BVG-Betriebsvorstand Erfurt geht: Verlässt hier der Lotse das sinkende Schiff?

Der Betriebsvorstand der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Rolf Erfurt, hat angekündigt, das Unternehmen zum Ende des Jahres zu verlassen. Diese Entscheidung wurde offiziell in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, die am 18. Oktober 2024 veröffentlicht wurde. In dieser Mitteilung heißt es, dass unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung der BVG zu diesem Schritt geführt haben. Erfurt hat seit mehr als fünf Jahren die Verantwortung für die Technik und die Betriebsabläufe des Unternehmens getragen.

Erfurts Abgang kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für die BVG, die derzeit mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert ist. Insbesondere die Pünktlichkeit im U-Bahn- und Busverkehr ist stark gesunken, was zu wachsender Unzufriedenheit unter den Fahrgästen und Mitarbeitern geführt hat. Die BVG verzeichnete zuletzt eine Pünktlichkeitsrate von unter 90 Prozent, während die Zahl der beförderten Fahrgäste in diesem Jahr voraussichtlich über 1,1 Milliarden liegen wird.

Die BVG hat auch mit erheblichen Verzögerungen bei der Lieferung neuer U-Bahn-Wagen zu kämpfen. Der Zughersteller Stadler, der mit der Lieferung der ersten 110 neuen Fahrzeuge betraut ist, hat angekündigt, dass die Auslieferung aufgrund von Softwareproblemen und anderen Verzögerungen erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 beginnen kann. Diese Situation hat dazu geführt, dass die BVG gezwungen war, ihren Fahrplan in mehreren Bereichen zu reduzieren, um der anhaltenden Unzuverlässigkeit entgegenzuwirken.

Die Vorsitzende des BVG-Aufsichtsrats und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hat Erfurt für seine „ausgezeichnete Arbeit und sein hohes Engagement“ gedankt. Der Vorstandsvorsitzende Henrik Falk wird bis zur Ernennung eines Nachfolgers die zusätzlichen Aufgaben im Betriebsressort übernehmen. Es wird jedoch angenommen, dass dies zu einer Überlastung führen könnte, da Falk bereits mit den Herausforderungen des Unternehmens konfrontiert ist.

Die Probleme der BVG im Detail

Die Berliner Verkehrsbetriebe stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die sich über Jahre angestaut haben. Zu den hauptsächlichen Problemen zählen:

- Hohe Ausfallquoten bei U-Bahn und Buslinien - Veraltete Fahrzeugflotte, die im Durchschnitt seit etwa 30 Jahren im Einsatz ist - Hohe Krankenstände unter den Fahrern, die zu weiteren Einschränkungen im Betriebsablauf führen - Mangelnde Investitionen und Probleme bei der Beschaffung neuer Fahrzeuge

Bereits in der Vergangenheit wurde mehrfach auf die Defizite in der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der BVG hingewiesen. Die jüngsten Ausfälle und Verspätungen haben nicht nur Auswirkungen auf die Fahrgäste, sondern auch auf das gesamte System der Berliner Verkehrsbetriebe. Kritische Stimmen, einschließlich der des Fahrgastverbands Igeb, äußerten Bedenken, dass Erfurts Abgang zum schlechtesten Zeitpunkt erfolgt, gerade in einer Phase, in der das Unternehmen dringend Stabilität benötigt.

Die BVG plant, bis 2030 ihren gesamten Bus-Fuhrpark auf Elektroantriebe umzustellen, jedoch gibt es bereits jetzt Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses Ziels. Der Bau benötigter Betriebshöfe für Elektrobusse verzögert sich, und die Politik hat die finanziellen Mittel, die für den Kauf neuer Elektrobusse zugesichert wurden, wieder entzogen. Diese Rahmenbedingungen erschweren die zeitgerechte Erneuerung des Fuhrparks erheblich.

Fazit und Ausblick

Der Rücktritt von Rolf Erfurt stellt einen bedeutenden Einschnitt für die BVG dar, die sich in einer akuten Krisensituation befindet. Die Verschärfung der Probleme im öffentlichen Nahverkehr wird in den kommenden Monaten eine Herausforderung darstellen, sowohl für die Unternehmensleitung als auch für die zuständigen politischen Akteure. Der neue Vorstand muss in der Lage sein, die anhaltenden Schwierigkeiten anzugehen und Lösungen zu finden, die sowohl die Betriebsabläufe stabilisieren als auch das Vertrauen der Fahrgäste zurückgewinnen.

Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen die BVG ergreifen wird, um die aktuelle Situation zu verbessern und ob die neuen Strukturen tatsächlich zu einem Umdenken innerhalb des Unternehmens führen können. Die anhaltende Unzufriedenheit unter den Fahrern und die Herausforderungen bei der Fahrzeugbeschaffung sind nur einige der Punkte, die dringender Handlungsbedarf erfordern.

In der kommenden Zeit wird die Aufmerksamkeit auf der BVG liegen, insbesondere darauf, wie das Unternehmen die Herausforderungen, die durch den Abgang Erfurts entstanden sind, meistern wird und ob es gelingt, die Wende hin zu einem stabileren und zuverlässigeren öffentlichen Nahverkehr zu schaffen.

Quellen: rbb24, dpa, Tagesspiegel

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 in Kategorie: 
Wirtschaft

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