Laut einer aktuellen Umfrage des BerlinTrend (infratest dimap im Auftrag von rbb24 Abendschau und rbb 88,8) herrscht in Berlin weitverbreiteter Pessimismus bezüglich der Integration von Geflüchteten. 80 Prozent der Befragten beurteilen die Integration als weniger gut oder schlecht. Diese negative Wahrnehmung findet sich quer durch alle im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien wieder. Am stärksten ausgeprägt ist die Ablehnung bei den AfD-Anhängern (97 Prozent). Aber auch bei den traditionell eher migrationsfreundlichen Grünen und Linken ist die Unzufriedenheit mit 67 bzw. 68 Prozent erheblich. Nur 13 Prozent der Berliner Bevölkerung sehen die Integrationsbemühungen positiv.
Die Umfrage beleuchtet auch die bevorzugte Art der Unterbringung. Eine deutliche Mehrheit (71 Prozent) spricht sich für dezentrale Unterbringung in kleineren, über die Stadt verteilten Einrichtungen anstelle von Großunterkünften wie dem ehemaligen Flughafen Tegel aus. Auch hier herrscht weitgehend parteiübergreifende Einigkeit, mit Ausnahme der AfD, deren Anhänger mehrheitlich Großunterkünfte befürworten.
Die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Geflüchteter ist in Berlin gesunken. 61 Prozent der Befragten meinen, Berlin sollte weniger Geflüchtete aufnehmen. 28 Prozent sind für eine Beibehaltung des aktuellen Niveaus, nur fünf Prozent für eine Erhöhung der Aufnahmezahlen. Die Meinungen der Parteianhänger differieren hier stark: Während 95 Prozent der AfD- und 86 Prozent der CDU-Anhänger eine Reduzierung fordern, sprechen sich die Anhänger von Grünen und Linken mehrheitlich für den Status quo aus.
Ein im Juli 2024 in Berlin vorgestellter OECD-Bericht bietet eine internationale Perspektive auf die Integration von Einwanderern in Deutschland. Wie „Der Standard“ berichtet, bescheinigt der Bericht Deutschland eine im internationalen Vergleich hohe Erwerbstätigenquote von 70 Prozent unter Eingewanderten im Jahr 2022, die über dem Durchschnitt der meisten EU-Länder liegt. Als Schwachstelle wird das Bildungssystem identifiziert: Die schulischen Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund liegen unter denen von Kindern deutscher Eltern. Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan betonte zwar, die Integration funktioniere besser als ihr Ruf, mahnte aber an, das Bildungssystem müsse besser auf die Einwanderungsgesellschaft vorbereitet werden. Auch die Erwerbsintegration von Frauen und Geringqualifizierten brauche mehr Unterstützung.
Der OECD-Bericht lobt Deutschlands Sprachförderung in Integrationskursen, deren Teilnahmequote deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt. „dpa“ berichtet jedoch von einem Mangel an Kursplätzen für Asylsuchende. Besonders Mütter mit kleinen Kindern haben laut OECD Schwierigkeiten, in den deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Der Bericht stellt außerdem einen hohen Anteil geringqualifizierter Zugewanderter fest, von denen nur die Hälfte erwerbstätig ist. Gleichzeitig sind in Deutschland rund 600.000 hochqualifizierte Akademiker mit Migrationshintergrund unter ihrem Qualifikationsniveau beschäftigt. OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig sieht hier angesichts des Fachkräftemangels ungenutztes Potenzial.
Eine im Mai 2023 in Schwerin präsentierte Studie stellt die Effektivität von Vorklassen für geflüchtete Kinder infrage. Wie das „MiGAZIN“ berichtet, zeigen die Ergebnisse, dass die separate Beschulung in Vorklassen zu schlechteren Lernergebnissen führt als die direkte Integration in Regelklassen. Pia Schilling vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Co-Autorin der Studie, betonte die Nachteile des Vorklassen-Modells, insbesondere im Fach Deutsch.
Eine 2019 veröffentlichte Studie aus Mannheim zeigt, dass viele Teilnehmer von Integrationskursen trotz hunderter Unterrichtseinheiten nur unzureichende Deutschkenntnisse erwerben. Mannheim24 zufolge führen Experten dies auf zu hohe Anforderungen in den Kursen und das unrealistische Sprachniveau B1 zurück. Das BAMF sieht jedoch keinen Grund, das Lernziel zu senken.
Der Bundesrechnungshof kritisiert in einem Bericht vom Dezember 2023, über den BILD berichtet, hohe Abbruchquoten, lange Wartezeiten und ungenutzte Angebote bei Integrationskursen, besonders bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen. Trotz hoher Investitionen habe weniger als die Hälfte der Ukrainer die Kurse abgeschlossen. Die Rechnungsprüfer fordern das Innenministerium und das BAMF auf, Maßnahmen zur Verbesserung der Erfolgsquote zu prüfen.
Quellen:
- rbb24
- OECD-Bericht „Stand der Integration von Eingewanderten“
- dpa
- Der Standard
- MiGAZIN
- Mannheim24
- BILD