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Schüler-Feedback zur Unterrichtsqualität: Berliner Lehrer meiden offizielles Onlineportal des Landesinstituts

Seit dem Jahr 2011 besteht in Berlin die Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler, Rückmeldungen zur Unterrichtsqualität ihrer Lehrer zu geben. Ein eigens dafür geschaffenes Onlineportal des Landesinstituts für Schulqualität sollte den Lehrkräften helfen, ihre Unterrichtsmethoden zu evaluieren und zu verbessern. Trotz dieser Initiative zeigen aktuelle Erhebungen, dass rund 90 Prozent der Lehrkräfte dieses Portal nicht nutzen und stattdessen andere Wege wählen, um Feedback zu erhalten.

Das Onlineportal und seine Funktion

Das Onlineportal, das vom Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (ISQ) bereitgestellt wird, ist als Selbstevaluationsinstrument für Lehrkräfte konzipiert. Es ermöglicht Lehrern, Rückmeldungen von ihren Schülern zu erhalten, um ihre Lehrmethoden in verschiedenen Bereichen wie Struktur, Anregung, Anpassung an die Bedürfnisse der Schüler und Zeitmanagement zu verbessern. Diese Aspekte sind in einem Fragebogen zusammengefasst, der den Lehrkräften helfen soll, ihre Stärken und Schwächen zu identifizieren.

Das Konzept des Schülerfeedbacks basiert auf dem QuAIT-Modell von Robert Slavin, das die Qualität des Unterrichts in vier Dimensionen beschreibt:

- Qualität: Wie klar und strukturiert Wissen vermittelt wird. - Anregung: Inwieweit Schüler zum Lernen motiviert werden. - Passung: Grad der Anpassung der Unterrichtsinhalte an die Bedürfnisse der Schüler. - Zeit: Effektive Nutzung der zur Verfügung stehenden Unterrichtszeit.

Die Idee hinter diesem Feedbackansatz ist es, eine Rückkopplung zwischen Lehrern und Schülern zu schaffen, die es beiden Seiten ermöglicht, Lernprozesse effizienter zu gestalten. Schüler, die regelmäßig Feedback geben, fühlen sich ernstgenommen und zeigen eine höhere Zufriedenheit mit ihrem Lernumfeld.

Herausforderungen und Vorbehalte

Trotz der potenziellen Vorteile des Onlineportals bleibt die Nutzung aus verschiedenen Gründen gering. Viele Lehrkräfte stehen dem Feedbackprozess skeptisch gegenüber und befürchten, dass Rückmeldungen ihrer Schüler nicht konstruktiv sind oder zu einer Beurteilung ihrer Leistung führen. Diese Vorbehalte könnten aus der Angst resultieren, dass das Feedback als Kritik oder als Bedrohung der eigenen Autorität wahrgenommen wird.

Zusätzlich könnte die Unklarheit über die Anonymität und Vertraulichkeit der Rückmeldungen eine Rolle spielen. Lehrer könnten besorgt sein, dass negative Bewertungen Konsequenzen für ihre berufliche Zukunft haben könnten. Auch die technische Umsetzung und die Integration des Onlineportals in den Schulalltag stellen eine Herausforderung dar. Viele Lehrkräfte sind mit digitalen Tools nicht ausreichend vertraut oder haben schlichtweg nicht die Zeit, sich mit dem Feedbacksystem auseinanderzusetzen.

Alternative Feedbackmethoden

In Anbetracht der niedrigen Nutzungsrate des offiziellen Portals haben viele Lehrer alternative Methoden entwickelt, um Feedback von ihren Schülern zu erhalten. Diese reichen von anonymen Umfragen über schriftliche Rückmeldungen bis hin zu offenen Diskussionen im Klassenverband. Solche Methoden können oft unmittelbarer und vertrauter wirken, was das Vertrauen zwischen Lehrern und Schülern stärken kann.

Einige Lehrer setzen auch auf die Gestaltung von Feedbackrunden, in denen Schüler ihre Meinungen und Vorschläge in einem geschützten Rahmen äußern können. Diese persönlichen Gespräche können dazu beitragen, Missverständnisse auszuräumen und die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern zu festigen.

Fazit und Ausblick

Die Tatsache, dass ein Großteil der Berliner Lehrkräfte das offizielle Onlineportal zur Evaluierung der Unterrichtsqualität meidet, wirft Fragen über die Effektivität der angebotenen Instrumente auf. Es bleibt abzuwarten, ob das Land Berlin Maßnahmen ergreifen wird, um die Nutzung des Portals zu fördern und Lehrer zu ermutigen, Feedback als wertvolles Hilfsmittel zur Weiterentwicklung zu betrachten.

Langfristig könnte eine stärkere Einbindung von Schülerfeedback in die Lehrerfortbildung und eine Verbesserung der Schulqualität durch offene Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern gefördert werden. Die Schaffung einer positiven Feedbackkultur, in der Rückmeldungen als Chance zur Verbesserung und nicht als Bedrohung wahrgenommen werden, könnte entscheidend für die Entwicklung des Bildungssystems in Berlin sein.

Quellen: - Tagesspiegel - Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (ISQ)

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 in Kategorie: 
Politik

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