Weihnachtsmärkte für alle: Barrierefreie Erlebnisse in der festlichen Zeit

Die vorweihnachtliche Atmosphäre auf Weihnachtsmärkten, geprägt von glitzernden Lichtern, Glühweinduft und gebrannten Mandeln, zieht jedes Jahr unzählige Besucher an. Für Menschen mit Behinderungen kann dieser Besuch jedoch zu einer belastenden Erfahrung werden. Enge Gänge, laute Musik und die Vielzahl an Sinneseindrücken stellen für viele eine große Herausforderung dar, wie der rbb am 3. Dezember 2024 berichtete.

Im rbb-Bericht schildert die sehbehinderte Berlinerin Christel Jung ihre Schwierigkeiten auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Selbst mit ihrer Blindenführhündin Jessy fällt es ihr schwer, sich im dichten Gedränge zu orientieren. Die lauten Geräusche erschweren die Orientierung enorm, selbst das sonst hilfreiche Klirren der Glühweingläser geht im allgemeinen Lärm unter. "Bei dieser Lautstärke kann ich mich überhaupt nicht orientieren", so Jung gegenüber dem rbb.

Auch der Potsdamer Beirat für Menschen mit Behinderung kritisiert die mangelnde Barrierefreiheit auf Weihnachtsmärkten. In einem Beitrag vom 30. November 2019 auf ihrer Webseite dokumentiert der Beirat die wiederkehrenden Probleme auf dem Potsdamer Weihnachtsmarkt an der Brandenburger Straße und bemängelt die unzureichenden Maßnahmen von Stadt und Betreibern. Die engen Passagen und der erhöhte Besucherandrang während der Weihnachtsmarktzeit verschärfen die ohnehin bestehenden Barrieren in der Fußgängerzone zusätzlich. Auch der Weihnachtsmarkt am Weberplatz in Babelsberg wird vom Beirat kritisch bewertet.

Neben den physischen Barrieren stellt die sensorische Überreizung ein weiteres Problem dar. Für Menschen mit Autismus oder anderen Beeinträchtigungen können die vielen Reize schnell zur Überforderung führen. Der Blog "JolinasWelt" unterstreicht die Bedeutung von Inklusion auf Weihnachtsmärkten und betont, dass nicht nur an Rollstuhlfahrer gedacht werden sollte. Auch Menschen mit sensorischen Überempfindlichkeiten benötigen ruhigere Bereiche und eine gute Orientierungshilfe, um den Weihnachtsmarktbesuch genießen zu können. "Glitzerlichter, Weihnachtsmusik, aufgeregtes Warten auf Geschenke [...] – auf das alles freuen sich alle Kinder und Eltern im Dezember. Wirklich alle?", fragt Silke in ihrem Gastbeitrag auf "Geborgen Wachsen" vom 30. November 2015 und beschreibt die Herausforderungen der Weihnachtszeit für Familien mit autistischen Kindern.

Von den deutschlandweit etwa 2.432 Weihnachtsmärkten sind laut Sozialverband Deutschland nur 19 als barrierefrei ausgewiesen. Herumliegende Kabel, Treppen, fehlende Ruhezonen und das Fehlen von taktilen Leitsystemen sind nur einige der genannten Mängel. Der Verband fordert gesetzliche Regelungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit.

Paloma Rändel vom Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin (ABSV) sieht ein Hauptproblem in der mangelnden Aufklärung und dem fehlenden Wissen der Standbetreiber. Wie der rbb berichtet, ist sie der Ansicht, dass viele Betreiber bereit wären, Menschen mit Behinderungen zu unterstützen, wenn sie wüssten, wie. Der ABSV vermittelt Ehrenamtliche, die Menschen mit Sehbehinderungen auf Weihnachtsmärkten begleiten.

Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe bietet einen Online-Weihnachtsmarkt-Finder an, der eine Filterfunktion für barrierefreie Märkte beinhaltet. Laut rbb wird dort allerdings nur ein einziger Markt als barrierefrei angezeigt: das "Weihnachtshaus" in der Villa Donnersmarck in Zehlendorf.

Die Notwendigkeit von mehr Inklusion auf Weihnachtsmärkten wird auch in einem Instagram-Post von "clairecommon.official" aus Oktober 2020 hervorgehoben. Dort wird auf die Bedeutung von ebenerdigen Zugängen, ausreichend Platz für Rollstuhlfahrer, gut ausgeschilderten Wegen für Sehbehinderte und ruhigen Bereichen für sensorisch überempfindliche Menschen hingewiesen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass noch erheblicher Handlungsbedarf besteht, um Weihnachtsmärkte für alle Menschen zugänglich und erlebbar zu gestalten. Mehr Aufklärung, gesetzliche Vorgaben und das Engagement von Veranstaltern und Standbetreibern sind unerlässlich, um Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes Weihnachtsmarkterlebnis zu ermöglichen.

Quellen:

rbb24: Exklusiv statt inklusiv: Wenn der Weihnachtsmarktbesuch Menschen mit Behinderung überfordert (03.12.2024)

Potsdamer Beirat für Menschen mit Behinderung: Alle Jahre wieder? – wirklich und im Ernst (30.11.2019)

Geborgen Wachsen: Gastbeitrag: So ist die Weihnachtszeit mit autistischen Kindern (30.11.2015)

Instagram: clairecommon.official (Oktober 2020)

Instagram: jolinaswelt (Oktober 2020)