Von Nichtstun bis Erzwingungshaft: Was Eltern von Schulschwänzern in Berlin droht

Von Nichtstun bis Erzwingungshaft: Was Eltern von Schulschwänzern in Berlin droht

In Berlin sind die Konsequenzen für Eltern, deren Kinder häufig die Schule schwänzen, deutlich spürbar. Die Schulpflicht, die in Deutschland für alle Kinder gilt, wird durch verschiedene Maßnahmen durchgesetzt, die sowohl finanzielle als auch rechtliche Auswirkungen haben können. Dies wirft die Frage auf, inwieweit Eltern für das Verhalten ihrer Kinder verantwortlich gemacht werden können und welche Strafen ihnen drohen.

Schulpflicht und deren Bedeutung

Die gesetzliche Schulpflicht in Deutschland erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von neun bis zehn Jahren. In dieser Zeit sind Eltern verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder regelmäßig am Unterricht teilnehmen. Das Versäumnis dieser Pflicht gilt als Ordnungswidrigkeit und kann mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro geahndet werden, insbesondere in Städten wie Berlin, wo die Schulen mit Herausforderungen konfrontiert sind.

Bußgelder und deren Durchsetzung

Die Berliner Bezirke haben im Schuljahr 2016/2017 insgesamt 867 Bußgelder gegen Eltern von Schulschwänzern verhängt. Allerdings wurden nur etwa ein Drittel dieser Bußgelder tatsächlich beglichen, was auf die Schwierigkeiten hinweist, mit denen viele Familien konfrontiert sind. Oft sind es wirtschaftliche Probleme, die dazu führen, dass die Eltern nicht in der Lage sind, die verhängten Strafen zu zahlen. Vollziehungsbeamte berichten, dass sie in zahlreichen Fällen erfolglos versuchen, die Gelder einzutreiben, da viele der betroffenen Familien in prekären finanziellen Verhältnissen leben.

Besonders strenge Maßnahmen in Neukölln

Neukölln hat sich als der Bezirk mit den meisten verhängten Bußgeldern herausgestellt. Im vergangenen Jahr wurden hier 447 Geldstrafen ausgesprochen, wobei 196 davon beglichen wurden. Dies zeigt, dass die Behörde in diesem Bezirk besonders rigoros gegen Schulschwänzer vorgeht. In 181 Fällen wurden Anträge auf Erzwingungshaft beim Amtsgericht gestellt, was bedeutet, dass Eltern im schlimmsten Fall ins Gefängnis kommen können, wenn sie ihre Bußgelder nicht zahlen.

Erzwingungshaft als letztes Mittel

Die Erzwingungshaft kann bis zu sechs Wochen dauern und wird ausschließlich angeordnet, wenn ein Bußgeld ohne Angabe von Gründen nicht bezahlt wird. Diese Maßnahme sorgt für zusätzlichen Druck auf die Eltern, die sich in einer finanziellen Notlage befinden. In vielen Fällen führt die Aussicht auf Haft dazu, dass Familien versuchen, die Geldstrafe dennoch zu begleichen, um eine Inhaftierung zu vermeiden.

Unterschiedliche Vorgehensweisen der Bezirke

Die Vorgehensweise zur Bekämpfung des Schulschwänzens in Berlin ist uneinheitlich. Während einige Bezirke, wie Friedrichshain-Kreuzberg, auf Bußgelder verzichten und stattdessen sozialpädagogische Unterstützung anbieten, gehen andere, wie Neukölln, hart vor. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat die Bezirke kritisiert, die keine Bußgelder verhängen, und als unverantwortlich bezeichnet, da sie den Eindruck erwecken, dass der Staat die bestehenden Regeln nicht durchsetzt.

Die Rolle der Schulämter

Die Schulämter tun sich schwer, eine einheitliche Strategie zur Bekämpfung des Schulschwänzens zu finden. Die Höhe der Bußgelder wird oft von der Anzahl der unentschuldigten Fehltage und den spezifischen Umständen des Einzelfalls bestimmt. Die Bezirke sind sich uneinig, ob Bußgelder der richtige Weg sind, um die Schulpflicht durchzusetzen, oder ob nicht vielmehr ein sozialer Ansatz erforderlich ist, der die Ursachen des Schulschwänzens adressiert.

Faktoren für Schulschwänzen

Die Gründe, warum Schüler die Schule schwänzen, sind vielfältig. Oftmals spielen soziale und wirtschaftliche Umstände eine entscheidende Rolle. Kinder aus bildungsfernen oder sozial benachteiligten Familien sehen sich häufig mit Herausforderungen konfrontiert, die das regelmäßige Erscheinen zur Schule erschweren. Mobbing, Angst vor Leistungsdruck und fehlende Unterstützung im Elternhaus sind weitere Faktoren, die zu Schulabsentismus führen können.

Folgen des Schulschwänzens

Abgesehen von finanziellen Strafen kann Schulschwänzen auch langfristige negative Auswirkungen auf die schulische und berufliche Zukunft der Kinder haben. Häufig führt unentschuldigte Abwesenheit zu einem erhöhten Risiko des Schulabbruchs, was sich negativ auf die beruflichen Perspektiven auswirken kann. Ein Teufelskreis entsteht oft, in dem schlechte Noten und fehlender Unterrichtsstoff zu noch mehr Fehlzeiten führen.

Gesellschaftliche Verantwortung

Die Diskussion über Schulschwänzen und die damit verbundenen Konsequenzen wirft wichtige Fragen über die gesellschaftliche Verantwortung auf. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Ursachen für Schulschwänzen zu erkennen und geeignete Lösungen zu finden, die über repressive Maßnahmen hinausgehen. Eine gemeinsame Anstrengung von Schulen, Eltern und Sozialdiensten ist nötig, um Kinder zu unterstützen und ihnen zu helfen, erfolgreich zu lernen und ihre Schulpflicht zu erfüllen.

Fazit

Die Herausforderungen, die mit Schulschwänzen in Berlin verbunden sind, erfordern ein differenziertes Vorgehen, das sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die sozialen Gegebenheiten berücksichtigt. Während Bußgelder ein Instrument sind, um Schulpflichtverletzungen zu ahnden, ist es wichtig, die zugrunde liegenden Probleme zu adressieren, um langfristig positive Veränderungen herbeizuführen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Kinder die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um ihre schulischen Verpflichtungen zu erfüllen.

Quellen:

  • Der Tagesspiegel
  • dpa
  • Berliner Morgenpost
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