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VHS Berlin: Lehrer bangen nach dramatischem Gerichtsurteil um Zukunft

VHS Berlin: Lehrer bangen nach dramatischem Gerichtsurteil um Zukunft

In Berlin stehen die Volkshochschulen (VHS) vor einer existenziellen Krise, die durch ein Urteil des Bundessozialgerichts ausgelöst wurde. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für die rund 4.000 freiberuflichen Lehrkräfte an den 12 Volkshochschulen der Stadt und könnte zu einem massiven Rückgang des Kursangebots führen. Die Unsicherheit betrifft insbesondere Sprach- und Integrationskurse, die für viele Migrantinnen und Migranten sowie für die berufliche Weiterbildung von zentraler Bedeutung sind.

Hintergrund des Urteils

Das Urteil, das im Jahr 2022 gefällt wurde, betrifft die Unterscheidung zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung. Eine Klage einer freiberuflichen Musikschullehrerin führte dazu, dass das Bundessozialgericht neue Kriterien festlegte, die die Einordnung von Lehrkräften an Volkshochschulen betreffen. Diese Änderungen zwinge die Volkshochschulen, freiberufliche Kursleiter fest anzustellen, was zahlreiche rechtliche und finanzielle Fragen aufwirft.

Folgen für die Volkshochschulen

Die Entscheidung hat zur Folge, dass fünf der zwölf Berliner Volkshochschulen vorläufig keine Honorarverträge mehr ausstellen. Dies betrifft insbesondere Schulen in den Bezirken Reinickendorf, Neukölln, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf und Steglitz-Zehlendorf. Diese Situation bedroht nicht nur das Angebot an Sprach- und Integrationskursen, sondern auch die Durchführung von Einbürgerungstests.

Reaktionen der Betroffenen

Die Gewerkschaft ver.di hat angesichts der neuen Rechtslage den Berliner Senat aufgefordert, den Weiterbetrieb der Volkshochschulen zu sichern. Gewerkschaftssekretärin Mila Neunzig betont, dass es vorrangig darum gehe, die finanzielle Situation der Lehrenden sowie das Kursangebot für die Teilnehmer zu sichern. Lehrkräfte, die als Freiberufler tätig sind, stehen vor der Angst, ohne Einkommen dazustehen, da sie im Falle eines Verlustes ihres Honorars keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

Das Drei-Säulen-Modell des Senats

Um die Situation zu entschärfen, plant der Berliner Senat ein „Drei-Säulen-Modell“ für die Mitarbeiter der Volkshochschulen. Dieses Modell sieht vor, dass Lehrkräfte in Zukunft entweder fest angestellt oder als selbstständige Honorarkräfte arbeiten können. Ein Treffen mit der Deutschen Rentenversicherung ist für Ende Juni 2024 geplant, um die Details dieses Modells zu besprechen.

Langfristige Lösungen gesucht

In der aktuellen Krisensituation ist es entscheidend, langfristige, rechtssichere Lösungen zu erarbeiten. Viele Lehrende fordern, dass ihre prekären Beschäftigungsverhältnisse endlich beendet und feste Stellen geschaffen werden. Diese Forderungen stehen im Einklang mit den Bestrebungen, die Erwachsenenbildung in Berlin als Pflichtaufgabe des Landes zu verteidigen.

Auswirkungen auf die Teilnehmenden

Die Unsicherheit über die Zukunft der Volkshochschulen hat bereits zu einem Rückgang der Teilnehmerzahlen geführt. Jährlich besuchen mehr als 100.000 Menschen die Kurse an Volkshochschulen und Musikschulen in Berlin. Ein dramatischer Rückgang des Kursangebots könnte nicht nur die berufliche Weiterbildung gefährden, sondern auch die gesellschaftliche Integration von Migrantinnen und Migranten, die auf Sprachkurse angewiesen sind.

Schlussfolgerung

Die Volkshochschulen in Berlin stehen vor einer enormen Herausforderung, die durch rechtliche Unsicherheiten und finanzielle Belastungen geprägt ist. Das Schicksal von Tausenden von Lehrkräften und Hunderttausenden von Teilnehmenden hängt von den Entscheidungen der politischen Gremien und der Bereitschaft ab, tragfähige Lösungen zu finden. Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend dafür sein, ob die Volkshochschulen weiterhin eine zentrale Rolle in der Bildungspolitik und der gesellschaftlichen Integration in Berlin spielen können.

Quellen

Der Standard, dpa, Tagesspiegel

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 in Kategorie: 
Politik

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