Das Tempelhofer Feld, heute ein beliebter Park, blickt auf eine hundertjährige Geschichte als Flughafen zurück. Am 8. Oktober 1923 begann der Flugbetrieb zunächst bescheiden, mit nur 150 Passagieren im ersten Winter (rbb24, 06.10.2023). Zuvor diente das Gelände im 18. und 19. Jahrhundert als preußischer Exerzierplatz und gleichzeitig als Erholungsgebiet für die Berliner. Schon um die Jahrhundertwende fanden dort Flugversuche und -schauen statt, die tausende Zuschauer anzogen, darunter 1909 auch den Flugpionier Orville Wright (rbb24, 06.10.2023).
Die Idee, das Tempelhofer Feld in einen Flughafen umzuwandeln, entstand zeitgleich mit den Planungen für neue Messehallen. Der damalige Stadtbaurat Leonhard Adler setzte sich vehement für den Bau des Zentralflughafens ein und warb mit Freiflügen für sein Projekt bei den Entscheidungsträgern (rbb24, 08.10.2023). Die zentrale Lage und die Größe des Feldes überzeugten schließlich. 1923 begannen die Bauarbeiten am nördlichen Rand. Zunächst gab es nur zwei Holzhallen für kleinere Flugzeuge und Flugverbindungen in die Schweiz, nach Österreich, München, auf den Balkan und nach Königsberg. Im ersten Jahr wurden lediglich 100 Starts und Landungen mit 150 Passagieren und 1.300 Kilogramm Fracht registriert. Der Flugbetrieb war wetterabhängig und fand nur bei guter Sicht und nicht im Winter statt (rbb24, 06.10.2023).
Bis 1927 wurde der Flughafen auf 1,5 Quadratkilometer erweitert, sechs große Flugzeughallen und eine Funkstation kamen hinzu. Die neu gegründete Lufthansa machte Tempelhof zu ihrem Heimatflughafen. Mit dem Ausbau der Abfertigungshallen und der Erweiterung des Streckennetzes nach London, Paris und Amsterdam stiegen die Passagierzahlen bis Mitte der 1930er Jahre auf über 60.000. Damit überholte Tempelhof London und Paris und wurde zum verkehrsreichsten Flughafen Europas (rbb24, 06.10.2023).
Im Jahr 1936 begannen unter der Leitung von Ernst Sagebiel die Bauarbeiten für einen Großflughafen im nationalsozialistischen Deutschland. Das alte Flughafengebäude wurde abgerissen und bis 1941 durch das damals größte zusammenhängende Flughafengebäude der Welt ersetzt. Der charakteristische 1,2 Kilometer lange Hallenbogen mit seinen Treppentürmen steht seit 1995 unter Denkmalschutz. In unmittelbarer Nähe befand sich von 1934 bis 1936 das KZ Columbia, an das heute ein Mahnmal erinnert (rbb24, 06.10.2023).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Flughafen vom US-Militär als „Tempelhof Air Base“ genutzt und spielte eine entscheidende Rolle während der Berliner Blockade als Hauptbasis der „Rosinenbomber“. 1951 wurde Tempelhof an den Berliner Senat zurückgegeben und wieder für den zivilen Luftverkehr geöffnet (rbb24, 06.10.2023).
Die Passagierzahlen stiegen nach der Wiedereröffnung kontinuierlich an, bis die Kapazitätsgrenzen in den 1960er Jahren erreicht waren. 1973 erreichte Tempelhof mit fast 4,8 Millionen Passagieren seinen Höhepunkt. Nach der Eröffnung des Flughafens Tegel wurde der Betrieb in Tempelhof 1975 eingestellt und erst nach dem Mauerfall 1990, vorwiegend für Inlandsflüge, wieder aufgenommen (rbb24, 06.10.2023).
Mit dem Beschluss zum Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Flughafen Berlin Brandenburg (BER) im Jahr 1996 war das endgültige Ende des Flughafens Tempelhof besiegelt. Ein Volksentscheid gegen die Schließung im Jahr 2008 blieb erfolglos.
Das westliche Kopfgebäude und der ehemalige Tower wurden saniert und im Sommer 2023 als „THF Tower“ eröffnet. Das lange unzugängliche historische Treppenhaus, das nach dem Krieg nur teilweise fertiggestellt und später als einsturzgefährdet galt, wurde durch eine neu eingebaute Stahltreppe begehbar gemacht (Berlin Bauboom, 31.05.2023). Der verglaste Tower bietet nun einen Panoramablick über das Tempelhofer Feld und die Stadt. Das Projekt wurde vom Schweizer Büro :mlzd geplant und vom Bundesbauministerium sowie dem Berliner Abgeordnetenhaus gefördert (Berlin Bauboom, 31.05.2023).
Quellen: rbb24 (06.10.2023, 08.10.2023), Berlin Bauboom (31.05.2023), Berliner Morgenpost (11.03.2022), Landesdenkmalamt Berlin