Die Baukonjunktur in Berlin und Brandenburg befindet sich in einer anhaltenden Krise. Wie der rbb am 26.11.2024 berichtete, verzeichnen viele Bauunternehmen deutlich weniger Aufträge als im Vorjahr. Eine Konjunkturumfrage der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V. bestätigt die angespannte Situation. Geschäftsführerin Katarzyna Urbanczyk-Siwek bezeichnete die Lage im rbb-Interview als so prekär wie seit der Coronapandemie nicht mehr.
Mehrere Faktoren tragen zu dieser Entwicklung bei. Neben hohen Materialpreisen machen der Branche auch steigende Kosten durch Bürokratie und überhöhte Standards zu schaffen. Im rbb hob Urbanczyk-Siwek die fehlende Dynamik bei der Förderung von effizientem Bauen sowie die unzureichende Leistungsfähigkeit von Behörden und öffentlichen Haushalten hervor. Dies führe zu einer geringen Anzahl an Ausschreibungen für öffentliche Bauvorhaben.
Ein weiterer Knackpunkt sind die unterschiedlichen Bauvorschriften in Berlin und Brandenburg. Während in Berlin eine Solar- und Dachbegrünungspflicht gilt, ist in Brandenburg ein Erschütterungsnachweis vorgeschrieben. Diese uneinheitlichen Vorgaben erschweren die Arbeit von Unternehmen, die in beiden Bundesländern tätig sind, kritisiert die Fachgemeinschaft Bau. Auch die langwierigen Genehmigungsverfahren, vor allem in Berlin, bremsen die Bautätigkeit. Laut Fachgemeinschaft Bau benötigen Baupläne in der Hauptstadt aktuell fünf bis acht Jahre bis zur Fertigstellung, im Vergleich zu nur etwa 1,5 Jahren in Hamburg, wo die Prozesse digitalisiert und Bearbeitungsfristen eingeführt wurden.
Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen ist im November 2024 laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg deutlich gesunken. In Berlin ging die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 24 Prozent zurück, in Brandenburg um 32 Prozent. Verglichen mit den Zahlen von vor zwei Jahren bedeuten die Rückgänge rund 50 Prozent in Berlin und über 65 Prozent in Brandenburg.
Der Berliner Senat hat zwar im August den Entwurf für ein "Schneller-Bauen-Gesetz" verabschiedet, das im Dezember in Kraft treten soll. Die vollständige Umsetzung wird jedoch bezweifelt. Urbanczyk-Siwek äußerte gegenüber dem rbb ihre Bedenken, da 50 Millionen Euro aus dem geplanten Budget gestrichen werden sollen.
Experten gehen davon aus, dass die Bundesregierung ihr Ziel von 400.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr deutlich verfehlen wird. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), schätzt, dass das derzeitige Niveau der Baugenehmigungen nur für etwa 200.000 neue Wohnungen pro Jahr reicht. Eine Trendwende erwartet er frühestens Ende 2025, wenn die Europäische Zentralbank die Zinsen senkt und die gelockerte Geldpolitik die Nachfrage im Bausektor ankurbelt.
Für die Bauunternehmen in Berlin und Brandenburg bleiben die Zukunftsaussichten ungewiss. Urbanczyk-Siwek rechnet auch für das kommende Jahr mit keiner Verbesserung der Lage.
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