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Neubau in Berlin kommt nicht voran: Weniger Sozialwohnungen im ersten Halbjahr fertiggestellt

In Berlin hat sich die Situation im Wohnungsbau im ersten Halbjahr 2024 weiter verschärft. Laut einer Analyse der Bulwiengesa AG hat die Anzahl der neu begonnenen Projektentwicklungen signifikant abgenommen. Der Rückgang beträgt fast zwölf Prozent im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2023. Dies betrifft sowohl den allgemeinen Wohnungsbau als auch speziell den Bau von Sozialwohnungen, wo die Regierung weiterhin hinter ihren selbst gesetzten Zielen zurückbleibt.

Die politische Diskussion über die Wohnungskrise in Berlin zeigt, dass die Bauwirtschaft unter einem hohen Druck steht, der durch gestiegene Baukosten und Zinsen noch verstärkt wird. Robert Feiger, der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), beschreibt die Situation als eine „absolute Ausnahmesituation“, in der der Bedarf an neuem Wohnraum auf die exorbitanten Baukosten trifft.

Rückgang der Baugenehmigungen

Die Zahl der Baugenehmigungen hat im ersten Halbjahr 2023 um rund 27,2 Prozent abgenommen, was zu einem drastischen Rückgang der neuen Wohnungsbauprojekte führt. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden in diesem Zeitraum nur 135.200 Wohnungen genehmigt, was 50.600 Einheiten weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht. Ökonomen und Fachleute warnen vor dem drohenden jahrelangen Rückgang im Wohnungsbau, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht grundlegend verbessern.

Der Bedarf an Sozialwohnungen

Ein besonders drängendes Problem ist der Mangel an Sozialwohnungen. Schätzungen zufolge fehlen in Deutschland derzeit rund 700.000 Sozialwohnungen, was auf eine Rekord-Zuwanderung und die damit verbundene Nachfrage zurückzuführen ist. Matthias Günther, Leiter des Pestel Instituts, weist darauf hin, dass der Bestand an Sozialwohnungen nicht in der Lage ist, den Bedarf zu decken. Aktuell gibt es in Deutschland nur noch rund 1,072 Millionen Sozialwohnungen – ein Zahlenvergleich zeigt, dass es 2006 noch über zwei Millionen waren.

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, bis zum Ende der Legislaturperiode 400.000 neue Sozialwohnungen zu schaffen, von denen 100.000 in der Hauptstadt Berlin entstehen sollten. Im Jahr 2023 wurden jedoch nur 49.430 Sozialwohnungen errichtet, was bedeutet, dass das Ziel nicht einmal zur Hälfte erreicht wurde. Ceren Lay von der Linken kritisierte die Ampelkoalition scharf und bezeichnete die Situation als „Fiasko“.

Die Situation in Berlin

In Berlin selbst verzeichnete der Wohnungsbau ebenfalls einen Rückgang. Im letzten Jahr wurden lediglich 15.965 Wohnungen fertiggestellt, was die Zielmarke von 20.000 deutlich verfehlt. Bausenator Christian Gaebler erklärte dies mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und bezeichnete das Ergebnis als „gut“, obwohl die Zahlen darauf hindeuten, dass die Stadt für den dringend benötigten Wohnraum nicht die notwendigen Fortschritte macht.

Ein Lichtblick ist, dass die Anzahl der Förderbewilligungen für Sozialwohnungen 2023 auf 4.340 gestiegen ist. Allerdings sind darunter auch viele Maßnahmen für die Modernisierung bestehender Wohnungen, was die Neubauzahlen nicht signifikant erhöht. Trotz der ausgebauten Förderung bleibt die angestrebte Zahl von 5.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr unerreicht.

Ausblick und Forderungen

In Anbetracht der aktuellen Lage fordern verschiedene Akteure, darunter der Deutsche Mieterbund (DMB), ein Sofortprogramm, um die verbleibenden Sozialwohnungen zu sichern und langfristig zu binden. DMB-Präsident Lukas Siebenkotten betont die Notwendigkeit eines strukturierten Konzepts, um den Schwund an Sozialwohnungen zu stoppen und eine dauerhafte soziale Bindung zu schaffen.

Die Herausforderungen in der Bauwirtschaft, insbesondere im sozialen Wohnungsbau, sind vielfältig. Der anhaltende Mangel an Fachkräften, hohe Materialpreise und steigende Zinsen setzen die Bauunternehmen unter Druck, sodass viele Projekte möglicherweise nicht realisiert werden können. Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), stellte fest, dass viele neue Projekte derzeit kaum vorstellbar sind, solange die Kosten und Zinsen so hoch bleiben.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Neubau in Berlin nicht nur aufgrund von äußeren wirtschaftlichen Faktoren ins Stocken geraten ist, sondern auch durch interne politische Herausforderungen und unzureichende Maßnahmen zur Bewältigung der Wohnungsnot. Die steigende Zahl der Sozialwohnungen ist ein wichtiges Ziel, das sowohl von der Regierung als auch von den kommunalen Behörden angestrebt wird, jedoch bisher nicht in ausreichendem Maße erreicht wurde. Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob es gelingt, die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau zu verbessern und die dringend benötigten Sozialwohnungen tatsächlich zu realisieren.

Quellen: Der Standard, dpa, Tagesspiegel, IG Bau, Pestel Institut, Statistisches Bundesamt

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Politik

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