Viele Menschen mit Migrationshintergrund kennen das Gefühl, die eigene Herkunft verleugnen zu wollen, um sich besser zu integrieren. Wie ein rbb-Bericht vom 24.11.2024 zeigt, teilt auch Nastasja Kowalewski, eine von knapp 130.000 Menschen mit polnischen Wurzeln in Berlin und Brandenburg, diese Erfahrung. In ihrer Jugend versuchte sie, möglichst „deutsch“ zu sein, sprach akzentfreies Deutsch und unterdrückte alles Polnische an sich. Sie glaubte, nur so gesellschaftliche Anerkennung und beruflichen Erfolg zu erreichen. Ihr Weg ist exemplarisch für viele in Deutschland lebende Polinnen und Polen der zweiten Generation.
Einen anderen Weg schlug Mateusz Stach-Seiffe, bekannt als "Polenpapa", ein. Der Influencer erreicht mit seinen Videos über 2,5 Millionen Menschen. Auch er wuchs in Berlin mit polnischen Eltern auf und identifizierte sich lange Zeit stark mit Deutschland. Im Gegensatz zu Nastasja Kowalewski behielt er seinen polnischen Vornamen, pflegte die polnische Küche und besuchte regelmäßig Polen. Heute nutzt er seine Plattform, um humorvoll die Besonderheiten beider Kulturen darzustellen und so zum deutsch-polnischen Verständnis beizutragen.
Magdalena Nowicka vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung in Berlin beobachtet, dass sich Menschen mit polnischen Wurzeln in der zweiten Generation in Bezug auf Bildung, Beruf und Karriere dem deutschen Durchschnitt angleichen. Manche fühlen sich dadurch deutsch, andere entwickeln eine hybride Identität. Nastasja Kowalewski, die heute als Journalistin arbeitet, hat diesen Prozess in ihrem persönlichen Film "Mein polnischer Vater und ich. Leben zwischen zwei Welten" (verfügbar in der ARD-Mediathek) dokumentiert. Sie hat gelernt, beide Identitäten zu akzeptieren und die Vorzüge beider Kulturen zu verbinden.
Nowicka betont den Wandel im Selbstverständnis polnischer Migranten in den letzten Jahrzehnten. Sie treten selbstbewusster auf und sehen sich nicht mehr als "arme Nachbarn". Polens wirtschaftlicher und technologischer Aufstieg hat das Land Deutschland in vielen Bereichen gleichgestellt. Trotzdem ist Diskriminierung noch immer präsent, wenn auch subtiler. Polenwitze sind zwar seltener geworden, doch Vorurteile zeigen sich weiterhin in verschiedenen Bereichen.
Die eigene Identität im Kontext zweier Kulturen zu finden, ist ein komplexer, von individuellen Erlebnissen und gesellschaftlichen Entwicklungen geprägter Prozess. Die Beispiele von Nastasja Kowalewski und Mateusz Stach-Seiffe zeigen zwei unterschiedliche Herangehensweisen: Während die eine ihre Herkunft zunächst verdrängte, um sich anzupassen, integrierte der andere sie von Beginn an in sein Selbstbild. Beide Wege führen schließlich zur Akzeptanz und zum Verständnis der eigenen Wurzeln.
Quellen:
- rbb: "Das Polnische in mir drückte ich weg"
Zusätzliche Informationen aus den bereitgestellten Quellen, die in den Artikel eingeflossen sind:
- Julius reist: Dieser Blogbeitrag schildert persönliche Erfahrungen eines Deutschen mit polnischer Gastfreundschaft und unterstreicht die Bedeutung von Völkerverständigung. Diese Erfahrung untermauert die positive Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen, die im Artikel thematisiert wird.
- katholisch.de: Der Artikel über den offenen Brief des Erzbischofs Gadecki an Bischof Bätzing zeigt, dass es auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene Diskussionen über die Rolle von Tradition und Modernisierung gibt. Dies spiegelt wider, dass die Auseinandersetzung mit kulturellen Werten und Identitäten auch in anderen Bereichen relevant ist.
- Rede von Bundespräsident Horst Köhler: Die Rede betont die Bedeutung des deutsch-polnischen Verhältnisses und die Rolle von Institutionen wie dem Deutschen Polen-Institut bei der Förderung der Verständigung. Dies unterstreicht die politische Relevanz des Themas und die Bemühungen um eine positive Beziehung zwischen beiden Ländern.