Gewaltschutzambulanz Berlin: Stumpfe Gewalt dominiert
Die Berliner Gewaltschutzambulanz der Charité bietet Opfern von Gewalt einen geschützten Raum zur Dokumentation ihrer Verletzungen. Laut einem rbb24-Interview vom 25.11.2024 mit der Rechtsmedizinerin Larissa Amadasi sind blaue Flecken in verschiedenen Ausprägungen, verursacht durch stumpfe Gewalt, die am häufigsten dokumentierte Verletzungsart. Amadasi betont, dass die Ambulanz jede Verletzung, unabhängig von ihrer Schwere, ernst nimmt und die Betroffenen umfassend unterstützt.
Mehrere Sicherheitstüren schützen die Räumlichkeiten der Ambulanz und minimieren so die Angst der Opfer vor einer möglichen Verfolgung durch den Täter. Diese Sicherheitsmaßnahmen werden laut Amadasi im rbb-Interview als Schutz und nicht als Barriere für Hilfesuchende verstanden.
Die Gewaltschutzambulanz dokumentiert die Verletzungen rechtsmedizinisch mit Fotoaufnahmen und erstellt einen Bericht. Diese Dokumentation kann den Betroffenen beispielsweise bei einer Anzeige oder einem Gerichtsverfahren helfen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Ambulanzleistungen sind sichtbare Verletzungen. Personen ohne sichtbare Verletzungen werden beraten und an andere Hilfsorganisationen in Berlin vermittelt, so Amadasi gegenüber rbb24.
Diskretion wird in der Ambulanz großgeschrieben. Lediglich ein Ausweisdokument ist zur Identifizierung erforderlich; Krankenkassenkarte und weitere persönliche Daten werden nicht benötigt. Das System der Ambulanz ist vom allgemeinen Charité-System getrennt. Die Dokumentation kann den Patientinnen auf Wunsch nach Hause geschickt oder, nach Entbindung von der Schweigepflicht, direkt an Polizei oder Rechtsanwalt weitergeleitet werden. Sollte der Partner Zugriff auf den Briefkasten haben, kann die Dokumentation auch direkt in der Ambulanz abgeholt werden, erklärte Amadasi im rbb-Interview.
Die Frauen, die die Gewaltschutzambulanz aufsuchen, befinden sich in den unterschiedlichsten Situationen. Manche suchen nach dem ersten Gewalterlebnis Hilfe, andere kommen auf Empfehlung der Polizei oder sind in akuter Not und benötigen dringend Unterstützung bei der Suche nach einem Frauenhausplatz. Die Ambulanz vermittelt in solchen Fällen an entsprechende Einrichtungen. Der Fokus der Mitarbeiterinnen liegt auf der Verletzungsdokumentation und der medizinischen Versorgung. Bei komplexeren Problemen erfolgt eine Weitervermittlung an spezialisierte Organisationen, wie aus dem rbb-Interview hervorgeht.
In akuten Gefahrensituationen, zum Beispiel bei Würgemalen oder Todesangst, kann die Ambulanz eine Schutzeinweisung ins Krankenhaus veranlassen oder bei der Organisation eines Frauenhausplatzes helfen. Amadasi berichtete im rbb-Interview von Fällen, in denen polizeiliche Wegweisungen missachtet wurden und es trotz Kontaktverbot zu weiteren Übergriffen kam.
Auch in Brandenburg sind die Frauenhäuser laut einem rbb-Bericht vom 25.11.2024 überlastet. Die steigenden Zahlen und die angespannte Lage führen dazu, dass im Notfall oft kein freies Zimmer zur Verfügung steht. Maren Küster vom Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser beklagt die Notwendigkeit häufiger Weitervermittlungen. Auch in Berlin gibt es laut der Berliner Initiative gegen Gewalt (BIG) im Verhältnis zur Istanbul-Konvention zu wenige Frauenhausplätze.
Die Zunahme von Gewalt gegen Frauen spiegelt sich auch in der Statistik des Bundeskriminalamts wider. Die Zahl weiblicher Opfer häuslicher Gewalt stieg im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 Prozent auf 180.715. Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) räumte ein, dass das Angebot an Unterstützungseinrichtungen vielerorts unzureichend ist.
Das Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser fordert ein neues Finanzierungsmodell und eine langfristig stabile, vom Bund mitgetragene Finanzierung des Gewaltschutzes. Stalking mittels neuer Technologien stellt die Mitarbeiterinnen vor zusätzliche Herausforderungen, da Frauen durch Tracking-Möglichkeiten leichter aufgespürt werden und erneut fliehen müssen.
Quellen:
- rbb24: "Das Hauptverletzungsmuster ist stumpfe Gewalt" (Interview mit Larissa Amadasi, 25.11.2024)
- rbb24: "Gewalt gegen Frauen: Lage in Brandenburgs Frauenhäusern angespannt" (25.11.2024)
- retten! 2015; 4(3): 204-212, Vom Unfall zum Trauma – Wie Verletzungen entstehen, Sebastian Fritz, Volker Wanka