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„Oyoun“ verliert Räumungsprozess: Berliner Senat schreibt Neuköllner Kulturzentrum neu aus

Das Neuköllner Kulturzentrum "Oyoun" hat kürzlich einen Räumungsprozess verloren, der in erster Instanz gegen das Land Berlin entschieden wurde. Die Senatsverwaltung für Kultur hat dies bestätigt und plant, den Standort ab Januar 2024 an einen neuen Betreiber zu übergeben. Diese Entscheidung kommt inmitten von Kontroversen über die finanzielle Unterstützung des Zentrums und Vorwürfen des Antisemitismus.

Ein zentraler Streitpunkt war die Entscheidung der Senatsverwaltung, die Förderung für das Kulturzentrum zum Ende des Jahres 2023 einzustellen. Der Hintergrund für diese Entscheidung sind Vorwürfe, die im Zusammenhang mit einer Veranstaltung einer Gruppe namens "Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost" stehen. Diese Gruppe wird von einigen als Unterstützer der BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) angesehen, die von vielen als antisemitisch betrachtet wird. Kritiker des Oyoun befürchten, dass eine Unterstützung der Palästinenser durch solche Veranstaltungen als antisemitisch gewertet wird.

Die Geschäftsführerin von Oyoun, Louna Sbou, hat die Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, dass das Zentrum weiterhin ein wichtiger Ort für den interkulturellen Austausch sei. Trotz der Aufforderungen der Kulturverwaltung, bestimmte Veranstaltungen abzusagen, entschied sich das Zentrum, die geplante Veranstaltung durchzuführen, was schließlich zur Beendigung der Förderung führte. Dies führte zu einer Crowdfunding-Kampagne, die mittlerweile über 52.000 Euro für einen möglichen Rechtsstreit gesammelt hat.

Der Senat hat die Entscheidung, die Förderung zu beenden, als Teil einer umfassenderen Neuausrichtung der Kulturpolitik in Berlin dargestellt. Kultursenator Joe Chialo (CDU) betonte, dass es notwendig sei, jede Form von Antisemitismus zu bekämpfen. Er erklärte zudem, dass die Gespräche zur Neuausrichtung des Kulturstandorts Oyoun im Gange sind, was bedeutet, dass das Zentrum nicht mehr in der bisherigen Form fortgeführt werden kann.

Die Situation hat auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter des Kulturzentrums, von denen 32 direkte Beschäftigungen betroffen sind. Darüber hinaus sind einige Mitarbeiter wegen ihrer Visa-Bestimmungen in einer unsicheren Lage, da ihre Aufenthaltsgenehmigungen an ihre Anstellung im Oyoun geknüpft sind.

Die Debatte um Oyoun hat in der Berliner Kultur- und Kunstszene erhebliche Wellen geschlagen. Viele Künstler, Intellektuelle und Kulturschaffende haben sich in offenen Briefen für den Erhalt des Zentrums ausgesprochen. Sie argumentieren, dass die Schließung eines so wichtigen kulturellen Raums für die queer-migrantische Community einen gefährlichen Präzedenzfall darstellt.

Die Kulturverwaltung hat betont, dass die Entscheidung zur Neuvergabe des Standorts nicht als politische Zensur verstanden werden sollte. Dennoch zeigt die derzeitige Situation, wie komplex die Themen rund um Antisemitismus und kulturelle Förderung sind und wie sie das Leben und die Arbeit von Kulturschaffenden in Berlin beeinflussen können.

Im Rahmen dieser Entwicklungen bleibt es abzuwarten, wie sich die rechtlichen Auseinandersetzungen rund um Oyoun entwickeln und welche neuen Betreiber möglicherweise in den Räumlichkeiten einziehen werden. Die Kulturverwaltung hat angekündigt, dass die Ausschreibung für den neuen Betreiber bereits läuft und bald Ergebnisse vorliegen könnten.

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 in Kategorie: 
Kultur

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