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Mein letztes Stündchen kam mir sehr lang vor

Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Sterben ist ein Thema, das viele Menschen im Laufe ihres Lebens beschäftigt, insbesondere wenn sie sich in der zweiten Lebenshälfte befinden. In der Kolumne von Dieter Puhl, einem erfahrenen Sozialarbeiter, der mehr als 30 Jahre in der Wohnungslosenhilfe in Berlin tätig war, wird dieses Thema eindringlich beleuchtet. Puhl reflektiert über seine Gedanken zum Tod und wie er sich auf seine eigene Endlichkeit vorbereitet.

Vor zwei Jahren, während eines Aufenthalts auf Kreta, dachte Puhl, sein letztes Stündchen sei gekommen. Die schmerzhafte Erfahrung, die er in jener Nacht machte, war für ihn prägend. Er beschreibt, wie er von Ängsten und Traurigkeit überwältigt wurde, als er mit Schmerzen im Brustbereich und Atemnot konfrontiert wurde. Der Weg ins Krankenhaus wurde zum Symbol seiner Verletzlichkeit, und er stellte fest, dass die Frage nach dem Lebensende ihn mehr beschäftigte als je zuvor. „Ich will noch leben“, rief er verzweifelt, während er auf der Matratze lag. Diese Erfahrung öffnete bei Puhl eine Tür zu tiefgreifenden Überlegungen über das eigene Sterben und die Frage, wie man mit dem Tod umgeht.

Im Laufe der Jahre hat sich Puhls Einstellung zum Leben und Sterben verändert. Er hat das Gefühl, dass der Tod näher rückt und dass die Auseinandersetzung mit dieser Realität unvermeidlich ist. In seinen Gedanken über das Sterben fragt er sich, ob er bereits Vorbereitungen für seinen eigenen Tod getroffen hat. Diese Fragen sind nicht nur von persönlicher Natur, sondern auch gesellschaftlich relevant – wie geht man mit der eigenen Endlichkeit um, und wie wirkt sich dies auf die Angehörigen aus?

Puhl thematisiert auch die finanzielle und emotionale Belastung, die mit dem Sterben verbunden ist. Die Kosten für eine Beerdigung sind in den letzten Jahren stark gestiegen, und viele Menschen verfügen nicht über ausreichende Mittel, um diese Ausgaben zu decken. Puhl möchte niemanden mit seinen Sterbekosten belasten, sei es seine Tochter oder seine Freundin. Diese Gedanken über finanzielle Belastungen sind ein wichtiger Bestandteil der Diskussion über den Tod und das Sterben in der heutigen Gesellschaft.

Ein zentraler Punkt in Puhls Reflexion ist die Vorstellung, dass er noch viel zu tun hat, bevor er diese Welt verlässt. Er möchte weiterhin Partner, Freund, Vater und Großvater sein. Puhl hat kürzlich seine dritte Enkeltochter, Lilith Lou, willkommen geheißen und möchte so lange wie möglich in deren Leben präsent sein. Diese Verantwortung und das Bedürfnis, für seine Familie da zu sein, motivieren ihn, aktiv am Leben teilzunehmen und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen.

Ein weiteres Thema, das Puhl anspricht, ist die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Kurskorrektur in Bezug auf die Obdachlosigkeit. Er hofft, dass bis 2030 die Obdachlosigkeit überwunden werden kann und sieht dies als eine Herausforderung, an der er noch mitwirken möchte. Diese Perspektive zeigt, dass Puhl nicht nur an seinem eigenen Sterben interessiert ist, sondern auch an der Verbesserung der Lebensbedingungen für andere.

Puhl betrachtet den Tod nicht nur als Ende, sondern auch als einen Teil des Lebens, der nicht ignoriert werden sollte. Er erkennt, dass das Leben trotz seiner Endlichkeit lebenswert ist und dass es wichtig ist, die verbleibende Zeit sinnvoll zu nutzen. Der Tod ist nicht nur ein persönliches Schicksal, sondern auch ein gesellschaftliches Thema, das viele Menschen betrifft und über das offen gesprochen werden sollte.

Die Diskussion über das Sterben und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende sind in unserer Gesellschaft oft tabuisiert. Puhl hofft, dass seine Gedanken und Erfahrungen andere Menschen dazu anregen, sich ebenfalls mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Es ist wichtig, dass wir über unsere Ängste, Hoffnungen und Vorstellungen in Bezug auf den Tod sprechen und uns nicht von der Vorstellung des Sterbens abhalten lassen, das Leben in vollen Zügen zu genießen.

Insgesamt zeigt Puhls Kolumne, dass das eigene Sterben eine komplexe und vielschichtige Thematik ist, die sowohl persönliche als auch gesellschaftliche Dimensionen hat. Die Auseinandersetzung mit dem Tod kann dazu beitragen, das Leben bewusster zu leben und die verbleibende Zeit sinnvoll zu gestalten.

Quellen: - Dieter Puhl, Kolumne in der Morgenpost - Informationen über Palliative Care und die Bedeutung von Gesprächen über den Tod

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Kultur

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