Niqab und Autofahren: Religionsfreiheit vs. Verkehrssicherheit
Das Tragen eines Niqab am Steuer eines Autos bleibt weiterhin verboten. Das Verwaltungsgericht Berlin hat am Montag die Klage einer Muslimin abgewiesen, die eine Ausnahmegenehmigung für das Tragen des Gesichtsschleiers beim Autofahren beantragt hatte. Wie der rbb24 berichtet, begründete das Gericht seine Entscheidung mit der Notwendigkeit, die Identität von Autofahrern eindeutig feststellen zu können, um Verkehrsverstöße effektiv verfolgen zu können.
Die Klägerin, eine 33-jährige Mutter von drei Kindern, argumentierte, dass das Verbot ihre Religionsfreiheit einschränke. Wie rbb24 ausführt, konvertierte sie 2016 zum Islam und sieht das Tragen des Niqab als religiöse Pflicht an. Sie betonte die praktische Bedeutung des Autofahrens für ihren Alltag, insbesondere für Fahrten zur Arbeit und zu ihrer Familie, die außerhalb wohnt. "Ich möchte Auto fahren wie jeder andere auch", wird sie von rbb24 zitiert.
Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt hatte den Antrag der Klägerin bereits Ende Januar 2024 abgelehnt. Wie vom rbb24 berichtet, argumentierte die Verwaltung, dass die Verschleierung die Identifizierung der Fahrerin erschwere und die nonverbale Kommunikation im Straßenverkehr beeinträchtige. Auch die Möglichkeit, dass der Niqab verrutschen und die Sicht einschränken könnte, wurde als Sicherheitsrisiko angeführt.
Der Anwalt der Klägerin, Benjamin Kirschbaum, argumentierte laut rbb24, dass die Sicht mit Niqab nicht stärker eingeschränkt sei als mit einem Integralhelm, der für Motorradfahrer erlaubt ist. Er verwies auch auf eine Aussage des Bayerischen Staatsministeriums während der Coronapandemie, wonach das Tragen einer Maske die Fahreridentität in der Regel nicht verhindere. Der Anwalt schlug sogar vor, einen fälschungssicheren QR-Code auf dem Niqab anzubringen, um die Identifizierung zu ermöglichen. Dieser Vorschlag wurde vom Gericht jedoch abgelehnt, da ein Niqab gewechselt werden könne und der QR-Code somit keine sichere Identifizierung gewährleiste.
Das Verwaltungsgericht Berlin betonte, wie LTO berichtet, dass das Verhüllungsverbot der effektiven Verfolgung von Rechtsverstößen im Straßenverkehr diene und somit die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer schütze. Dieses Grundrecht wiege in diesem Fall schwerer als die Einschränkung der Religionsfreiheit der Klägerin. Das Urteil des Berliner Gerichts steht im Einklang mit Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte, wie LTO berichtet. Sowohl das OVG Rheinland-Pfalz als auch das OVG Nordrhein-Westfalen haben Klagen auf das Tragen eines Niqab am Steuer abgelehnt.
Die Klägerin will laut rbb24 Berufung gegen das Urteil einlegen und notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. Wie die taz berichtet, hatte das OVG Nordrhein-Westfalen in einem ähnlichen Fall die Argumentation der Behörden, dass ein Niqab die nonverbale Kommunikation im Straßenverkehr behindere, zurückgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass die nonverbale Kommunikation im Straßenverkehr ohnehin keine große Rolle spiele. Das Argument der eingeschränkten Rundumsicht ließ das OVG ebenfalls nicht gelten, da die Augenpartie frei bleibe und ein Blick zur Seite möglich sei.
Die Diskussion um das Tragen eines Niqab im öffentlichen Raum, wie SWR Aktuell berichtet, berührt grundlegende Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Abwägung zwischen Religionsfreiheit und Sicherheitsinteressen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf, wie von beck-online berichtet, hatte bereits 2020 entschieden, dass eine Muslimin beim Autofahren keinen Niqab tragen darf, da die Erkennbarkeit des Gesichts für die Verkehrssicherheit unerlässlich sei.
Quellen:
- https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/01/berlin-verwaltungsgericht-niqab-gesichtsschleier-urteil-autofahren-vermummung-verbot.html
- https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/vg-berin-11k6124-niqab-muslima-islam-am-steuer-ausnahme-strassenverkehr
- https://taz.de/Verhuellungsverbot-am-Lenkrad/!6021815/
- https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/ludwigshafen/urteil-verhuellungsverbot-im-strassenverkehr-autofahrerin-darf-sich-nicht-komplett-verschleiern-100.html
- https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/vg-duesseldorf-muslimin-darf-beim-autofahren-keinen-niqab-tragen
- https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/vg-berlin-niqab-am-steuer-religionsfreiheit-strassenverkehr