Fast 40 Prozent der Berliner Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Diese Vielfalt spiegelt sich jedoch nicht ausreichend in der Berliner Verwaltung wider. Eine aktuelle Umfrage des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, über die der rbb am 20.11.2024 berichtete, zeigt, dass nur 21,7 Prozent der Beschäftigten in den Berliner Verwaltungen einen Migrationshintergrund haben.
Die im Frühjahr 2024 durchgeführte Erhebung basiert auf den freiwilligen und anonymen Angaben von gut 31.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen der Berliner Verwaltung, darunter Senats- und Bezirksverwaltungen, Gerichte und die Staatsanwaltschaft. Die Definition von Migrationshintergrund entspricht der des Statistischen Bundesamtes: Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.
Die Differenz zwischen dem Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und dem Anteil in der Verwaltung ist besonders bei älteren Beschäftigten groß. So haben in der Verwaltung bei den bis 29-Jährigen 34,3 Prozent einen Migrationshintergrund, während es bei den 50- bis 59-Jährigen nur 11,9 Prozent sind. Auch in den Hierarchieebenen gibt es Unterschiede. Der rbb berichtet von einer geringeren Repräsentation von Beschäftigten mit Migrationshintergrund in Leitungspositionen und im höheren Dienst. Unter den Beamten haben lediglich 15,2 Prozent einen Migrationshintergrund, im Gegensatz zu 37,4 Prozent bei den befristet Tarifbeschäftigten.
Einen positiven Trend gibt es bei Auszubildenden und Trainees: Hier liegt der Anteil mit Migrationshintergrund mit 41,4 Prozent bzw. 45,9 Prozent deutlich über dem Durchschnitt der gesamten Verwaltung. Unterschiede zeigen sich auch zwischen den einzelnen Verwaltungszweigen. Die Senatsverwaltungen für Soziales und Integration (29,6 Prozent) und Inneres (28,5 Prozent) verzeichnen die höchsten Quoten, Justizverwaltung und Senatskanzlei (jeweils 13,9 Prozent) die niedrigsten.
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) unterstrich laut rbb die Notwendigkeit, die gesellschaftliche Vielfalt Berlins auch in der Verwaltung abzubilden. Geplant sind gezielte Maßnahmen zur Personalgewinnung, die auf Grundlage des Partizipationsgesetzes von 2021 gefördert werden können. Dieses Gesetz verpflichtet Verwaltungen, die Beschäftigung von Menschen mit Migrationsgeschichte gezielt zu fördern, um auch dem Personalmangel entgegenzuwirken.
Die Integrationsbeauftragte des Senats, Katarina Niewiedzial, sieht in den kommenden Jahren eine besondere Chance, durch den altersbedingten Abgang von rund 40.000 Beschäftigten (etwa 30 Prozent des Personals) bis 2030 mehr Menschen mit Migrationsgeschichte für den öffentlichen Dienst zu gewinnen.
Die im März 2023 veröffentlichte Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZim) und der Deutschlandstiftung Integration (DIS) „Wie kommt Vielfalt ins Amt? - Diversitätsgestaltung im Bewerbungsprozess“ beleuchtet die Hürden, die Menschen mit Migrationsgeschichte beim Zugang zum öffentlichen Dienst erleben, und gibt Empfehlungen zu deren Abbau. Wie springerprofessional.de am 15.08.2023 berichtete, gilt der öffentliche Dienst zwar als attraktiver Arbeitgeber, jedoch verhindern die Angst vor Diskriminierung und mangelnde Transparenz der Auswahlverfahren Bewerbungen.
Auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) hat sich mit der Repräsentanz von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund in der Bundesverwaltung auseinandergesetzt. Eine Pressemitteilung vom 30.03.2022 zeigt, dass beide Gruppen trotz eines Anstiegs in den letzten Jahren weiterhin unterrepräsentiert sind. Das BiB betont die Bedeutung von Diversitätsmanagement und empfiehlt die Erhebung von Diversitätsdaten, um gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln. Diese Unterrepräsentation bestätigt auch eine Studie des Mediendienst Integration, die aufzeigt, dass Menschen mit Migrationsgeschichte am Arbeitsmarkt und insbesondere im öffentlichen Dienst noch immer auf Zugangshürden und Diskriminierung treffen.
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Diversity-Strategie angekündigt. Laut der Webseite der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zielt die Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung darauf ab, Vielfalt als Stärke zu fördern und Diskriminierung zu bekämpfen. Handlungsschwerpunkte sind unter anderem die diversitätsorientierte Personalgewinnung und -entwicklung sowie die regelmäßige Durchführung von Beschäftigtenbefragungen zu Vielfalt und Chancengerechtigkeit.
Quellen:
- rbb24 Abendschau, 20.11.2024
- springerprofessional.de, 15.08.2023, "Mehr Menschen mit Migrationshintergrund ins Amt"
- Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Pressemitteilung, 30.03.2022, "Vielfalt in der öffentlichen Verwaltung nimmt langsam zu"
- Mediendienst Integration, "Interkulturelle Öffnung" in Behörden
- Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, "Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung"