Die deutsche Filmindustrie steht am Rande des Abgrunds. Das auslaufende Filmförderungsgesetz (FFG) Ende 2024 und das fehlende Nachfolgegesetz versetzen die Branche in Angststarre, wie der rbb am 01.12.2024 berichtete. Die Ungewissheit über die künftige finanzielle Unterstützung lähmt die ohnehin im internationalen Wettbewerb schwächelnde Branche.
Immer mehr Filmproduktionen wandern ins Ausland ab, angelockt von niedrigeren Kosten und attraktiveren Fördermöglichkeiten. Der rbb-Bericht verdeutlicht dies am Beispiel von Tom Tykwers "Lola rennt", dessen Produktion heute wohl eher in Prag als in Berlin stattfinden würde. Auch das traditionsreiche Studio Babelsberg leidet unter der Krise.
Die Herbstumfrage der Produktionsallianz vom 28. November zeichnet ein düsteres Bild: 77 Prozent der befragten Produktionsfirmen beurteilen ihre wirtschaftliche Lage als schlecht bis sehr schlecht, und 70 Prozent erwägen, ihre Produktionen ins Ausland zu verlagern. Trotz der internationalen Bekanntheit von Standorten wie Babelsberg bleiben die Aufträge aus, so der rbb.
Selbst in Berlin, das eigentlich als attraktiver Drehort gilt, herrscht Unsicherheit. Produzent Martin Heisler erklärte gegenüber dem rbb, dass die gut ausgebildeten Fachkräfte in Berlin zwar ein Pluspunkt seien, aber ohne das neue FFG sehe die Zukunft auch für die Hauptstadt düster aus. Viele Filmschaffende verlassen bereits Deutschland oder die Branche. Auch deutsche Produktionen weichen aus, wie das Beispiel des Oscar-Gewinners "Im Westen nichts Neues" zeigt, der größtenteils in Tschechien entstand.
Das neue FFG soll die Branche retten, indem es sich an den Fördermodellen anderer europäischer Länder orientiert. Vorgesehen sind Förderungen in Höhe von 30 Prozent der Produktionskosten sowie eine Abgabepflicht für Streamingdienste und Fernsehsender, einen Teil ihrer Einnahmen in deutsche Filmproduktionen zu investieren – ähnlich der "Lex Netflix" in der Schweiz.
Die fehlende Planungssicherheit ist ein gravierendes Problem für die Branche, so Oliver Berben von Constantin Film im rbb-Interview. Besonders aufwendige Filmproduktionen, deren Planung Jahre dauert, benötigen verlässliche Rahmenbedingungen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hofft weiterhin auf eine Verabschiedung des Gesetzes noch 2024 und unterstreicht die Bedeutung der Reform für die 120.000 Arbeitsplätze in der Filmbranche.
Hanns-Georg Rodek beschreibt in einem Artikel vom 16.11.2024 die Situation der deutschen Filmbranche nach dem Bruch der Ampel-Koalition als dramatisch. Die jahrelange Arbeit an der Reform drohe nun zunichte gemacht zu werden, und die Filmproduktion stehe vor der Lähmung.
Auch die MAZ berichtete am 15.08.2023 über die Krise der Babelsberger Filmstudios und den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, der "weitreichende Entscheidungen für die Zukunft" der Filmindustrie ankündigte.
Capital thematisierte am 07.04.2021 den Zwiespalt der Filmbranche zwischen dem Boom der Streamingdienste und der Krise der Kinos.
Quellen:
- rbb24: Deutsche Filmbranche bangt um ihre Zukunft, 01.12.2024
- WELT: Reform der Filmförderung: Die Produktionen in Deutschland drohen für Monate gelähmt zu sein, 16.11.2024
- MAZ: Bundeskanzler auf Reisen: Olaf Scholz zu Besuch beim krisengeschüttelten Filmstudio Babelsberg, 15.08.2023
- Capital: Die Filmbranche in der Pandemie: Zwischen Niedergang und Boom, 07.04.2021
- WP: Brilon/Winterberg: Haben Kinos trotz Corona eine Zukunft?, 19.10.2020
- genossenschaftsverband.de: Kooperativen für die Filmproduktion, 29.12.2019