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Forderung an den Bundestag: Petition gegen umstrittene Fassade des Berliner Humboldt-Forums gestartet

In Berlin hat eine Petition an den Bundestag für Aufsehen gesorgt. Kulturschaffende, darunter Historiker, Architekten und Journalisten, haben sich zusammengeschlossen, um gegen die rekonstruierte Schlossfassade des Humboldt Forums zu protestieren. Die Initiatoren der Petition fordern einen anderen Umgang mit dieser umstrittenen Fassade, die ihrer Meinung nach einseitig die Geschichte Preußens glorifiziert und die komplexe Vergangenheit des Ortes ignoriert.

Die Petition richtet sich gegen die „Preußenverherrlichung“, die durch die Architektur des Humboldt Forums dargestellt wird. Laut den Initiatoren formuliert die Fassade ein gesellschaftliches Selbstbild, das sich ungebrochen auf Preußen und das Deutsche Kaiserreich bis 1918 bezieht. In Anbetracht des zunehmenden Rechtspopulismus und -radikalismus in Deutschland wird diese Sichtweise als besonders problematisch angesehen. Der Bau habe die Spuren der deutschen Gewaltgeschichte im 20. Jahrhundert "ausradiert" und durch eine idealisierte Erinnerung an eine imperialistische Monarchie ersetzt, so die Kritik.

Die Petition wurde bereits im April 2024 ins Leben gerufen, jedoch erst kürzlich zugelassen. Bis zum 7. November können Interessierte die Petition unterzeichnen. Ziel ist es, dass der Bundestagsausschuss sich in einer öffentlichen Anhörung mit den Forderungen auseinandersetzt, sofern mindestens 30.000 Unterschriften gesammelt werden.

Inhalt der Petition

Die Kernforderungen der Petition umfassen:

- Unabhängige Prüfung aller Spender der Fassaden des Berliner Schlosses in Bezug auf rechtsradikale und antisemitische Äußerungen - Übertragung der Spenden von rechtsradikalen, antisemitischen und anonymen Spendern an eine antirassistische Initiative - Temporäre Sichtbarmachung der mit diesen Spenden finanzierten Bauteile - Ausschreibung eines künstlerischen Realisierungswettbewerbs zur Brechung der preußenverklärenden Erscheinung des Gebäudes - Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Förderverein Berliner Schloss

Die Initiatoren, darunter prominente Persönlichkeiten wie Klaus Brake, Stadtforscher, und Elizabeth Broermann, Architektin, argumentieren, dass die Architektur des Humboldt Forums ein zentrales Symbol für das wiedervereinte Deutschland darstellt, jedoch in ihrer Darstellung erhebliche Teile der Öffentlichkeit ausschließt. Sie fordern eine Auseinandersetzung mit den vielfältigen historischen Narrativen, die den Ort prägen.

Reaktionen auf die Petition

Die Stiftung Humboldt Forum hat auf die Kritik reagiert und betont, dass die Vorgängerbauten an mehreren Standorten in dem Gebäude thematisiert werden. Zudem seien Kunstwerke, die im Rahmen von Wettbewerben entstanden sind, geschaffen worden, um die Geschichte des Ortes differenziert darzustellen. Die Stiftung hat vor zwei Jahren ihre Spendenrichtlinien überarbeitet und akzeptiert keine anonymen Spenden mehr. Sie prüft außerdem, ob Spender mit den Werten der Stiftung übereinstimmen.

Dennoch bleibt die Reaktion der Stiftung auf die Kritik umstritten. Viele der Kulturschaffenden und Wissenschaftler sind der Meinung, dass dies nicht ausreicht, um die historischen und gesellschaftlichen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit der Fassadengestaltung stehen, angemessen zu adressieren. Sie fordern eine umfassendere Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes und eine Sichtbarmachung verdrängter Perspektiven, die oft in der Diskussion über das Humboldt Forum ignoriert werden.

Hintergrund und Kontext

Die Rekonstruktion des Berliner Schlosses und die schlossartige Fassade des Humboldt Forums waren von Anfang an umstritten. Bereits 2002 hatte der Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen, die barocken Fassaden zu rekonstruieren. Diese Entscheidung hat sowohl national als auch international für Diskussionen gesorgt. Der Einfluss von Spendern, deren politische Ansichten teilweise als problematisch angesehen werden, hat die Wahrnehmung des Humboldt Forums zusätzlich belastet. Es ist bekannt geworden, dass einige dieser Spender Verbindungen zu rechtsradikalen Milieus hatten.

Die Forderungen der Petition reflektieren ein wachsendes Bedürfnis in der Gesellschaft, sich kritisch mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. In Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland, in denen rechtsextreme Strömungen an Bedeutung gewinnen, wird die Diskussion um die Darstellung von Geschichte und Identität in öffentlichen Gebäuden immer drängender.

Die Initiatoren der Petition hoffen, dass die öffentliche Diskussion über das Humboldt Forum und die damit verbundenen historischen Narrative zu einem Umdenken führt und die vielfältigen Perspektiven der Menschen, die in Deutschland leben, berücksichtigt werden. Ein Umdenken könnte auch dazu beitragen, dass zukünftige öffentliche Bauprojekte sensibler mit der Geschichte und der gesellschaftlichen Realität umgehen.

Bis zum Fristende für die Unterzeichnung der Petition bleibt abzuwarten, wie viele Bürgerinnen und Bürger sich an diesem Anliegen beteiligen werden und welche Schritte möglicherweise als Reaktion auf das Anliegen unternommen werden.

Quellen: dpa, SZ.de

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 in Kategorie: 
Kultur

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