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Wie sich Berlins Fernwärme als Landesbetrieb neu erfindet

Wie sich Berlins Fernwärme als Landesbetrieb neu erfindet

Im Mai 2024 hat das Land Berlin den Rückkauf des größten Fernwärmenetzes Westeuropas von der Vattenfall Wärme AG vollzogen. Diese bedeutende Entscheidung stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der Energieversorgung der Hauptstadt dar und wird als ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Wärmeversorgung in Berlin angesehen. Der Kaufpreis von etwa 1,4 Milliarden Euro für neun Kraftwerke sowie umfangreiche Leitungen markiert den Neustart der Berliner Fernwärmeversorgung als Landesbetrieb.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, bezeichnete den Rückkauf als „historischen Tag“ und betonte die strategische Bedeutung der Fernwärmeversorgung für die Transformation der Energieversorgung in der Stadt. Mit der Übernahme wird erwartet, dass die Versorgung der Berliner Bürger mit Wärme nicht nur sicherer, sondern auch nachhaltiger und preiswerter wird.

Hintergrund der Rekommunalisierung

Die Geschichte der Fernwärme in Berlin reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Die frühere städtische Energieversorgung, die 1884 mit der Gründung der „Städtischen Electricitäts-Werke zu Berlin“ begann, hat sich im Laufe der Jahre erheblich weiterentwickelt. Der Verkauf der BEWAG an Vattenfall im Jahr 2005 stellte jedoch einen Rückschritt in der öffentlichen Daseinsvorsorge dar. Der Senat von Berlin sah sich vor zwei Jahren mit der Herausforderung konfrontiert, die Kontrolle über die Fernwärmeversorgung zurückzuerlangen, als Vattenfall sein Wärmegeschäft einer strategischen Neubewertung unterzog.

Mit dem Ziel, die Wärmeversorgung in öffentliche Hände zurückzuführen und somit die Versorgungssicherheit zu erhöhen, hat der Senat die Chance ergriffen, grundlegende Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Die Berliner Fernwärme deckt ein Drittel des Wärmebedarfs der Stadt und soll künftig noch mehr Haushalte erreichen. Dies wird als ein wesentlicher Schritt angesehen, um den Grundbedürfnissen der 3,9 Millionen Einwohner gerecht zu werden.

Die Herausforderung der Transformation

Ein zentraler Punkt der Übernahme ist die Notwendigkeit, die Energieerzeugung umzustrukturieren. Derzeit stammen etwa 18 Prozent der CO₂-Emissionen Berlins aus den Kraftwerken von Vattenfall, da die Fernwärme überwiegend aus Erdgas und Steinkohle produziert wird. Der Anteil nachhaltiger Energieträger beträgt nur etwa 5 Prozent. Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Energiemix erheblich diversifiziert werden.

Für die Zukunft der Berliner Fernwärme sind verschiedene erneuerbare Energiequellen vorgesehen, darunter Wasserstoff, Biomasse, Geothermie und Abwärme aus Industrieanlagen. Auch innovative Technologien wie große Wärmepumpen und die Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren sollen eine Rolle spielen.

Strategische Planung und Dekarbonisierung

Die Erarbeitung einer umfassenden Strategie zur Dekarbonisierung wird eine der ersten Herausforderungen des neuen Unternehmens, der BEW Berliner Energie und Wärme AG, sein. Diese Strategie muss sicherstellen, dass die neuen Energiequellen effizient und wirtschaftlich genutzt werden können, um sowohl die Umweltziele als auch die Rentabilität des Unternehmens zu gewährleisten.

Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey hebt hervor, dass die Bewertung des Unternehmens im Rahmen des Kaufpreises auf konsequenten Investitionen in den Klimaschutz basieren sollte. Der Rückkauf der Fernwärme wird als wichtigster energiepolitischer Meilenstein dieses Jahrzehnts betrachtet und ist vergleichbar mit der Gründung der ersten öffentlichen Elektrizitätsgesellschaft vor mehr als 140 Jahren.

Der Weg zu nachhaltiger Fernwärme

Um die Herausforderungen des Umbaus der Fernwärme zu bewältigen, ist die Zusammenarbeit mit verschiedenen Stakeholdern notwendig. Experten betonen, dass die Berliner Fernwärmeversorgung nach wie vor monopolartig strukturiert ist, was sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Ein Umbau der Infrastruktur könnte neue Wettbewerbsbedingungen schaffen und die Preise für Verbraucher senken.

Das Fernwärmenetz in Berlin, das etwa 2.000 Kilometer umfasst, wird künftig auf eine Vielzahl von Wärmequellen zurückgreifen müssen, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Abwärme aus Industriebetrieben, Flusswasser und Abfallverbrennung könnten zu bedeutenden Bausteinen der zukünftigen Wärmeversorgung werden.

Die Relevanz für die Bürger

Für die Berliner Bürger bedeutet die Rekommunalisierung der Fernwärmeversorgung nicht nur eine Verbesserung der Versorgungssicherheit, sondern auch eine nachhaltige und bezahlbare Wärmeversorgung. Die Entscheidung wird als wichtiger Schritt gesehen, um Berlin als Vorbild für andere Kommunen in Deutschland zu positionieren, die ebenfalls mit der Herausforderung der Energieversorgung konfrontiert sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Rückkauf des Fernwärmenetzes durch das Land Berlin einen bedeutenden Fortschritt in der städtischen Energiepolitik darstellt. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, wie erfolgreich die Transformation zur klimaneutralen Wärmeversorgung in der Hauptstadt umgesetzt werden kann.

Diese Entwicklungen sind insbesondere vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise von großer Bedeutung, da Städte eine zentrale Rolle bei der Reduzierung von Emissionen und der Förderung nachhaltiger Energiequellen spielen müssen.

In den kommenden Monaten und Jahren wird die BEW Berliner Energie und Wärme AG intensiv daran arbeiten, die Herausforderungen der modernen Energieversorgung zu meistern und die Weichen für eine nachhaltige Zukunft zu stellen.

Quellen

Der Artikel basiert auf Informationen der folgenden Quellen:

Der Tagesspiegel, dpa, rbb24

Veröffentlich
 in Kategorie: 
Wirtschaft

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