

Die Auswirkungen der sinkenden Geburtenrate auf die Kitas sind spürbar. Die Mehrheit der Kita-Kinder in Berlin wird in Einrichtungen von freien Trägern betreut, und zum 1. März 2024 gab es insgesamt 2.563 solcher Einrichtungen sowie 298 Einrichtungen öffentlicher Träger. Der Rückgang der Kinderzahlen könnte jedoch auch Auswirkungen auf die Finanzierung und Unterstützung dieser Einrichtungen haben, da weniger Kinder weniger finanzielle Mittel bedeuten könnten.

Die Fachkräftesituation in den Kitas ist ein weiterer Faktor, der die Qualität der Betreuung beeinflussen kann. Der Fachkräftemangel in den Kitas ist bereits ein drängendes Problem, und ein Rückgang der Kinderzahlen könnte dazu führen, dass Träger weniger Ressourcen zur Verfügung haben, um qualifiziertes Personal zu halten und zu gewinnen. Dies könnte die Betreuungsqualität weiter beeinträchtigen und könnte Eltern davon abhalten, mehr Kinder zu bekommen.

Gesellschaftliche Perspektiven

Die gesellschaftliche Wahrnehmung und die Normen bezüglich der Familienplanung ändern sich ebenfalls. Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigen die Ergebnisse, dass die traditionelle Norm, eigene Kinder zu haben, an Einfluss verliert. Die Herausforderungen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, führen dazu, dass viele Frauen und Männer ihre Kinderwünsche aufgeben oder erst gar nicht in Betracht ziehen.

Ein weiteres Problem ist die Vereinbarkeit von Familie und Karriere, die häufig als herausfordernd empfunden wird. Während in den letzten Jahren viel für die Verbesserung der Vereinbarkeit getan wurde, bleibt der mentale Druck, den viele Eltern empfinden, häufig unbearbeitet. Dies könnte dazu führen, dass Paare sich gegen eine Familiengründung entscheiden, da sie glauben, dass sie die Anforderungen nicht erfüllen können.

Fazit

Der Rückgang der Kinderzahlen in den Kitas Berlins steht in engem Zusammenhang mit der sinkenden Geburtenrate und den zahlreichen Herausforderungen, mit denen junge Paare heute konfrontiert sind. Unsicherheiten durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisen, die unzureichende Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die veränderten gesellschaftlichen Normen spielen eine entscheidende Rolle in der Familienplanung. Die Entwicklung könnte auf lange Sicht nicht nur die Kitas betrafen, sondern auch die gesamte Gesellschaft, da weniger Kinder in der Folge auch weniger zukünftige Arbeitskräfte und weniger gesellschaftliche Stabilität bedeuten könnten.

Die Situation erfordert eine umfassende Diskussion über die Unterstützung von Familien und die Notwendigkeit, Bedingungen zu schaffen, die es Paaren ermöglichen, ihre Kinderwünsche in die Tat umzusetzen. Um die Geburtenrate nachhaltig zu steigern, bedarf es weitreichender Anreize, die sowohl finanzielle Unterstützung als auch qualitativ hochwertige Betreuung umfassen müssen.

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 in Kategorie: 
Politik

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