„From the river to the sea“: Umstrittene Pro-Palästina-Parole wird Fall für Bundesgerichtshof

Die umstrittene propalästinensische Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ hat in Deutschland rechtliche Kontroversen ausgelöst und wird nun auf höchster Ebene, dem Bundesgerichtshof (BGH), behandelt. Die Diskussion um die rechtliche Bewertung dieser Parole ist komplex und variiert je nach Gericht. Ein jüngstes Urteil des Landgerichts Berlin hat die Debatte neu entfacht, indem es die Parole erstmals als Kennzeichen einer terroristischen Organisation eingestuft hat.

Am vergangenen Freitag wurde eine 42-jährige Frau, die iranische Staatsbürgerin ist, vom Berliner Landgericht wegen der Verbreitung der Parole verurteilt. Laut Anklage hatte sie zwischen November und Dezember 2023 auf ihrem öffentlich einsehbaren Instagram-Profil in zwei Fällen die Parole gepostet, die häufig mit der islamistischen Terrororganisation Hamas in Verbindung gebracht wird. Der Satz impliziert den Wunsch nach einem freien Palästina auf dem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – einem Gebiet, das heute Israel entspricht.

Die rechtliche Bewertung dieser Parole ist nicht einheitlich. Das Berliner Urteil ist das erste, in dem ein Landgericht im Kontext dieser Parole auf eine Verwendung von Kennzeichen einer terroristischen Organisation entschieden hat, wie Staatsanwalt Tim Kaufmann erklärte. In der Vergangenheit hatten andere Gerichte unterschiedliche Urteile gefällt, was zu einer rechtlichen Unsicherheit geführt hat. Eine höchstrichterliche Klärung steht bislang aus.

Das Urteil des Landgerichts Berlin

Bei der Urteilsverkündung stellte die Vorsitzende Richterin Susann Wettley klar, dass sich die Hamas diesen Spruch zu eigen gemacht hat. Besonders nach dem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 werde die Parole von der Bevölkerung in Verbindung mit der Hamas gebracht. Die Angeklagte wurde mit einer Geldstrafe von 1.300 Euro belegt, und die Staatsanwaltschaft sieht in der Verbreitung der Parole eine bewusste Entscheidung, sich mit einer terroristischen Organisation zu identifizieren.

Die verurteilte Frau hatte versucht, sich von ihren Äußerungen zu distanzieren. Sie gab im Prozess an, zu der Zeit psychisch angeschlagen gewesen zu sein und nicht die Absicht gehabt zu haben, die Sichtweisen einer Terrororganisation zu verbreiten. Ihr Verteidiger wies darauf hin, dass es ihr darum ging, ihre persönliche Sichtweise über Religionen darzustellen, und nicht um die Billigung von gewalttätigen Handlungen.

Rechtlicher Kontext und unterschiedliche Bewertungen

Die Parole ist seit etwa einem Jahr von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser aufgrund ihrer problematischen Konnotationen verboten. Dennoch ist die rechtliche Bewertung der Parole in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich. Während einige Gerichte die Parole als strafbar einstufen, wurde sie in anderen Fällen als nicht ausreichend belastend erachtet.

Ein Beispiel hierfür ist ein früherer Prozess am Amtsgericht Tiergarten, in dem eine Frau, die die Parole während einer Demonstration geäußert hatte, lediglich wegen Billigung von Straftaten verurteilt wurde. Diese unterschiedlichen Bewertungen führen zu einer rechtlichen Unsicherheit und werfen Fragen über die Meinungsfreiheit und die Grenzen der politischen Äußerung auf.

Gesellschaftliche und politische Implikationen

Die gesellschaftlichen Implikationen dieser rechtlichen Diskussion sind erheblich. Die Verwendung der Parole steht im Mittelpunkt einer breiteren Debatte über den Antisemitismus in Deutschland und die Grenzen der politischen Meinungsäußerung. Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, äußerte, dass das Urteil des Landgerichts ein wichtiges Signal gegen Terrorpropaganda setze und zur Klarheit in der Rechtslage beitrage.

Die Auseinandersetzung um diese Parole spiegelt die Spannungen wider, die im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt und den damit verbundenen politischen Bewegungen bestehen. Die klare Positionierung des Gerichts könnte dazu führen, dass ähnliche Fälle in Zukunft strenger bewertet werden.

Ausblick auf die Revision vor dem Bundesgerichtshof

Die Verteidigung hat bereits angekündigt, Revision gegen das Urteil einzulegen. Dies bedeutet, dass der Fall bald vor den Bundesgerichtshof gebracht wird, der eine endgültige Klärung der rechtlichen Bewertung der Parole „From the river to the sea“ vornehmen muss. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH die Angelegenheit beurteilen wird und ob dies zu einer einheitlichen Rechtslage führen kann.

In der kommenden Zeit wird die Diskussion um die Parole und ihre Bedeutung im öffentlichen Raum weiterhin von großer Relevanz sein. Beobachter erwarten, dass das Urteil des BGH weitreichende Konsequenzen für die rechtliche Handhabung ähnlicher Fälle in Deutschland haben wird.

Die Debatte über politische Parolen und deren rechtliche Bewertung ist nicht nur eine juristische Frage, sondern auch ein zentrales Thema in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über Identität, Meinungsfreiheit und die Rolle von Terrororganisationen in der politischen Rhetorik.

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Politik

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