Millionenschwerer Fördertopf für Sanierungen wird kaum genutzt
In den kommenden zehn Jahren müssen in Berlin schätzungsweise 500.000 Wohnungen energetisch saniert werden. Das Land Berlin hat hierzu ein Förderprogramm ins Leben gerufen, das Anreize zur energetischen Modernisierung schaffen sollte. Doch entgegen der hohen Erwartungen bleibt die Nutzung des bereitgestellten Budgets von 147 Millionen Euro hinter den Erwartungen zurück. Aktuellen Berichten zufolge wird nicht einmal ein Viertel dieser Summe in Anspruch genommen.
Das Förderprogramm im Detail
Das Berliner Programm zur \"Sozialen Wohnraummodernisierung 2023\" (SWM 2023) wurde ins Leben gerufen, um die energetische Sanierung von Wohnraum zu unterstützen. Insgesamt stehen jährlich 73,4 Millionen Euro zur Verfügung, um Immobilieneigentümern finanzielle Hilfen zu gewähren. Diese können bis zu 650 Euro pro Quadratmeter für energetische Modernisierungsmaßnahmen erhalten. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land zu einer 15-jährigen Sozialbindung der Wohnungen und einer Begrenzung der Mietsteigerungen.
Die Grundidee hinter diesem Programm ist, sowohl den Mietern als auch den Eigentümern Vorteile zu bieten, doch die Realität sieht anders aus. Eigentümer berichten von finanziellen Verlusten, die durch die strengen Vorgaben zur Mietsteigerung entstehen. David Robotham von der \"Selbstbau\"-Genossenschaft erklärt, dass die Mieten nach einer Sanierung auf maximal 6 Euro pro Quadratmeter gedeckelt sind. Dies sei für viele Genossenschaften nicht rentabel, da die Investitionskosten für die Modernisierung in der Regel höher sind.
Kritik an der Umsetzung des Programms
Der Branchenverband Berlin Brandenburgische Wohnungsunternehmen (BBU) hat ebenfalls Bedenken hinsichtlich des SWM 2023 geäußert. Die Vorgaben der Mietpreisbindung werden als nicht praxisgerecht angesehen und könnten die Modernisierungsanstrengungen sogar behindern. Hinzu kommt ein hoher Verwaltungsaufwand, der die Nutzung des Programms weiter erschwert.
Die Senatsbauverwaltung hat auf die anhaltende Zurückhaltung der Wohnungseigentümer reagiert und erklärte, dass von den 147 Millionen Euro seit Jahresbeginn lediglich ein Viertel beansprucht wurde. Genossenschaften und private Bauunternehmer berichten übereinstimmend von einem massiven Anstieg der Baukosten, der es ihnen unmöglich macht, die erforderlichen Sanierungen zu finanzieren.
Niedrige Antragszahlen und gescheiterte Projekte
Bei einer Anfrage zu den Anträgen aus dem Förderprogramm gab die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag an, dass sie lediglich 484 Wohnungen mit Hilfe der Fördermittel sanieren konnte. Allerdings räumt sie ein, dass die Zuschüsse allein nicht ausreichen, um die Modernisierungsprojekte finanziell tragfähig zu gestalten. Die Kombination mit anderen Förderbausteinen sei notwendig, um eine wirtschaftlich sinnvolle Bilanz zu erreichen, was in der Praxis jedoch oft nicht möglich sei.
Private Wohnungsunternehmen scheuen sich gänzlich, das Förderprogramm zu nutzen. Bauunternehmer Marcus Becker berichtet, dass er ein Projekt zur energetischen Erneuerung von Seniorenwohnungen ohne staatliche Zuschüsse durchführen muss, da die Deckelung der Mieten nicht ausreichend sei, um die erforderlichen Investitionen zu decken.
Politische Reaktionen und geplante Änderungen
Bausenator Christian Gaebler (SPD) kündigte an, dass das Förderprogramm bis Ende 2025 weiterhin laufen wird, jedoch eine Überprüfung und mögliche Anpassungen vorgenommen werden, wenn aus der Wohnungswirtschaft entsprechende Rückmeldungen eingehen. Er betont, dass es nicht möglich sei, ein Rundum-Sorglos-Paket für Immobilieneigentümer zu schnüren. Stattdessen müsse den Eigentümern bewusst sein, dass die Sanierungen zu einer Wertsteigerung der Immobilien führen würden.
Die Herausforderung bleibt jedoch, dass für die energetische Sanierung in Berlin ein enormer Bedarf besteht. Schätzungen zufolge müssen bis 2033 rund 500.000 Wohnungen auf einen zeitgemäßen energetischen Standard gebracht werden. Dennoch wurden im Jahr 2023 lediglich Zuschüsse für 848 Wohnungen bewilligt. Für 2024 wurden bislang Anträge für 185 Wohnungen gestellt, von denen noch keiner bewilligt wurde.
Fazit und Ausblick
Die Situation rund um das Förderprogramm SWM 2023 zeigt, dass trotz eines scheinbar großzügigen Budgets und gut gemeinter Absichten die Umsetzung in der Praxis auf erhebliche Hürden stößt. Die Kombination aus gestiegenen Baukosten, strengen Mietvorschriften und einem hohen Verwaltungsaufwand führt dazu, dass viele Immobilieneigentümer von der Inanspruchnahme der Fördermittel Abstand nehmen. Die politische Verantwortungsträger stehen nun vor der schwierigen Aufgabe, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl den Bedarf an energetischen Sanierungen abdecken als auch die Interessen der Eigentümer und Mieter in Einklang bringen.
Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, ob das Berliner Förderprogramm tatsächlich reformiert wird, um eine breitere Nutzung der Mittel zu ermöglichen und den dringend benötigten Fortschritt in der energetischen Sanierung voranzutreiben.
Dieser Artikel basiert auf Informationen von rbb24 und anderen Quellen.