Eisbaden entwickelt sich zu einem regelrechten Trend. Wie der rbb am 01.12.2024 berichtete, erfreut sich das winterliche Bad in eiskaltem Wasser, das früher als eher ungewöhnlich galt, immer größerer Beliebtheit. Steigende Zahlen von Menschen suchen den kurzzeitigen Kälteschock und das darauffolgende euphorische Gefühl, um sowohl körperlich als auch mental davon zu profitieren.
Diese wachsende Popularität spiegelt sich nicht nur in der Zunahme von Eisbade-Vereinen und entsprechenden Veranstaltungen wider, sondern auch im Internet. YouTube-Kanäle, die sich diesem Thema widmen, erreichen teilweise zehntausende Abonnenten, und online findet man eine Fülle von Artikeln und Ratgebern zum Thema. Eine YouGov-Umfrage vom Februar 2024 zeigte, dass bereits acht Prozent der Befragten in Deutschland Eisbaden ausprobiert haben, und weitere 17 Prozent zeigten Interesse daran.
Auch in Berlin hat sich eine aktive Eisbade-Community etabliert. Vereine wie die seit 1980 bestehenden "Berliner Seehunde" oder die "Ice Dippers" organisieren gemeinsame Eisbade-Treffen an verschiedenen Orten in der Hauptstadt. Im Seebad Friedrichshagen findet jährlich am dritten Sonntag im Januar ein solches Treffen statt, und das Strandbad Tegelsee in Reinickendorf bietet in der Nebensaison jeden Sonntag die Möglichkeit zum Eisbaden. Die "Ice Dippers" sammeln bei ihren Treffen sogar Spenden für die Kältehilfe der Berliner Stadtmission.
Die Gründe für das Eisbaden sind vielfältig. Viele erhoffen sich eine Stärkung ihres Immunsystems und eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens. Auch die mentale Komponente spielt eine wichtige Rolle: Die Überwindung der eigenen Grenzen, das Gemeinschaftserlebnis und der Aufenthalt in der Natur werden als positive Aspekte hervorgehoben. Besonders in den Wintermonaten bietet das Eisbaden eine Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und neue Energie zu schöpfen.
Die wissenschaftliche Basis zum Eisbaden ist jedoch noch begrenzt. Zwar gibt es Hinweise auf positive mentale Effekte von Kältetherapien, die behaupteten Vorteile für das Immunsystem sind jedoch bisher nicht eindeutig belegt. Dr. Simone Koch, eine Berliner Ärztin, die selbst Eisbaden praktiziert, unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung. Sie weist darauf hin, dass die bisherigen Studien oft nur wenige Teilnehmer umfassen und daher nicht repräsentativ sind. Die positiven Effekte des Eisbadens basieren somit eher auf "logischen Konzepten" und persönlichen Erfahrungen.
Die körperlichen Reaktionen auf das Eisbaden sind hingegen gut untersucht. Der Kälteschock führt zu einer starken Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin, Dopamin und Cortisol. Die Herausforderung liegt darin, in dieser Stresssituation ruhig zu bleiben und die Atmung zu kontrollieren. Zusätzlich bewirkt Kälte ein Zusammenziehen der Blutgefäße, was als Training für das Herz-Kreislauf-System betrachtet werden kann. Menschen mit Herzproblemen oder Durchblutungsstörungen sollten jedoch vor dem Eisbaden unbedingt einen Arzt konsultieren.
Für Einsteiger ist es ratsam, sich schrittweise an die Kälte zu gewöhnen und auf die Signale des Körpers zu achten. Kurze, kontrollierte Tauchbäder im Anschluss an einen Saunagang können eine gute Vorbereitung darstellen. Atemtechniken, wie sie zum Beispiel von "The Iceman" Wim Hof gelehrt werden, können helfen, in der Kälte entspannt zu bleiben. Die Euphorie nach dem Kälteschock ist für viele Eisbadende die Belohnung für die Überwindung – ein natürliches Hochgefühl, das den Winterblues vertreibt und neue Energie spendet.
Quellen:
- rbb, "Nach dem Kälteschock kommt die Euphorie", 01.12.2024
- YouGov-Umfrage, Februar 2024