Zu wenig Urteile im Nahost-Kontext?: Berlins Justizsenatorin weist Vorwurf der Polizeichefin zurück

In den letzten Wochen hat die Diskussion um die Justiz und deren Umgang mit Straftaten im Kontext der Nahost-Konflikte in Berlin an Intensität gewonnen. Die Polizeipräsidentin Barbara Slowik äußerte in einem Innenausschuss, dass die Justiz zu wenig Urteile fälle, insbesondere bezüglich der Straftaten, die im Rahmen der pro-palästinensischen Demonstrationen seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 verübt wurden. Diese Äußerungen wurden von Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) entschieden zurückgewiesen.

Badenberg reagierte auf die Vorwürfe, indem sie betonte, die Staatsanwaltschaft und ihr Ressort seien „recht verwundert“ über die Aussagen von Slowik. Sie stellte klar, dass die Justiz die ihr zur Verfügung stehenden gesetzlichen Möglichkeiten umfassend ausschöpfe. „Den Vorwurf, die Justiz mache von denen ihr an die Hand gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch, weise ich entschieden zurück“, erklärte Badenberg im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Während der Diskussion betonte Slowik die hohe Belastung der Polizei durch die anhaltenden Demonstrationen und verwies auf die erschreckende Zahl von 6000 Straftaten, die seit dem Beginn der aktuellen Eskalation des Konflikts registriert wurden. Sie plädierte dafür, dass die von der Polizei vorgebrachten Beweise bei den Gerichten eine größere Berücksichtigung finden sollten, um Haftbefehle und Anschlussgewahrsam besser zu begründen. Auch der Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) schloss sich dieser Forderung an und forderte eine intensivere Nutzung der gesetzlichen Möglichkeiten durch die Justiz.

Laut Badenberg wurde seit dem 7. Oktober lediglich ein Antrag auf Unterbindungsgewahrsam gestellt, der auch genehmigt wurde. Sie wies darauf hin, dass ohne entsprechenden Antrag auch kein gerichtlicher Beschluss ergehen könne. Dies zeigt, dass die Verantwortung nicht nur bei der Justiz, sondern auch bei der Polizei liegt, die die Anträge stellen muss. Badenberg erwähnte zudem, dass von den etwa 3300 seit Beginn der Proteste eingeleiteten Verfahren nur in 355 Fällen Anklage erhoben wurde. Von diesen Verfahren seien 20 Urteile rechtskräftig. Ein Teil der Schwierigkeiten resultiert aus der Tatsache, dass häufig die Täter nicht identifiziert werden können, was die Anklage erheblich erschwert.

Die Diskussion wird zudem durch die Tatsache kompliziert, dass die Justiz seit Beginn der Auseinandersetzungen in der Region auch mit anderen Straftaten, wie denen von Klimaaktivisten der 'Letzten Generation', befasst ist. Dies führt zu einer erhöhten Belastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Badenberg stellte klar, dass trotz dieser Herausforderungen die Justiz daran arbeite, die Verfahren zügig abzuschließen und die Unabhängigkeit der Justiz nicht infrage gestellt werden dürfe.

Gerichtskreise haben auf die Äußerungen der Polizei mit Unglauben reagiert. Es herrscht die Meinung, dass die Forderungen nach mehr Urteilen als unangemessene Einmischung in die Aufgaben der Justiz angesehen werden. Die Unabhängigkeit der Gerichte sei ein fundamentales Prinzip des Rechtsstaates, das nicht durch politische Einflüsse gefährdet werden dürfe. Die Berliner Staatsanwaltschaft betonte ebenfalls, dass in jedem einzelnen Fall geprüft werden müsse, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, bevor Anklage erhoben werden kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Justiz in Berlin in einem komplexen rechtlichen und politischen Kontext stattfinden. Während die Polizei mehr Unterstützung und schnellere Urteile fordert, verteidigt die Justiz ihre Arbeitsweise und betont die Wichtigkeit von rechtsstaatlichen Verfahren. Die jüngsten Ereignisse zeigen, wie wichtig es ist, die Balance zwischen Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit zu wahren, während die Gesellschaft mit den Herausforderungen umgeht, die sich aus den aktuellen Konflikten im Nahen Osten ergeben.

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