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Muss Berlin zahlen, weil Polizei Klimakleber von der Straße lösten?

Die rechtlichen Auseinandersetzungen um die Gebühren, die die Berliner Polizei für das Entfernen von Klimaaktivisten von Straßenblockaden erhoben hat, haben in den letzten Wochen an Intensität gewonnen. Ein aktuelles Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts hat entschieden, dass die Polizei vorerst keine Gebühren mehr für das Lösen von „Klimaklebern“ verlangen darf. Diese Entscheidung betrifft insbesondere einen konkreten Fall, in dem ein Aktivist sich im Juni 2022 an einer Straßenkreuzung festgeklebt hatte.

Das Verwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass die Polizei dem betreffenden Aktivisten 241 Euro zurückerstatten muss, da es keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung dieser Gebühr gibt. Laut dem Gericht wurde die Maßnahme nicht im Rahmen einer „Ersatzvornahme“ oder „unmittelbaren Ausführung“ durchgeführt, wie es die Gebührenordnung für die Benutzung polizeilicher Einrichtungen (PolBenGebO) fordert. Stattdessen hatte der Aktivist sich selbst von der Straße lösen können, und die Polizei hatte nicht außerhalb seines Willens gehandelt.

Hintergrund der Entscheidung

Die Ursprünge dieser rechtlichen Debatte liegen in den verstärkten Protesten der Gruppe „Letzte Generation“, die seit Frühjahr 2022 in vielen deutschen Städten Straßenblockaden durchführt. Diese Aktionen zielen darauf ab, auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam zu machen und die Öffentlichkeit zu mobilisieren. Laut der Berliner Staatsanwaltschaft laufen bereits zahlreiche Verfahren gegen Mitglieder dieser Gruppe, die wegen Nötigung und anderer Delikte verurteilt wurden.

Die Berliner Polizei hatte bis Anfang September 2023 insgesamt knapp 1300 Gebührenbescheide an Klimaaktivisten verschickt. Diese Bescheide beliefen sich jeweils auf 241 Euro, was eine erhebliche finanzielle Belastung für die betroffenen Aktivisten darstellt, die häufig durch Spenden unterstützt werden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts könnte daher weitreichende Auswirkungen auf ähnliche Fälle haben.

Reaktion der Polizei und des Gerichts

Die Polizei kündigte an, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einzulegen. Ein Sprecher der Polizei erklärte, dass die Entscheidung bedauerlich sei, aber im Rahmen des Rechtsstaats akzeptiert werden müsse. Die Gewerkschaft der Polizei äußerte ebenfalls ihre Unzufriedenheit über das Urteil, betonte jedoch die Notwendigkeit, die rechtlichen Vorgaben zu respektieren.

Die Richter des Verwaltungsgerichts führten aus, dass die Erhebung der Gebühren nicht gerechtfertigt sei, da die Maßnahmen der Polizei nicht zur Abwehr einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienten, sondern lediglich darauf abzielten, den Straßenverkehr wieder zu ermöglichen. Diese Argumentation könnte auch in zukünftigen Verfahren von Bedeutung sein, da das Gericht voraussichtlich umfangreicher über die rechtlichen Grundlagen der Gebührenordnung entscheiden wird.

Finanzielle Implikationen

Zusätzlich zur Rückerstattung der Gebühren könnte die Berliner Polizei mit erheblichen finanziellen Rückforderungen konfrontiert werden, sollte das Urteil in weiteren Fällen Bestand haben. Die „Letzte Generation“ hat bereits angedeutet, dass die potenziellen Rückzahlungen sich auf über 300.000 Euro belaufen könnten, wenn die Gebührenbescheide als unrechtmäßig betrachtet werden.

Die juristischen Auseinandersetzungen werfen auch grundlegende Fragen über die Rechte von Demonstranten und die Rolle der Polizei bei der Durchsetzung öffentlicher Ordnung auf. Kritiker der Gebührenordnung argumentieren, dass die finanzielle Belastung einer Protestform die Ausübung von Grundrechten einschränken könnte, was eine zentrale Überlegung in der laufenden Debatte ist.

Ausblick und zukünftige Entwicklungen

Die Berliner Polizei und die politischen Entscheidungsträger stehen nun vor der Herausforderung, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären, unter denen Gebühren für den Einsatz der Polizei erhoben werden können. Ein endgültiges Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für die Durchführung von Protestaktionen und die damit verbundenen Kosten haben.

In der Zwischenzeit wird erwartet, dass die „Letzte Generation“ weiterhin aktiv bleibt und möglicherweise weitere Straßenblockaden plant, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Die laufenden rechtlichen Auseinandersetzungen werden weiterhin beobachtet, da sie sowohl die juristischen als auch die politischen Landschaften Berlins und darüber hinaus beeinflussen könnten.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist ein weiterer Schritt in der vielschichtigen Debatte über Klimaschutz, Protestformen und die rechtlichen Rahmenbedingungen, die diese Themen betreffen. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in zukünftigen Verfahren entscheiden werden und welche Auswirkungen dies auf die Protestbewegung haben könnte.

Quellen: dpa, Der Standard, Verwaltungsgericht Berlin

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 in Kategorie: 
Politik

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