Dabei sein, wenn ein Kunstwerk live restauriert wird

Im Hamburger Bahnhof in Berlin wurde am vergangenen Wochenende ein innovatives Projekt mit dem Titel „Zeig doch mal/Show me“ ins Leben gerufen. Dieses Projekt ermöglicht es dem Publikum, live zu beobachten, wie bedeutende Kunstwerke aus der Sammlung des Museums restauriert werden. Solche Veranstaltungen bieten den Besuchern nicht nur einen faszinierenden Einblick in den Prozess der Kunstrestaurierung, sondern fördern auch das Verständnis und das Bewusstsein für die Herausforderungen, die mit der Erhaltung von Kunstwerken verbunden sind.

Ein ungewöhnlicher Raum für die Restaurierung

Das Projekt findet in den Rieckhallen des Hamburger Bahnhofs statt, einem Raum, der von vier schwarzen Gängen, die kreuzförmig angeordnet sind, geprägt ist. Dieser schwach beleuchtete Bereich schafft eine Atmosphäre der Intimität und lädt die Besucher ein, Teil eines außergewöhnlichen Kunstprojekts zu werden. Der Besucherraum ist darauf ausgelegt, eine ruhige Umgebung zu bieten, die es den Menschen ermöglicht, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen und den Restauratoren bei ihrer Arbeit zuzusehen.

Ein herausragendes Kunstwerk, das im Rahmen dieses Projekts restauriert wird, ist „Room with my soul left out /room that doesn't care“, eine Skulptur des amerikanischen Konzeptkünstlers Bruce Nauman aus dem Jahr 1984. Diese Installation wurde 2010 unter Mitwirkung des Künstlers selbst in die Rieckhallen integriert und ist mittlerweile Teil der Berliner Denkmalliste. Die Bedeutung dieser Skulptur geht über ihre Kunstform hinaus, da sie auch zur Erhaltung des historischen Wertes der Rieckhallen beiträgt, die unter Denkmalschutz stehen.

Der Zustand des Kunstwerks

Obwohl das Kunstwerk von Nauman eine tiefe künstlerische Bedeutung hat, ist es im Laufe der Jahre abgenutzt worden. Die Restauratoren haben an der matten schwarzen Oberfläche deutliche Abnutzungsspuren feststellen müssen, insbesondere in Fußhöhe, was darauf hindeutet, dass das Werk oft berührt oder daran gestoßen wurde. Dies wirft die Frage auf, wie man solche Schäden am besten behandelt. Eine einfache Übermalung wäre nicht ausreichend. Eine umfassende Restaurierung ist erforderlich, um die Integrität des Kunstwerks zu bewahren.

Der komplexe Restaurierungsprozess

Die Restaurierung wird von den erfahrenen Restauratorinnen Christiane von Pannwitz und Catherina Blohm durchgeführt. Diese Fachleute verwenden eine Vielzahl von Werkzeugen, darunter Staubsauger, Lupen, Lampen, Pinseln und Airbrush, um die Oberflächen des Kunstwerks sorgfältig zu reinigen und wiederherzustellen. Zunächst konzentrieren sie sich darauf, den aktuellen Zustand des Kunstwerks zu erhalten, indem sie die Oberflächen der Dämmstoffplatten, die in der Skulptur verwendet werden, reinigen und festigen.

Im nächsten Schritt werden sie versuchen, einen Faserbrei aus dem gleichen Material wie die ursprünglichen Platten herzustellen, um die Struktur und das Aussehen der beschädigten Bereiche wiederherzustellen. Dies erfordert viel Geschick, da die Restauratoren nicht nur die Farbe, sondern auch die Textur und den Glanz der Originaloberfläche exakt imitieren müssen.

Die Herausforderungen der Restaurierung

Eine besondere Herausforderung stellt die extrem laute Lüftung dar, die sich außerhalb des Kunstwerks befindet. Diese Geräuschquelle beeinträchtigt die Wahrnehmung des Kunstwerks und steht in starkem Kontrast zur beabsichtigten Wirkung des Raumes, in dem der Betrachter mit sich selbst konfrontiert werden soll. Daher müssen auch technische Anpassungen vorgenommen werden, um die Lautstärke der Lüftung und das Geräusch der Fußgitter, die über einem Auslass im Boden der Skulptur angebracht sind, zu reduzieren.

Der Blick hinter die Kulissen

Besucher haben die Möglichkeit, den Restauratorinnen während der verschiedenen Phasen des Restaurierungsprozesses über die Schulter zu schauen. Dies fördert nicht nur das Interesse an der Kunst und deren Erhalt, sondern ermöglicht auch einen direkten Dialog zwischen den Restauratoren und den Besuchern. Der Austausch über Techniken, Herausforderungen und die Philosophie der Restaurierung bietet wertvolle Informationen und fördert das Verständnis für die Bedeutung und Komplexität der Kunstrestaurierung.

Zukünftige Restaurierungsprojekte

Zusätzlich zu Naumans Werk wird im Januar die Restaurierung einer anderen bedeutenden Skulptur beginnen: einer in Gummi gegossenen Matratze der britischen Künstlerin Rachel Whiteread. Diese Installation wird ebenfalls live im Hamburger Bahnhof restauriert, was zeigt, dass das Projekt „Zeig doch mal“ nicht nur eine einmalige Veranstaltung, sondern Teil eines kontinuierlichen Engagements für die Erhaltung der Kunst ist.

Fazit

Das Projekt „Zeig doch mal/Show me“ im Hamburger Bahnhof bietet eine einmalige Gelegenheit, die Kunstrestaurierung aus nächster Nähe zu erleben. Es fördert nicht nur das Bewusstsein für die Herausforderungen, mit denen Restauratoren konfrontiert sind, sondern ermöglicht es auch, die Kunst in einem neuen Licht zu sehen. Indem Besucher die Gelegenheit erhalten, aktiv am Restaurierungsprozess teilzunehmen, wird das Verständnis und die Wertschätzung für Kunst und deren Erhaltung auf eine ganz besondere Art und Weise gestärkt.

Quellen: rbb, Der Standard, Deutschlandfunk Kultur.

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