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Die Kotti-Insiderin: Neriman Kurt kennt die Nöte hinter Kreuzbergs Fassaden

Im Herzen von Kreuzberg, am Kottbusser Tor, wo sich pulsierendes Leben und soziale Herausforderungen begegnen, gibt es eine Stimme, die den Wandel der Nachbarschaft seit über 35 Jahren begleitet. Neriman Kurt, die Leiterin des Stadtteilzentrums Familiengarten, hat die zahlreichen Veränderungen in diesem Gebiet hautnah miterlebt und ist damit eine Insiderin, die sowohl die Probleme als auch die Chancen der Bewohner kennt.

Ein Blick hinter die Kulissen

Das Kottbusser Tor ist häufig in den Medien präsent, oft aufgrund von negativen Schlagzeilen, die Drogenkriminalität, Obdachlosigkeit und Vermüllung thematisieren. Kurts Beobachtungen zeigen jedoch, dass viele der Herausforderungen, mit denen die Anwohner konfrontiert sind, oft im Schatten dieser medialen Berichterstattung bleiben. "Was hier passiert, ist paradox", sagt Kurt, während sie in den ruhigen Hinterhof des Stadtteilzentrums blickt, der sich vom Lärm der Oranienstraße abhebt.

Die dichotome Realität des Kiez spiegelt sich in Kurts Erfahrungen wider. Auf der einen Seite stehen die belastenden Themen wie Drogen und Obdachlosigkeit, auf der anderen Seite wird der Kiez als ein Ort von ungebremster Freiheit vermarktet, wo Feierlichkeiten und nächtliche Aktivitäten ein touristisches Flair erzeugen. Diese Entwicklungen haben die einst familiären Kneipen und kulturellen Ateliers weitgehend verdrängt und die Oranienstraße in eine Art Touristenmeile verwandelt.

Der Familiengarten als Anlaufstelle

Der Familiengarten, gegründet 1989, bietet eine wichtige Plattform für die Menschen im Kiez. Es ist ein Ort der Begegnung, an dem sich Menschen unterschiedlicher Herkunft, Altersgruppen und sozialer Hintergründe begegnen können. Der Familiengarten hat sich der Aufgabe verschrieben, sozial-kulturelle Prozesse zu unterstützen und die Ressourcen innerhalb des Stadtteils zu vernetzen. Hier finden regelmäßig Veranstaltungen wie Kunst- und Kulturangebote, gesellschaftspolitische Diskussionen sowie Sport- und Kreativworkshops statt.

Diese Angebote sind meist kostenfrei und ermöglichen den Bewohnern einen niedrigschwelligen Zugang zu Bildung und Kultur, wodurch das Gemeinschaftsgefühl im Viertel gestärkt wird. Kurt und ihr Team legen großen Wert darauf, die Bedürfnisse der Anwohner zu erkennen und entsprechende Angebote zu schaffen.

Soziale Herausforderungen und Lösungsansätze

Die sozialen Herausforderungen in Kreuzberg sind vielschichtig. Viele Anwohner sind von Armut betroffen oder haben Schwierigkeiten, sich in einer sich schnell verändernden Umgebung zurechtzufinden. In den letzten Jahren hat sich die demografische Zusammensetzung des Kiez verändert. Die steigenden Mieten und die Gentrifizierung haben dazu geführt, dass viele alteingesessene Bewohner verdrängt wurden. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die soziale Struktur, sondern auch auf das kulturelle Leben im Viertel.

Neriman Kurt betont die Wichtigkeit, diese Herausforderungen nicht nur zu erkennen, sondern aktiv an Lösungsansätzen zu arbeiten. Hier setzt das Stadtteilzentrum Familiengarten an, das als Register-Meldestelle für rassistische und diskriminierende Vorfälle fungiert. Es bietet Menschen die Möglichkeit, ihre Erlebnisse zu teilen und Unterstützung zu erhalten. Diese Arbeit ist besonders relevant in einem Stadtteil, der durch Vielfalt geprägt ist und in dem immer wieder Diskriminierungserfahrungen zu verzeichnen sind.

Die Bedeutung des Engagements

Ein zentraler Aspekt von Kurts Arbeit ist das Engagement der Anwohner. Der Familiengarten ermutigt die Menschen, sich aktiv für ihre Belange und Interessen einzusetzen. Dies geschieht durch verschiedene Initiativen, die den Bürgern die Möglichkeit bieten, Ideen einzubringen und sich für gesellschaftspolitische Themen zu engagieren. "Es geht darum, den Menschen zu zeigen, dass sie Teil des Wandels sein können", erklärt Kurt.

Die zahlreichen Veranstaltungen und Projekte im Familiengarten zeigen, wie wichtig dieser Raum für die Gemeinschaft ist. Hier gibt es Möglichkeiten für kreative Entfaltung, sportliche Aktivitäten und kulturelle Veranstaltungen, die den Menschen helfen, sich zu vernetzen und ihre Stimmen zu erheben.

Blick in die Zukunft

Die Zukunft des Kiez und die Rolle des Familiengartens sind untrennbar miteinander verbunden. Kurts Engagement und ihre tiefen Einblicke in die Bedürfnisse der Anwohner sind entscheidend für die Gestaltung eines lebendigen und unterstützenden Umfeldes. Es ist klar, dass der Kiez weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert sein wird, doch mit einer starken Gemeinschaft und aktiven Bewohnern kann ein positives Umfeld geschaffen werden.

Der Familiengarten bleibt ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, sich austauschen und gegenseitig unterstützen können. Neriman Kurt wird auch in den kommenden Jahren eine Schlüsselrolle dabei spielen, die Nöte hinter den Fassaden des Kottbusser Tors zu verstehen und Lösungen zu finden, die dem Stadtteil und seinen Bewohnern zugutekommen.

Die Geschichten und Erfahrungen, die im Familiengarten erzählt werden, sind ein wichtiger Bestandteil der Identität Kreuzbergs. Neriman Kurt und ihr Team setzen sich dafür ein, dass auch in Zukunft die Vielfalt und die sozialen Bedürfnisse der Bewohner im Vordergrund stehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Neriman Kurt eine zentrale Figur im Wandel des Kiez ist. Ihre Kenntnisse und ihr Engagement sind von unschätzbarem Wert für die Bewohner, die in einem sich ständig verändernden Umfeld leben. Die Herausforderungen sind groß, doch mit einem starken Gemeinschaftsgeist und der Unterstützung von Einrichtungen wie dem Familiengarten gibt es Hoffnung auf eine positive Entwicklung für den Stadtteil.

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 in Kategorie: 
Kultur

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