Seit 65 Jahren erfreut das Sandmännchen, Deutschlands älteste noch laufende Kindersendung, die Zuschauer mit seinen allabendlichen Gute-Nacht-Geschichten. Wie rbb24 am 22.11.2024 berichtete, schalten täglich etwa eine Million Zuschauer ein. Seit dem Sendestart im Jahr 1959 wurden beeindruckende 23.000 Folgen ausgestrahlt. Der 2005 verstorbene Harald Serowski schuf über 1.000 Szenenbilder und mehr als 200 Fahrzeuge für die Sendung.
Die Entstehung des Sandmännchens geschah unter großem Zeitdruck. Gerhard Behrendt, der Schöpfer der Figur, erzählte 1991 in einem Interview mit dem Sender Freies Berlin, dass er nur 14 Tage Zeit für die Entwicklung hatte. Der Sender Freies Berlin berichtet über den Grund für die Eile: Die Konkurrenz in Westdeutschland plante ebenfalls ein Sandmännchen-Format. Der Ostdeutsche Rundfunk reagierte schnell und brachte sein eigenes Sandmännchen auf den Bildschirm, um der Konkurrenz zuvorzukommen. Die bereits im Radioprogramm etablierten Gute-Nacht-Geschichten wurden nun durch das Sandmännchen visuell ergänzt.
Nur neun Tage später startete das West-Sandmännchen beim Sender Freies Berlin. Trotz ähnlicher Struktur mit Rahmenhandlung und Gute-Nacht-Geschichte erreichte es nie die Popularität seines östlichen Pendants, das bis heute im rbb, MDR und Kika zu sehen ist. Wie rbb24 berichtet, diente Hans Christian Andersens Sandmann, der Kindern mit süßer Milch die Augen verschließt, als Inspiration für Gerhard Behrendt. Behrendt wollte jedoch eine Figur kreieren, die Kindern keine Angst macht, sondern als Spielkamerad wahrgenommen wird. Das kindliche Gesicht kombiniert mit weißem Haar und Bart sollte Weisheit und Alter symbolisieren.
Die Stop-Motion-Technik, in der das Sandmännchen bis heute produziert wird, stellte anfangs eine große Herausforderung dar. Behrendt und sein Team mussten in kürzester Zeit Tausende von Einzelbildern erstellen. Nina Paysen, die aktuelle Redakteurin des Sandmännchens beim rbb, legt Wert darauf, dass die Rahmenhandlungen im kindlichen Alltag verankert sind. Im Jubiläums-Kurzfilm "Die Reise zur Traumsandmühle" begegnet das Sandmännchen Kindern in verschiedenen Alltagssituationen. Obwohl sich die Ästhetik der Sendung über die Jahre verändert hat, sind die Themen, die Kinder bewegen, laut Paysen die gleichen geblieben. Deshalb werden auch heute noch Folgen aus den 1960er Jahren ausgestrahlt.
Die Geschichte des Sandmännchens war nicht immer ohne Kontroversen. Die Figur Pittiplatsch wurde von manchen Erwachsenen als zu frech empfunden, während sie bei Kindern sehr beliebt war. Auch die parteipolitische Instrumentalisierung einiger Episoden, wie der Besuch bei den Grenztruppen der NVA, wurde kritisch diskutiert. Laut DDR-Museum gab es etwa 30 Folgen mit eindeutiger parteiideologischer Ausrichtung. Gerhard Behrendt selbst räumte 1991 in einem Interview ein, dass die politischen Verhältnisse in der DDR zu solchen Darstellungen geführt hätten.
Trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen ist das Sandmännchen eine Konstante geblieben. Mit seinen 65 Jahren denkt es noch lange nicht an Rente und begleitet weiterhin Millionen von Zuschauern ins Land der Träume.
Quellen:
- rbb24 (22.11.2024): Sandmännchen wird 65 und denkt nicht an Rente
- t-online (17.11.2024): Sandmännchen wird 65: DDR-Kultfigur begeistert seit 1959 im TV
- Nordkurier Pasewalker Zeitung (20.11.2024): Das Männlein mit dem Traumsand denkt nicht an Rente
- Mitteldeutsche Zeitung (21.11.2024): 65. Geburtstag des Sandmännchens: Ein Mann zum Träumen