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Polizeischutz für Berlins Kultursenator: Palästina-Aktivisten attackieren und beleidigen Joe Chialo

Am Donnerstagabend kam es bei der Wiedereröffnung des Zentrums für Kunst und Urbanistik (ZK/U) in der Siemensstraße in Moabit zu einem Vorfall, der die Aufmerksamkeit auf die Spannungen innerhalb der Berliner Kulturszene lenkt. Der Kultursenator von Berlin, Joe Chialo, der zur Veranstaltung erschienen war, wurde von einer Gruppe von etwa 40 bis 50 propalästinensischen Aktivisten während seiner Rede bedrängt, beleidigt und attackiert.

Die Demonstranten skandierten Parolen wie „From the River to the Sea, Palestine will be free“ und „There is only one solution, Intifada revolution“. Diese Slogans, die im Kontext des Nahostkonflikts oft als Provokation wahrgenommen werden, negieren das Existenzrecht Israels und rufen zur Gewalt auf. Vor dem Eingang des ZK/U waren zudem Plakate mit Aufschriften wie „Zensurhauptstadt“ oder „Oyoun bleibt“ zu sehen, die auf den Konflikt um das Neuköllner Kulturzentrum „Oyoun“ anspielen.

Wie die Berliner Polizei berichtete, versammelten sich die Aktivisten direkt vor dem Rednerpult, als Chialo um kurz vor 19 Uhr seine Rede beginnen wollte. Die Situation eskalierte, als die Gruppe anfing, verbotene Parolen zu rufen und Chialo zu beleidigen. Der Druck auf den Kultursenator stieg, als die Demonstranten die Treppe zum Rednerpult hinaufdrängten und ihm näher kamen. In einem gefährlichen Moment wurde sogar ein Mikrofonständer in Chialos Richtung geworfen, was eine Frau, die sich direkt vor ihm befand, traf. Es war zunächst unklar, ob sie dabei verletzt wurde.

Die Polizei intervenierte schnell, um die Situation zu deeskalieren. Die Beamten trennten die Gruppe von Chialo und eskortierten ihn unter Polizeischutz vom Veranstaltungsort. Trotz der turbulenten Ereignisse blieb Chialo unverletzt. Nach der Auseinandersetzung verließen die Aktivisten das Gelände, jedoch wurden auf der Emdener Straße noch etwa 20 von ihnen angetroffen, von denen neun Personen festgenommen und überprüft wurden.

Der Vorfall ist Teil eines größeren Kontextes, in dem sich die Berliner Kulturverwaltung und insbesondere Joe Chialo in der letzten Zeit verstärkt mit antisemitischen Vorwürfen konfrontiert sahen. Ende 2023 hatte die Senatskulturverwaltung unter Chialos Leitung die Förderung des Neuköllner Kulturzentrums „Oyoun“ gestoppt. Diese Entscheidung fiel nach Vorwürfen des Antisemitismus im Zusammenhang mit einer Veranstaltung. Die Förderung hätte bis 2025 laufen sollen, doch angesichts der Situation klagte der Träger gegen den Entzug der Gelder.

Zusätzlich hatte die Kulturverwaltung eine Räumung des Zentrums zum Jahresende beantragt. Das Landgericht hatte kürzlich beschlossen, dass ein Anspruch auf Räumung bestehe, nachdem die Verwaltung dem Träger zum 31. Dezember regulär gekündigt hatte. Ab Januar soll ein neuer Betreiber die kulturellen Aktivitäten im Haus übernehmen, was weitere Diskussionen innerhalb der Kulturszene hervorrufen könnte.

In den letzten Wochen und Monaten hatte es in Berlin zahlreiche Proteste gegeben, die sich gegen die israelische Politik im Nahen Osten richteten. Bei diesen Versammlungen kam es immer wieder zu Spannungen zwischen den Polizei- und Demonstrantengruppen. Berlins Innensenatorin Iris Spranger äußerte sich zu den Versammlungen und betonte, dass die Polizei mit 650 Einsatzkräften rund 159 jüdische und israelische Objekte schütze. Die abstrakte Bedrohungslage bleibe hoch, auch wenn es keine konkreten Gefahrenhinweise gebe.

Der Vorfall um Joe Chialo hat nicht nur die Debatten über Antisemitismus und Israelkritik neu entfacht, sondern stellt auch eine Herausforderung für die Berliner Kulturpolitik dar. Chialo ist sich der komplexen Situation bewusst und hat in der Vergangenheit betont, dass er die Kulturszene in Berlin stärken wolle. Die Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb der Gesellschaft und der Kultur bleiben jedoch ein sensibles Thema.

Nach Ende des Protestes fand die Eröffnungsfeier des ZK/U ohne weitere Störungen statt. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die Lage für Joe Chialo und die Berliner Kulturverwaltung weiterentwickeln wird, insbesondere im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen des Staatsschutzes wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs und weiterer Straftaten.

Diese Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation in Berlin, wo kulturelle und politische Konflikte oft eng miteinander verwoben sind. Die Reaktionen auf den Vorfall und die anhaltenden Diskussionen um Antisemitismus, Meinungsfreiheit und kulturelle Förderung werden in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin von Bedeutung sein.

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 in Kategorie: 
Kultur

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