Einstige Goebbels-Villa am Bogensee: Berlin will Großgrundbesitz weder verkaufen noch verschenken

Das Areal am Bogensee, das einst im Besitz von Joseph Goebbels, dem Propagandaminister des nationalsozialistischen Regimes, war, steht seit Jahren im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen. Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) geriet in den Fokus der Medien, als er im Mai 2024 ankündigte, das Grundstück, das auch die Ruinen der ehemaligen Villa von Goebbels umfasst, notfalls sogar verschenken zu wollen. Diese Aussage sorgte für Aufsehen und warf Fragen hinsichtlich der künftigen Nutzung des Areals auf.

Das Gelände, das sich in der brandenburgischen Gemeinde Wandlitz befindet, umfasst etwa 17 Hektar und ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt. Ursprünglich hatte Goebbels dort ein Landhaus errichten lassen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Areal kurzfristig als Lazarett von den Alliierten genutzt, bevor es 1946 der Freien Deutschen Jugend (FDJ) übergeben wurde, die dort eine Jugendhochschule gründete. In den letzten zwei Jahrzehnten ist das Gelände stark verfallen.

Die Idee, das Gelände zu verschenken, stieß nicht nur auf positive Resonanz. Die Gemeinde Wandlitz, die direkt an das Areal grenzt, hat Bedenken geäußert. Bürgermeister Oliver Borchert, der zur Freien Bürgergemeinschaft gehört, nannte die Äußerungen von Evers unangebracht und warf ihm vor, die historische Bedeutung des Grundstücks nicht ausreichend zu berücksichtigen. Er äußerte auch die Besorgnis, dass radikale Gruppierungen, insbesondere aus dem sogenannten „Reichsbürger“-Milieu, versuchen könnten, das Gelände zu übernehmen. „Ich habe für solche Aussagen kein Verständnis“, erklärte Borchert gegenüber der Presse. „Was ich nicht gerne sehen würde, ist, dass das Land Berlin das Areal an irgendeinen Privaten verschenkt, der dann ideologische Ziele mit der Liegenschaft verfolgt.“

Das Areal hat eine vielschichtige Geschichte, die nicht nur mit Goebbels verbunden ist. Seit dem Rückzug der FDJ im Jahr 2000 hat das Grundstück keine klare Nutzung mehr erfahren. In diesem Zusammenhang ist die finanzielle Belastung durch die notwendigen Sicherungsmaßnahmen, die sich auf Millionen Euro jährlich belaufen, ein drängendes Problem für den Berliner Senat. Evers betonte, dass die Stadt sich nicht zögerlich zeigen wolle, wenn es um sinnvolle Nutzungskonzepte gehe, die dem historischen Erbe gerecht werden. „Sollte das aber einmal mehr ins Leere führen wie in den vergangenen Jahrzehnten, dann hat das Land Berlin keine andere Möglichkeit, als den Abriss zu vollziehen, wie er jetzt vorbereitet und von uns adressiert ist“, erklärte Evers.

Das Bundesbauministerium hat in Reaktion auf die Entwicklungen mitgeteilt, dass derzeit Gespräche mit den betroffenen Akteuren stattfinden. Allerdings gab es keine spezifischen Kommentare zur Position des Finanzsenators. Berlin ist auf der Suche nach neuen Ideen für das Areal, wobei einige Stimmen in der Gemeinde und im Landkreis Barnim eine Sanierung und Weiternutzung anstreben, um einen Abriss zu vermeiden.

Die Gemeinde Wandlitz hat in diesem Zusammenhang bereits Fördermittel aus dem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ beantragt. Bürgermeister Borchert führt aus, dass eine Summe zwischen 500.000 und 600.000 Euro geschätzt wird, um das Gelände in einen Zustand zu versetzen, der eine sinnvolle Nutzung ermöglicht. Zu den Überlegungen für eine zukünftige Nutzung gehören unter anderem die Errichtung eines „Zentrums für Resilienzforschung für die Demokratie“, die Schaffung eines Hochschul-Campus, die Einrichtung einer Reha-Klinik sowie die Möglichkeit, eine Bundesbehörde anzusiedeln.

Die Gemeinde plant, sich mit der Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM) zu beraten, um eine nachhaltige Lösung zu finden. Ein erster Beratungstermin ist für Mitte Mai vorgesehen. Zunächst ist auch eine Zwischennutzung angedacht, wobei Überlegungen zu einer Übungsstätte für die Bundespolizei aufkamen. Diese Idee wurde jedoch von der Gemeinde abgelehnt, da man das Gelände nicht als Trainingsort für polizeiliche Einsätze sehen möchte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zukunft des Bogensee-Areals und der Goebbels-Villa nach wie vor ungewiss ist. Während der Finanzsenator und die Stadtverwaltung versuchen, eine Lösung zu finden, bleiben die Bedenken vor Ort hinsichtlich der möglichen ideologischen Instrumentalisierung des Geländes bestehen. Der Diskurs über die Nutzung und den Erhalt dieses geschichtsträchtigen Ortes wird in den kommenden Monaten weiter an Bedeutung gewinnen. Die Diskussion über die historische Verantwortung und die kulturelle Identität in Deutschland bleibt auch hier ein zentrales Thema.

In Anbetracht der geschichtlichen Relevanz des Areals wird sich zeigen, ob die Initiative, einen neuen Weg für die Nutzung des Geländes zu finden, tatsächlich zu positiven Ergebnissen führen kann oder ob die Geschichte des Ortes weiterhin von Verfall und Untätigkeit geprägt bleibt.

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