Berlins Kulturlandschaft steht vor massiven Einschnitten. Die von der schwarz-roten Regierungskoalition geplanten Kürzungen im Kulturbereich von über 121 Millionen Euro, was etwa 11,5 Prozent des Kulturhaushaltes entspricht, sorgen für große Unruhe und Zukunftsängste bei zahlreichen Projekten und Institutionen. Wie der rbb berichtete, wurden die Sparmaßnahmen am Dienstag publik gemacht. Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) betonte dabei soziale Sicherheit und Bildung als Schwerpunkte der Haushaltsplanung. Der Kulturbereich wird deutlich stärker getroffen als andere Bereiche – der Gesamthaushalt wird lediglich um 7,5 Prozent gekürzt.
Viele in der Kulturszene wurden von der Nachricht völlig überrascht. Sabine Kroner, Geschäftsführerin des Theaterprojekts Berlin Mondiale, beschrieb gegenüber dem rbb ihren Schock über die geplante Einstellung ihres Projekts zum 1. Januar 2025. Berlin Mondiale bringt Kultur in Stadtteile mit geringer kultureller Versorgung und arbeitet mit Geflüchteten. Für einige Mitarbeiter aus dem Ausland ist das Visum direkt an das Projekt gebunden. Kroner äußerte ihre Besorgnis darüber, wie sie den Betroffenen die Situation erklären soll, nachdem noch am Vortag mit der Kulturverwaltung Pläne für das kommende Jahr geschmiedet wurden.
Auch größere Einrichtungen sind von den Kürzungen betroffen. Die Schaubühne befürchtet laut rbb-Informationen aufgrund der Sparmaßnahmen eine Insolvenz Ende 2025. Als gemeinnützige GmbH hat das Theater begrenzte Möglichkeiten, finanzielle Verluste aufzufangen. Geschäftsführer Tobias Veit erklärte, eine Insolvenzanmeldung sei unvermeidbar, wenn die durch die Kürzungen und mögliche Tarifsteigerungen entstehenden Fehlbeträge von rund 2,5 Millionen Euro nicht kompensiert werden.
Nicht nur große Institutionen, sondern auch die für Berlin international bekannte freie Künstlerszene wird von den Kürzungen hart getroffen. Die Kulturraum Berlin GmbH, die über 3.000 Künstlern vergünstigte Arbeitsräume wie Proberäume und Ateliers zur Verfügung stellt, ist ebenfalls von den Sparmaßnahmen betroffen. Die Kürzungsliste sieht ein "Sparpotential in Verbindung mit der Abschaffung der Kulturraum Berlin" vor. Geschäftsführer Dirk Förster bezweifelt die einfache Umsetzbarkeit, da langfristige Mietverträge über Millionensummen bestehen, deren Auflösung zu Schadenersatzforderungen führen könnte. Förster hinterfragt zudem den Sinn der Kürzung, da erst kürzlich in die Ausstattung von Ton- und Tanzstudios investiert wurde, deren Eröffnung im nächsten Jahr geplant ist.
Auch das Tanzbüro Berlin, ein Netzwerkprojekt der freien Tanzszene, sieht sich mit unerklärlichen Kürzungen konfrontiert. Dem rbb zufolge sollen dem Büro 350.000 Euro gestrichen werden, obwohl es aktuell nur mit 170.000 Euro gefördert wird. Leiterin Marie Henrion, die die Diskrepanz zunächst für einen Schreibfehler hielt, zeigte sich besorgt und berichtete von Schwierigkeiten, von der Kulturverwaltung Informationen zur Berechnung der Kürzungen zu erhalten.
Obwohl Wegner angekündigt hat, das Sparpaket nicht wieder aufzuschnüren, kündigte Kultursenator Joe Chialo im rbb Nachverhandlungen an. Die Senatsverwaltung für Kultur teilte dem rbb auf Anfrage mit, der Senator befinde sich weiterhin in Gesprächen, um die Härten der Kürzungen abzumildern. Die Kulturschaffenden bleiben dennoch verunsichert und warten auf klare Aussagen zum weiteren Vorgehen.
Quellen:
- rbb|24: Berlin: Haushaltskürzungen: Kulturschaffende in Berlin bangen und zweifeln (22.11.2024)